Landesgericht Wien
ORF.at/Zita Klimek
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Chronik

Missbrauch: Haftstrafe für Fußballtrainer

Ein ehemaliger Fußballtrainer ist heute in Wien wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Der 67-Jährige war grundsätzlich geständig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Angeklagte war hauptberuflich als Nachwuchstrainer bei Vereinen in Niederösterreich und Wien sowie als Privattrainer beschäftigt. Er soll, teilweise über Jahre hinweg, Burschen missbraucht haben. Der 67-Jährige war grundsätzlich geständig, betonte in seiner Beschuldigteneinvernahme jedoch, er habe „keine Gewalt ausgeübt“.

Er habe „schon mit 14 Jahren gemerkt, dass ich pädophil bin“, gab er zu Protokoll. Er habe seine Veranlagung akzeptiert, „ich wollte aber nie einem Buben schaden. Und ich war der Überzeugung, dass ich keinem Buben geschadet habe.“ Nach Abschluss des Beweisverfahrens bekräftigte der Mann in seinem Schlusswort: „Ich fühl mich absolut nicht als Verbrecher.“

Betroffene leiden zum Teil bis heute an Folgen

Die von den Übergriffen Betroffenen leiden teilweise bis zum heutigen Tag in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung bzw. einer kombinierten Belastungsstörung an den Folgen des Erlebten. Bei drei von ihnen – die Betroffenen sind inzwischen Männer im Alter von 28, 36 und 44 Jahren – sind die psychischen Folgen derart gravierend, dass diese laut fachärztlichen Gutachten jeweils einer schweren Körperverletzung gleichzusetzen sind. „Sie sind nach wie vor in ihrer Lebensführung beeinträchtigt und können nicht mit der Sache abschließen“, sagte dazu die Staatsanwältin.

Vom erstinstanzlichen Urteil umfasst waren fünf Betroffene und Tathandlungen zwischen 1989 und 2005. 1989 hatte der Trainer bei einem niederösterreichischen Verein einen Zwölfjährigen kennengelernt. Der Bub spielte in der U13-Mannschaft, der Trainer bevorzugte ihn, indem er ihn im Bus vorn sitzen ließ und ihm mehr Spielzeit einräumte. Eines Tages lud er den Buben zu sich nach Hause ein, wo es zu ersten Übergriffen kam, die sich in weiterer Folge monatlich wiederholten, bis der Betroffene 1991 den Verein wechselte.

Missbrauch auch auf Trainingslager

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Trainer über einen Bekannten einen Job bei einem Wiener Verein gefunden, wo er als Privattrainer für einen talentierten Nachwuchskicker engagiert wurde. Diesen missbrauchte er laut Anklage regelmäßig bei Treffen in seiner Wohnung, in der Umkleidekabine und auf einem Trainingslager, wobei sich die Missbrauchshandlungen intensivierten, als der Jugendliche eine Zeit lang bei ihm wohnte.

Dessen Vater glaubte, das wäre der sportlichen Karriere seines Sohnes förderlich. Der Trainer suggerierte dem ihm anvertrauten Burschen, sexuelle Handlungen wären „unter Freunden keine Tabus“, wie die Staatsanwältin diesbezüglich anmerkte. 1995 wechselte der Fußballer zu einem größeren Verein.

Zwei weitere Opfer fand der Angeklagte bei einem weiteren niederösterreichischen Club, wo er einen Buben zunächst zum Studium von Trainingsvideos nach Hause einlud und sich im weiteren Verlauf regelmäßig an diesem verging. 2003 begann er dann dessen jüngeren Bruder zu missbrauchen, was bis April 2004 andauerte. Das fünfte von der Anklage umfasste unmündige Opfer hatte der Trainer vom Juni 2004 bis Anfang Juli 2005, missbraucht, wobei der Betroffene zu Beginn zwölf Jahre alt war.

Bereits 2011 verurteilt

Vor der Erörterung der zeugenschaftlichen Angaben der von den Übergriffen Betroffenen wurde die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Der Angeklagte war 2008 nach Westösterreich gezogen, um sich um seine pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Auch dort lebte er seine pädophilen Neigungen aus. 2011 wurde er vom Landesgericht Feldkirch wegen sexuellen Missbrauchs eines Unmündigen zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt.

Dass er sich zuvor seit Jahren an Nachwuchsspielern vergangen hatte, wurde erst viel später bekannt. Für einen 38 Jahre alten Mann wurde der Leidensdruck zu groß, er brach sein Schweigen, das er bis dahin über das Geschehen gebreitet hatte, und zeigte seinen ehemaligen Trainer an. Ein engagierter Beamter der Kriminalpolizei forschte dann weitere Opfer aus.

Angeklagter mit Strafhöhe nicht zufrieden

Mit dem Urteil war der 67-Jährige nicht einverstanden. Die Strafe war ihm zu hoch, er legte dagegen Berufung ein. „In Zukunft passiert nichts mehr. Ich bin zu alt. Es kommt nie wieder vor“, machte er geltend. Überdies habe er sich um seinen Freund zu kümmern, dem es gesundheitlich schlecht gehe. Der 67-Jährige war von 1979 bis 1996 verheiratet und hat mit seiner geschiedenen Frau zwei Söhne groß gezogen.