Regisseur Peter Patzak
APA/Roland Schlager
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1945–2021

„Kottan“-Regisseur Peter Patzak ist tot

Filmregisseur, Maler und Autor Peter Patzak ist tot. Der 76-jährige, vor allem durch die Kultkrimiserie „Kottan ermittelt“ bekannte Künstler ist laut „Kronen Zeitung“ nach einer Herz-OP gestorben. Erst im Februar 2020 hatte Patzak das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien erhalten.

Freunde der Familie bestätigten die Todesnachricht. Laut „Kronen Zeitung“ starb Patzak am Donnerstag im Krankenhaus von Krems. Geboren wurde Patzak am 2. Jänner 1945 sozusagen als echtes Nachkriegskind in Wien. Das Aufwachsen im Arbeiterbezirk Brigittenau sollte sowohl ihn als auch seinen langjährigen Wegbegleiter – den Autor Helmut Zenker – nachhaltig prägen, wie sich Patzak in einem Porträt im ORF-„kulturMontag“ erinnerte.

Nach dem Schulabschluss studierte er Psychologie, Kunstgeschichte und Malerei und hatte seine erste Ausstellung unter Albert Paris Gütersloh, dem geistigen Vater der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Mitte der 60er Jahre wurde Patzak zu der „Films of Art“-Show nach New York eingeladen, von 1968 bis 1970 entstanden dort einige Kurzfilme.

„Kottan“-Regisseur Peter Patzak ist tot

Filmregisseur, Maler und Autor Peter Patzak ist tot. Der 76-jährige, vor allem durch die Kultkrimiserie „Kottan ermittelt“ bekannte Künstler ist laut „Kronen Zeitung“ nach einer Herz-OP gestorben. Erst im Februar 2020 hatte Patzak das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien erhalten.

Schon früh arbeitete Patzak mit prominenten Darstellerinnen, etwa Rita Tushingham im Thriller „Die Situation“ (1972) und Paula Wessely, die in „Glückssache“ (1977) eine Supermarktkassiererin spielte. „Paula Wessely war damals eine ganz neue Erfahrung“, sagte Patzak einmal dem „Kurier“, denn bei ihr sei viel über die Sprache gelaufen. „Ich habe Ausschnitte am Schneidetisch gesammelt und immer wieder angehört. Was der Strich von Kokoschka ist, ist bei ihr die Melodie der Sprache.“ Er habe ja das Glück gehabt, mit vielen Namen der Filmgeschichte zu drehen, die ohne Allüren agierten.

Internationale Anerkennung für „Kassbach“

Eine der bedeutendsten Kinoarbeiten Patzaks jener Zeit war das Neonazi-Porträt „Kassbach“ (1979), für das er international aufgrund der klar geführten Auseinandersetzung mit kleinbürgerlichen Formen des Rassismus, Faschismus und der Gewalt Anerkennung fand. „Kassbach“ gilt immerhin als einer der Lieblingsfilme von US-Regielegende Martin Scorsese.

Ausstellung Peter Patzak
ORF
Die Malerei hatte Patzak seit 1961 stets parallel zu seinem filmischen Schaffen betrieben

Dass er parallel mit dem Major Kottan, an dem er mit Zenker arbeitete, eine legendäre Figur und ein Stück österreichischer Fernsehgeschichte schreiben würde, war ihm damals noch nicht bewusst. Bis 1983 entstanden 19 Folgen der ungewöhnlichen und äußerst erfolgreichen Kriminalserie sowie der Kinofilm „Den Tüchtigen gehört die Welt“ (1981). Schließlich hievte Patzak mit „Kottan ermittelt: Rien ne va plus“ im Jahr 2010 den Kultkommissar noch einmal auf die Leinwand.

Zahlreiche Kinofilme

In der 80er Jahren zeichnete er u. a. für den Kinofilm „Die letzte Runde (Strawanzer)“ (1983) mit Elliott Gould und den Krimi „Joker“ (1987) mit Peter Maffay verantwortlich. Mit „Killing Blue“ (1988), „Gavre Princip – Himmel unter Steinen“ (1990) und „Brennendes Herz“ (1995) erregte er erneut international Aufsehen, für „Shanghai 1937“ (1996) erhielt er in Moskau den Preis der russischen Filmschaffenden. Im gleichen Jahr hatte Patzak bereits den Max-Ophüls-Preis und vier Jahre zuvor den Fernsehpreis Romy ergattert. Für die Doderer-Verfilmung „Die Wasserfälle von Slunj“ gab es dann einen Preis in Venedig und den Volksbildungspreis.

„Damals habe ich mir gedacht, jetzt werde ich mir ein paar Perlen aussuchen können“, sagte Patzak einmal im Gespräch mit der APA. Doch stattdessen blieben die Aufträge des ORF auf einmal aus, es kam zum Knacks: „Die haben ganz einfach auf mich vergessen“, so Patzak. Stattdessen widmete er sich wie auch in den Jahren davor vermehrt der Malerei. 2007 inszenierte er mit Theo van Goghs „Interview“ im Stadttheater Walfischgasse erstmals für die Bühne. Ab 1993 unterrichtete Patzak zudem als ordentlicher Professor für Regie an der Wiener Filmakademie, die er auch als Institutsvorstand leitete.

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Lukas Resetarits, Robert Stadlober, Peter Patzak (Regie) und Johannes Krisch bei der Film-Premiere „Kottan ermittelt – rien ne va plus“  2010
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Lukas Resetarits, Robert Stadlober und Johannes Krisch wurden von Patzak für „Kottan ermittelt: Rien ne va plus“ engagiert
Regisseur Peter Patzak
picturedesk.com/Imagno/Votava
Lukas Resatarits und Peter Patzak in jüngeren Jahren: Mit der „Kottan“-Serie schrieben sie österreichische Filmgeschichte
Peter Patzak bei APA-Interview
APA/Herbert Neubauer
Eine der bedeutendsten Kinoarbeiten Patzaks war das Neonazi-Porträt „Kassbach“

Malerei neben Filmschaffen

Vor allem aber rückte die Malerei wieder an zentrale Stelle. Patzak hatte sie seit 1961 stets parallel zu seinem filmischen Schaffen betrieben, regelmäßige Ausstellungen führten ihn u. a. in die Schweiz und nach New York. Nun jedoch wurde sie noch bedeutender für ihn. So widmete ihm das Bank Austria Kunstforum unter dem Titel „Aus dem Archiv der Erinnerung“ im September eine verspätete Geburtstagsausstellung.

Und auch sonst war das Lebenswerk des Künstlers gewürdigt worden. Zum 65. Geburtstag erhielt Patzak, der auch Kurzgeschichten verfasste und Drehbücher schrieb, das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Erst im Vorjahr gestellte sich hier das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien hinzu.

"Grenzüberschreiter und Menschenliebhaber“

Entsprechend groß war am Freitag auch die Anteilnahme von prominenter Seite auf die Todesnachricht. „Peter Patzak hat mit seinem Filmschaffen Österreich geprägt. Wir verdanken ihm viele unvergessene Fernsehmomente, auch sein Werk als Autor und Maler ist beeindruckend“, kondolierte Kulturminister Werner Kogler (Grüne) auf Twitter. Dort zollte auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) dem „Grenzüberschreiter und Tabubrecher“, dem „Menschenliebhaber und Menschensammler“ seinen Respekt.

TV- und Radio-Hinweise

„Kottan ermittelt: So long, Kottan“ (1981) am Samstag, 22.00 Uhr in ORF2. „In memoriam Peter Patzak – Einen Augenblick später“ am Samstag, 23.00 Uhr in ORF2. „KulturMontag“: Nachruf am Montag, 22.30 Uhr in ORF2. „Hart im Nehmen“ (2000), Dienstag, 0.10 Uhr in ORF1. „Menschenbilder – Jenseits des Polizeimajors“, Ö1 am Sonntag, 14.05 Uhr

„Mit ihm ist einer der wichtigsten österreichischen Regisseure und Filmautoren gestorben", schrieb SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda. Tief betroffen vom Ableben Patzaks zeigte sich auch die Grünen-Staatssekretärin für Kunst und Kultur, Andrea Mayer: „Peter Patzak gehörte zweifelsohne zu den heimischen Künstlern, die die österreichische Seele in all ihren Facetten am wirkungsvollsten darstellen konnte.“

„Peter Patzak war eine beeindruckende Persönlichkeit, und seine Lebensgeschichte hat mich zutiefst berührt“, sagte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und verwies unter anderem darauf, dass der Verstorbene seinen Vorlass einst dem Kremser Archiv der Zeitgenossen vermacht hatte. Die IG Autorinnen Autoren verneigte sich in Gestalt ihres Geschäftsführers Gerhard Ruiss ebenfalls vor Patzaks Lebensleistung: „Er war hoch angesehenes und hoch geschätztes Mitglied der IG Autorinnen Autoren und einer der wichtigsten Vertreter für den in ganz Europa Furore machenden österreichischen Fernseh- bzw. Autorenfilm.“