Klaus Markstaller im Interview
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CORONAVIRUS

Lockerungen wie „Autofahren auf Glatteis“

Die verkündeten Lockerungen sind vorsichtig ausgefallen, weil sie mit „Autofahren auf Glatteis“ verglichen werden können, sagt Klaus Markstaller, der Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin an der Meduni Wien.

„Wenn sie schneller fahren wollen, müssen sie sich sehr vorsichtig rantasten, denn es kann plötzlich zu einem Kontrollverlust führen. Dieser Kontrollverlust wäre in unserem Setting der exponentielle Anstieg von Infektionen und in letzter Konsequenz von intensivpflichtigen Patienten. Daher diese große Vorsicht“, so Markstaller im „Wien heute“-Interview.

Intensivmediziner Klaus Markstaller im Interview

Im Interview spricht Klaus Markstaller, der Leiter der Intensivmedizin am AKH, über die derzeitige Lage auf den Intensivstationen.

Gastronomie öffnet ab Ostern

Die Regierung verständigte sich mit den Landeshauptleuten trotz steigender Coronavirus-Zahlen am Montag auf weitere Öffnungsschritte. Demnach wird die Gastronomie outdoor mit Ostern öffnen dürfen. Zudem soll Jugend- und Schulsport ab Mitte des Monats wieder erlaubt sein. Voraussetzung dafür ist dem Vernehmen nach, dass es zu keinem exponentiellen Wachstum kommt.

„Wenn es milder wird, treffen sich die Menschen zum Teil unreguliert. Von da her war es unsere Auffassung, dass es besser ist, dass es Möglichkeiten gibt in der Gastronomie im Außenbereich, im Gastgarten, in den Schanigärten, sich unter gewissen Regeln zu treffen“, so Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ).

„Abstand, Masken und Testen“

Für Markstaller sind die Lockerungen, auch wenn sie gefährlich sind, dennoch nachvollziehbar. „Es wird entscheidend sein, wie man diese vorsichtigen Lockerungen auch lebt. Wenn man die Abstände, die Masken und das Testen sehr ernst nimmt, und das wäre unser großer Appell, dann kann man etwas mutiger sein und diesen Weg der schrittweisen langsamen Lockerungen weitergehen.“

Entscheidung über weitere Öffnungen

Die Regierung entschied am Montag über weitere Öffnungen, etwa in der Gastronomie oder in der Hotellerie.

Unter-65-Jährige auf Intensivstationen

Auf den Intensivstationen können laut Markstaller zehn Prozent der Kapazitäten problemlos für Covid-19-Erkrankte zur Verfügung gestellt werden, ohne dass ein Nachteil für andere entsteht. „Das ist derzeit der Fall. Bliebe es so, würden wir das sehr gut abdecken können.“

Bei 3o Prozent müssten wieder Operationen verschoben werden. „Auch da würde niemand zu Schaden kommen, aber es wäre nicht mehr optimal“, so Markstaller. Bei 30 bis 50 Prozent kommen die Intensivstationen in einen schwierigen Bereich und „ab 50 Prozent wäre wieder dieses Wort Triage im Raum.“

Dass die ältere Generation gerade geimpft wird, ist laut Markstaller auf den Intensivstationen kaum zu merken. „Die Hochbetagten werden geimpft, das ist sehr gut, das verringert die Sterblichkeit, aber auf den Intensivstationen haben wir hauptsächlich Personen, die unter 65 Jahre alt sind, zum Teil auch Junge. Wir beobachten kritische Verläufe.“ Das könnte an den Mutationen liegen. „Die sind auf alle Fälle ansteckender. Das ist das wesentlichere Problem.“