Im Gartenbaukino sind Architektur und Design seit den 1960ern nahezu unberührt geblieben. Leider aber auch die Haustechnik: Lüftung, Elektrik und Sanitäranlagen müssen komplett ausgetauscht werden. „Wir haben jedes Jahr saniert und instandgehalten, aber nur bis zu einem gewissen Punkt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten“, so Norman Shetler, Geschäftsführer des Gartenbaukinos.
„Historisch ungewöhnlich“
Aber, dass seit der Eröffnung des Einsaalkinos nicht mehr gemacht wurde, erwies sich nachträglich gesehen als großer Vorteil. „Allein, dass der Kinosaal de facto unverändert ist, ist eigentlich ein Glücksfall und historisch gesehen sehr ungewöhnlich“, so Shetler. Alle anderen großen Kinos wie das Colosseum und Flottenvereinskino „wurden sukzessive in kleinere Schachtelkinos verwandelt oder komplett neu saniert“.
Im Gartenbaukino hingegen habe man einen hohen Originalbestand und damit eine Substanz, die „wirklich das widerspiegelt, was vor 60 Jahren Kinokultur war – und das ist toll“. In den kommenden Monaten wird im Kinosaal hauptsächlich gereinigt, die 736 Sitze werden neu bezogen und aufgearbeitet, der Vorhang in Streifen geschnitten, gewaschen und wieder aufgehängt.
Zurück zum Originaldesign
Außerhalb des Saals ist das Gartenbaukino aber nicht ganz von Umbauten verschont geblieben. Diese „Fehler der Vergangenheit“ sollen nun bei der großen Sanierung behoben werden. „Die Bar ist ein typisches Beispiel für eine Verschlimmbesserung, die in den 80er Jahren stattgefunden hat, wo man einfach eine Schank hingestellt hat. Die soll zurückgeführt werden in das Originaldesign“, so Shetler. Dabei sollen auch Teile des Originalmosaiks wieder freigelegt werden.
Auch die Lampen im Foyer haben einst anders ausgesehen. „Das waren Schwanenhalslampen“, so Shetler, die ein festliches Ambiente erzeugt haben. Diese sollen rekonstruiert und nachgebaut werden.
Ambiente von 1960 erschaffen
Es gibt außerdem Orte im Gartenbaukino, die noch kaum ein Besucher gesehen hat. Etwa das Damen-WC. Der historische Schminktisch darin soll sanft saniert werden – mit Originalfliesen und Lampen. „Das waren Wagenfeldlampen von Lindner“, so Shetler. „Wir haben für die Sanierung einige Originallampen auf Ebay ersteigert.“
Das Motto der Sanierung lautet: „Vorwärts in die Vergangenheit“ oder „Zurück in die Zukunft“. Man möchte das Kino für nachfolgende Generationen erhalten und ein Ambiente schaffen, „das dem von 1960 möglichst nahekommt“. Früher habe es solche Kinos in vielen Bezirken gegeben. Nun sei das Gartenbaukino „das letzte seiner Art und deswegen auch wichtig zu erhalten.“
„Ohne Kitsch könnten wir alle nicht leben“
Im Jahr 2018 wurde das Gartenbaukino unter Denkmalschutz gestellt. Für das Sanierungskonzept zeichnet sich das Architekturbüro von Manfred Wehdorn verantwortlich, der sich etwa bei der Hofburg oder dem MuseumsQuartier als Experte für den Umgang mit denkmalgeschützten Bauten etabliert hat. „Das Ganze wird klassisch zurückgebaut werden“, zeigte sich Wehdorn bei der Projektpräsentation Montagvormittag begeistert. Dazu gehöre auch, manch heute als kitschig empfundenes Element wieder aufleben zu lassen: „Ohne Kitsch könnten wir alle nicht leben.“
Das Gartenbaukino sei ein Symbol für den Glamour, die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit. Und das wolle man wieder spürbar machen, so Wehdorn. Es werde viele Hunderte kleiner Eingriffe geben, die aber in ihrem Gesamtbild einen neuen, festlichen Eindruck vermitteln werden, so Shetler: „Jeder, der hier schon einmal war, geht nicht unbeeindruckt heraus.“
Sesselpatenschaften für Kinofans
Von den geplanten 3,36 Millionen Euro Kosten entfallen rund eine Million auf die denkmalpflegerischen Aspekte. Zwei Millionen Euro der Kosten trägt die Stadt, 600.000 Euro der Bund. 200.000 Euro fehlen noch, die jetzt über eine Crowdfunding-Kampagne aufgestellt werden sollen. Prominente wie Regisseurin Sabine Derflinger rufen mit Videobotschaften dazu auf, dem Gartenbaukino finanziell zu helfen – etwa mit einer Sesselpatenschaft.
Dafür sind verschiedene Pakete vorgesehen – von Special Screenings über einen Analogworkshop bis zu einer exklusiven Abendveranstaltung mit bis zu 250 Freundinnen und Freunden. Und für 360 Euro kann man sich auf einem Sessel mit Namen verewigen.
Aber warum sollen Kinofans spenden? „Ich bekomme das seit zwölf Jahren mit, was die Menschen sagen, die hier reinkommen. Jeder, der zuvor noch nicht hier war, geht nicht unbeeindruckt wieder raus. Und jeder, der hier einmal war, hat einen persönlichen Bezug dazu.“ Bis zur Viennale im Herbst soll das Gartenbaukino in neuem Retroglanz erstrahlen – und gleichzeitig für die Kinobranche ein deutliches Lebenszeichen setzen.
Einrichtung von österreichischen Kinopreisen
„Hier schlägt das Herz der Wiener Kinokultur“, freute sich Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) über das neue Leben für das Gartenbaukino. Das sei ein Ort, der den Geruch der Gala und des Festivals in sich trage. Auch Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) hatte sich zum Umbaustart eingefunden: „Das ist für mich in einer sehr schwierigen Zeit ein sehr glücklicher Moment.“
Dabei sollen die 600.000 Euro vonseiten des Bundes für das Gartenbaukino nicht die einzige Förderung an die notleidende Branche bleiben. So kündigte Mayer am Montag die Einrichtung von österreichischen Kinopreisen an. Diese sollen sich jährlich in einen mit 10.000 Euro dotierten Hauptpreis für herausragende Programmarbeit, sowie zwei mit je 5.000 Euro verbundene Förderpreise für nachhaltiges respektive innovatives Programmieren gliedern. Verliehen werden sollen diese voraussichtlich im Herbst.