Fahrgast mit Mundschutz in der U-Bahn am Donnerstag, 09. April 2020 in Wien. Im Zuge der Coronavirus-Maßnahmen kommt es ab 14. April 2020 zur Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln.
APA/Hans Punz
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Wirtschaft

40 Prozent weniger „Öffi“-Fahrgäste 2020

Die Wiener Linien haben 2020 rund 40 Prozent weniger Fahrgäste befördert als im Jahr davor. Insgesamt entgingen den Wiener Linien im Vorjahr etwa 110 Mio. Euro an Ticketerlösen.

Insgesamt waren im Vorjahr rund 574 Mio. Passagiere mit U-Bahn, Bim oder Bus unterwegs, berichteten Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, Günter Steinbauer, am Donnerstag. Das Minus wirkte sich naturgemäß auch auf die Einnahmen aus.

Tiefststand Mitte April

Die Stadt muss via Betriebskostenzuschuss nun jedenfalls 75 Mio. Euro an nötigem Mehrbedarf abdecken. Gefehlt haben unter anderem Touristen, die die Mehrzahl der Einzelkarten kaufen, wie es hieß. Einsparungen gab es zwar auch, etwa durch den Wegfall der Nacht-U-Bahn. Sie waren aber vergleichsweise gering.

Besonders stark war der PassagierEinbruch beim ersten Lockdown zu Beginn des vergangenen Jahres. Bis zu 80 Prozent weniger Fahrgäste wurden damals registriert. Der Tiefststand wurde Mitte April erreicht. Anfang Juli kam man bereits wieder an die 80 Prozent des Normalwertes heran. Daraufhin ging es nach laufender Verschärfung der Maßnahmen wieder bergab, wobei im November mit einer Reduktion von 60 Prozent der Tiefststand im Herbst verzeichnet wurde.

Jahresbilanz der Wiener Linien

Die Corona-Pandemie hat auch die Wiener Linien ausgebremst: Im vergangenen Jahr sind um 40 Prozent weniger Menschen mit Bus, Bim und U-Bahn gefahren. Trotzdem sollen die Tickets vorerst nicht teurer werden.

Pkw-Nutzung stabil bei 27 Prozent

Die Mobilitätsmix in Wien änderte sich ebenfalls. Der Anteil der „Öffi“-Fahrer am Verkehrsaufkommen reduzierte sich deutlich, von 38 auf 27 Prozent. Allerdings, so hob Hanke hervor, wurde dies durch einen steigenden Anteil bei Fußgängern und vor allem Radfahrern kompensiert. Die Pkw-Nutzung blieb bei 27 Prozent stabil, die große Ausweichbewegung hin zum Auto scheint also ausgeblieben zu sein.

Eine Kennzahl für die es naturgemäß keine Vergleichswerte gibt, ist die Zahl der Maskensünderinnen und -sünder. 2020 wurden in den Fahrzeugen der Wiener Linien insgesamt 380 Menschen bestraft, weil sie sich nicht an die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – bzw. später einer FFP2-Maske – hielten. Für entsprechende Vergehen werden 50 Euro fällig.

„365-Euro-Jahresticket bleibt“

Ob es in absehbarer Zeit zu Ticketpreiserhöhungen kommt, ist offen. Stadtrat Hanke stellte jedenfalls klar: „Das 365-Euro-Jahresticket bleibt.“ Auch sei 2021 das Ziel, die Fahrgäste zurückzugewinnen. „Dass es da oder dort zukünftig zu Erhöhungen kommt, kann ich nicht ausschließen“, fügte er aber hinzu. Wiener-Linien-Chef Steinbauer verteidigte auch die teilweise Ausdünnung der Intervalle in den Morgenstunden am Wochenende, die wiederholt für Kritik gesorgt hatte.

Zu dieser Zeit seien sehr wenige Menschen unterwegs, gab er zu bedenken. „Nur Geisterzüge fahren zu lassen, ist nicht Sinn der Sache.“ Die Maßnahme sei betriebswirtschaftlich notwendig gewesen, wobei die Reduktion in einem auch für Fahrgäste akzeptablen Bereich gelegen sei, zeigte er sich überzeugt. Ähnliche Einschränkungen des Angebots sind derzeit nicht vorgesehen, beteuerte Steinbauer.

Kaum Verschiebungen bei Projekten

In Sachen Bauprojekte hat die Pandemie offenbar wenig Folgen gezeitigt. „Wir haben 95 Prozent der Projekte trotz Corona durchführen können“, sagte Steinbauer. Mitunter seien Vorhaben angesichts der insgesamt gesunkenen Mobilität sogar einfacher in der Umsetzung gewesen: „Verkehrsumleitungen zu Ostern waren ein Traum.“

Das mit Abstand größte Projekt wurde im Jänner auf Schiene gebracht. Damals erfolgte beim Rathaus der Spatenstich für das Linienkreuz U2/U5. Ende Mai 2021 wird dann die U2-Teilsperre in Kraft treten, die rund 26 Monate dauern dürfte. Die U5, die vollautomatisch unterwegs sein wird, soll 2026 in Betrieb gehen. Die Eröffnung der neuen U2-Strecke bis zum Matzleinsdorfer Platz ist für 2028 anvisiert.

Grundstücksdeal: Rechtliches Vorgehen denkbar

Die Wiener Linien schließen nicht aus, rechtliche Schritte zu ergreifen, falls sich der Verdacht erhärten soll, dass sie für ein Grundstück in Kagran zu viel zahlten, weil ein Investor Insiderinformationen nutzen konnte. Man warte auf den Fortgang bzw. das Ergebnis des Verfahrens, sagte Steinbauer: „Wenn es Anhaltspunkte gibt, werden wir einhaken.“

In der Causa steht der Bezirksvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), im Verdacht, interne Akten an den Chef der 2018 pleitegegangenen Immobiliengesellschaft Wienwert bzw. WW Holding, Stefan Gruze, weitergegeben zu haben, die ein Bauvorhaben der Wiener Linien betrafen. Gruze hat in weiterer Folgen über eine Projektgesellschaft Grundstücke bei der Remise in Kagran angekauft und die Flächen später – zu einem deutlich höheren Preis – an die Verkehrsbetriebe weiterveräußert.