Kampagne „Österreich impft“ – Sujet in verschiednen Sprachen
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Coronavirus

Impfkampagne erreicht Migranten schlecht

Die Flut an falschen Informationen in den Sozialen Netzwerken zum Thema CoV-Impfung ist auch für Migrantinnen und Migranten ein Problem. Die aktuelle Kampagne „Österreich impft“ erreicht laut Experten Migrantinnen und Migranten aber nur schlecht.

Auf der Facebook-Seite von „Österreich impft“ gibt es niederschwellig Videos über die CoV-Impfung. Aber „Österreich impft" sei eine weiße, klassisch österreichische Kampagne“, kritisierte Judith Kohlenberger vom Institut für Sozialpolitik an der Wirtschaftsuniversität Wien gegenüber „Wien heute“.

Die Sprecherinnen und Sprecher haben keinen Migrationshintergrund, das sei eine „verpasste Chance“, so Kohlenberger. „Wir müssen nur in ein beliebiges Wiener Spital gehen, dort hat der größte Anteil an Pflegekräften Migrationshintergrund. Das wären gute Testimonials, um zu sagen, ja wir lassen uns impfen“, so Kohlenberger.

Informationen in Erstsprachen gewünscht

„Es gibt wirklich sehr gute Information von der Regierung über die Maßnahmen, wie ich mich schützen kann. Aber über die Impfung gibt es nicht so viel. Und wenn es was gibt, dann für reiche Leute, alte Leute – aber ich finde mich nicht“, sagte Mariam Elhigazi. Das sei ein Problem, sagte die Psychologin und Gesundheitslotsin der Volkshilfe, da es auch in ihrer Community Bedenken gegenüber der CoV-Impfung gebe.

Migranten spricht Impfkamagne nicht an

Die Communitys werden nicht ausreichend informiert. Zwar gibt es Infos über die Corona-Impfungen in verschiedenen Sprachen, es würden aber in den Kampagnen keine Vertreter der Ethnien vorkommen, kritisiert etwa die Volkshilfe.

„Leider gibt es viele Videos auf Social Media, die Menschen beeinflusst haben betreffend Corona und die Impfung“, so Elhigazi. Gemeinsam mit anderen freiwilligen Gesundheitslotsinnen und -lotsen informiert Elhigazi, die 1993 aus dem Sudan nach Österreich gekommen ist, Menschen mit Migrationshintergrund zu Gesundheitsthemen in mehreren Sprachen.

Impflotsin Mariam Elhigazi
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Gesundheitslotsin Mariam Elhigazi: Migrantinnen und Migranten „finden sich nicht“

Sozialwissenschaftlerin Kohlenberger hat in Befragungen mit Migrantinnen und Migranten herausgefunden, dass sich die Communitys schlecht informiert fühlen. „Man hätte gerne Informationen in den Erstsprachen, aber nicht irgendwo auf einer Website zum Download, sondern niederschwellig dort, wo sich die Menschen im Internet bewegen“, so Kohlenberger im Gespräch mit „Wien heute“.

Rotes Kreuz: „Bereits in 14 Sprachen übersetzt“

Die Impfkampagne vom Roten Kreuz umfasst Sujets in verschiedenen Sprachen. Sie reichen von Arabisch über Türkisch bis Ungarisch. „Die letzten Informationen der Initiative ‚Österreich impft‘ sind bereits in 14 Sprachen übersetzt. Die sind im Lauf der vergangenen Wochen in unterschiedlichen fremdsprachigen Medien geschaltet worden“, sagte Gerald Czech vom Roten Kreuz.

Übersetzung alleine sei aber nicht ausreichend, denn Migranten würden sich eher online oder in klassischen Medien informieren, sagte Kohlenberger. „Welchen Quellen kann ich vertrauen, wie seriös sind sie? Da haben wir ein großes Bewusstsein auch innerhalb von migrantischen Communitys festgestellt.“

Volkshilfe bietet Schulung

Die Volkshilfe bietet an, Gesundheitslotsinnen und -lotsen wie Mariam Elighazi im Rahmen ihrer Initiative „Migrantinnen für Gesundheit“ zum Thema „Impfen“ zu schulen. Dazu brauche es aber einen Auftrag, sagte Volkshilfe Wien-Geschäftsführerin Tanja Wehsely. Die Initiative „Migrantinnen für Gesundheit“ wird von der Volkshilfe koordiniert. Das Geld dazu kommt vom Bundeskanzleramts (BKA), einem Fonds der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und der Stadt Wien.