Spritzen für die Corona-Impfung vorbereitet
ORF/Pöchhacker
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Wien impft

Fragwürdige Reihungen im CoV-Impfsystem

Nationaler Impfplan, Registrierungen, Verständigungen, Impfgruppen: Eigentlich sollte die Frage, wer wann gegen Covid-19 geimpft wird, geklärt sein. Doch in der Praxis zeigt sich, dass kerngesunde Menschen sogar vor Hochrisikopatienten geimpft werden.

Zuerst Menschen über 80, Pflege- und Gesundheitspersonal, dann Personen mit Vorerkrankungen, also die vielzitierten Hochrisikopatienten. So sollte es eigentlich sein. Doch in Wien sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen völlig gesunde Angehörige vor Hochrisikopatienten geimpft wurden. Damit noch nicht genug hatte die Hochrisikopatienten selbst noch gar keinen Impftermin.

Die 36-jährige Wienerin Vera Hinterdorfer zum Beispiel sitzt aufgrund eines seltenen Gendefekts im Rollstuhl. Als Hochrisikopatientin verbrachte sie die Corona-Pandemie weitgehend isoliert und wartete geduldig. Doch in der Vorwoche war es mit ihrer Geduld vorbei, schilderte sie gegenüber dem ORF-Radio: „Die letzte Woche habe ich mich sehr geärgert, weil mein Mann, der körperlich vollkommen gesund ist, einen Impftermin bekommen hat.“ Er, gesund, wurde geimpft, sie, im Rollstuhl, hat noch nicht einmal einen Termin: „Das ist für mich doch sehr ärgerlich.“

Termintausch „nicht möglich“

Das Ehepaar versuchte, zu tauschen. Die Frage sei gewesen, ob sie ihren Mann zu dessen Impfung begleiten und dann – auch auf seinen Wunsch hin – statt ihm geimpft werde. Dazu habe es nur geheißen, das sei nicht möglich. Sogar im Gesundheitsministerium blieb das Paar erfolglos.

Sogar beim Gesundheitsministerium habe sie es versucht: „Sie haben jetzt nicht gesagt, sie sind nicht zuständig, aber wenn es ums Impfen und Corona geht, dann bitte 1450, die sind für das Impfen zuständig. 1450 hat mir gesagt, ich muss beim Impfservice Wien nachfragen, weil die die Termine vergeben. Das Impfservice Wien hat mich zuerst an das Bezirksgesundheitsamt verwiesen, das war sehr lustig, weil die Dame dort einfach nur gelacht hat, weil sie gar nichts mit dem Impfen zu tun hat. Die hat mich wieder zurückgeschickt zum Impfservice Wien, und dort bekam ich dann die Meldung, dass alles so läuft, wie es sich gehört.“

Mehr Beschwerden bei Patientenanwälten

Ähnlich erging es auch einer 44-jährigen Wienerin. Sie pflegt ihre COPD-kranke Mutter und wurde zu einem Impftermin eingeladen, ihre Mutter aber nicht. Auch hier war ein Tausch nicht möglich. Von seiten der Stadt Wien gab es dazu vorerst keine Stellungnahme. Es hieß lediglich, man werde der Sache nachgehen.

Auch bei den Patientenanwaltschaften in ganz Österreich würden sich derartige Beschwerden mehren, sagte Sprecher Gerald Bachinger: „Der Hintergrund ist, dass wir derzeit in Österreich eine sehr unübersichtliche Situation haben, weil die Bundesländer jedes für sich selbst eigene Systeme entwickelt haben, wie mit den Impfungen vorgegangen wird – speziell bei Hochrisikopatienten.“

Dabei hatten die Patientenanwälte schon vor einiger Zeit vom Gesundheitsministerium gefordert, „dass speziell bei den Hochrisikopatienten eine eigne bundesweite Schiene gemacht wird, damit es hier gleiche Verhältnisse für die Hochrisikopatienten gibt“. Jetzt allerdings sei es zu spät, um ein ganz neues System aufzusetzen, sagte Bachinger. Das Gesundheitsministerium könnte aber noch versuchen, den Bundesländern noch Vorgaben für einheitliche Vorgehensweisen zu machen.