Eine Frau sitzt auf einem Bett in einem Frauenhaus
APA/dpa/Maja Hitij
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Coronavirus

Weniger Schutzsuchende in Frauenhäusern

In den Frauenhäusern hat es im Vorjahr einen Rückgang an Schutzsuchenden gegeben. Das dürfte an der Angst vor dem Coronavirus liegen, denn gleichzeitig gab es mehr telefonische Beratungen.

604 Frauen und 575 Kinder sind im vergangenen Jahr in einem der Wiener Frauenhäuser untergekommen. Ein Rückgang um jeweils knapp 40. Das würde aber nichts darüber aussagen, ob auch tatsächlich die häusliche Gewalt abgenommen hat, betont Andrea Brem, Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser. Sie vermutet, dass durch die Lockdowns und die stetige Aufforderung, soziale Kontakte einzuschränken, sich viele Frauen nicht getraut hätten, ein Frauenhaus aufzusuchen.

Schutzmaßnahmen gegen CoV

Dafür würde kein Grund bestehen, sagt Brem, die Betroffene auffordert, sich zu melden. Denn in den vier Frauenhäusern werden zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu verhindern – von Maskenpflicht über Abstandhalten und Beratungsgespräche hinter Plexiglasscheiben. Bis jetzt habe es keinen Cluster gegeben, betonte Brem.

Besonders im ersten Halbjahr gab es einen deutlichen Rückgang, Brem führte das auf den harten Lockdown zurück, aber auch im Sommer lag man noch unter den Zahlen von 2019. Zunahmen verbuchten die Wiener Frauenhäuser aber bei der telefonischen und elektronischen Beratung. Das sei aber wohl ebenfalls auf die Coronavirus-Beschränkungen zurückzuführen.

Ein Drittel mehr Anrufe bei Frauenhelpline

Einen Anstieg gab es auch bei den Autonomen Frauenhäuser Österreich (AÖF). Die Anrufe bei der Frauenhelpline gegen Gewalt sind österreichweit von Beginn der Coronavirus-Pandemie bis Ende Dezember 2020 um ein Drittel angestiegen – über das gesamte Jahr gab es 9.991 konkrete Anrufe (plus 23 Prozent), berichtete AÖF-Geschäftsführerin Maria Rösslhumer. Zu Beginn der Coronavirus-Pandemie im März und April habe es einen Anstieg um 71 Prozent geben.

Laut Rösslhumer haben vor allem die psychische und ökonomische Gewalt zugenommen. Frauen würden unter großen finanziellen Problemen leiden und können sich daher etwa Miete oder Anwaltskosten nicht mehr leisten. „Die Frauen werden an den Herd zurückgedrängt“, erklärte Rösslhumer. Die Entscheidung, sich von einem gewalttätigen Partner zu trennen, dauert länger, meint sie, da es eben auch finanzielle Bedenken gibt.

Gespräche dauern oft über eine Stunde

Die Gespräche bei der Frauenhelpline seien seit Beginn der Pandemie noch länger geworden – „die Gespräche dauern oft mehr als eine Stunde oder noch länger“. Beinahe jede zweite Anruferin würde zudem von Gewalt in der Beziehung berichten. Der Gang in ein Frauenhaus sei aber durch die permanente Anwesenheit des Partners erschwert worden.

Auch beim 24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien verzeichnete man einen Anstieg im Vorjahr. Auffällig seien vermehrt Anrufe von Nachbarinnen und Nachbarn, die für die betroffenen Personen anrufen. Der Frauennotruf bietet seit kurzem auch die Möglichkeit der Videoberatung an, da auch bei der Stadt ein deutlicher Zuwachs bei der Beratung über E-Mail beobachtet wurde.