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APA/Herbert P. Oczeret
APA/Herbert P. Oczeret
Wirtschaft

Pleitewelle für den Herbst erwartet

In der Coronavirus-Pandemie gehen in Wien deutlich weniger Firmen Pleite als sonst. Grund dafür sind Stundungen und Staatshilfen. Ein starker Anstieg der Pleiten wird allerdings für den Herbst erwartet, dazu auch unzählige Rechtsstreitigkeiten.

Nur 107 Firmenpleiten verzeichnete der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) in Wien für Jänner und Februar. Das waren um 60 Prozent weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres, wo es 272 waren. Interessant sei, so Karl-Heinz Götze, der Leiter der Insolvenzabteilung des KSV 1870, dass es auch bei den Branchen in Wien derzeit keinen Corona-Effekt gebe: „Wir haben interessanterweise in der Baubranche die höchsten Insolvenzzahlen, obwohl es der Baubranche eigentlich ganz gut geht.“

Handel kämpft mit Fixkosten

Trotz der staatlichen Hilfsprogramme wird jeder zehnte Einzelhandelsbetrieb in Wien wahrscheinlich nicht überleben. Diese Prognose erstellt die Wiener Wirtschaftskammer. Die Sperren würden schon zu lange dauern.

Ab Herbst aber erwartet Götze dann einen starken Anstieg der Pleiten, der sich bis in die Jahre 2022 und 2023 ziehen werde. Es werde also nicht eine einmalige Welle sein, ein Tsunami, der dann wieder abebbt. Das Thema werde vielmehr länger präsent bleiben. Grund dafür ist, dass Ende Juni die Stundungen von Finanzamt und Sozialversicherung auslaufen. Besonders treffen wird es laut Götze in Wien die Gastronomie und die Tourismusbranche.

Viele Rechtsstreitigkeiten, viel Unsicherheit

Wie die Wiener Wirtschaftskammer befürchtet auch Götze viele Rechtsstreitigkeiten. Dabei würden Gerichte vor allem zu klären haben, ob Eigentümer oder Geschäftsführer schon gewusst haben, dass ihre Firma eigentlich schon pleite war, als sie Stundungen angenommen haben, oder nicht. Haben sie es gewusst, dann haften sie nämlich persönlich. Viel Unsicherheit bei Personen sei als Folge der Pandemie denkbar, ebenso wie große Belastung der Gerichte durch solche Themen.

Das wiederum könnte sich negativ auf die Insolvenzen auswirken. Es sei nämlich enorm wichtig, Insolvenzen rasch abzuhandeln, um Unsicherheiten für Arbeitnehmer, Lieferanten und Kunden aus der Welt zu schaffen. „Wir schaffen in Österreich in fast 30 Prozent aller Insolvenzen eine erfolgreiche Sanierung. Wenn es dann so viele Unsicherheiten gibt, werden wir nicht so viele Sanierungen schaffen“, betonte Götze. Für die Wirtschaft hätte das fatale Folgen, so der Experte. Der KSV spricht sich übrigens dagegen aus, Stundungen weiter aufrechtzuerhalten, weil diese ein künstlicher Eingriff seien.