Ludwig, Anschober, Mikl-Leitner und Doskozil bei Pressekonferenz
APA/Georg Hochmuth
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Coronavirus

Oster-Lockdown für Ost-Österreich

Wien, Niederösterreich und dem Burgenland gehen zu Ostern in einen Kurz-Lockdown. Der Handel schließt weitgehend, an den Schulen gibt es Fernunterricht. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will weitere Verschärfungen, wenn es nicht „sehr zeitnah“ Effekte gebe.

„Wir sind bereit, als Landeshauptleute in der Ostregion Verantwortung zu übernehmen“, erklärte Ludwig bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Es sei eine schwierige Situation, die „britische“ Virusmutation habe massive Auswirkungen in Ostösterreich.

Der Handel wird nun mit Ausnahme von Gütern des täglichen Bedarfs von Gründonnerstag (1. April) bis zum Dienstag nach Ostern (6. April) geschlossen. Neben dem Handel werden auch die sogenannten körpernahen Dienstleister wie Friseure vom Gründonnerstag bis 6. April geschlossen. Ab dem 7. April wir es dann nicht nur für die körpernahen Dienstleister, sondern auch für den Handel Zugangstest geben.

Pressekonferenz: Corona-Maßnahmen in der Ostregion

Von Gründonnerstag bis inklusive Dienstag nach Ostern soll dort der Handel bis auf Geschäfte des täglichen Bedarfs schließen. Das beschlossen Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), die Niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und der burgenländische Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ). Außerdem werden die körpernahen Dienstleistungsbetriebe für diese Zeit geschlossen.

PCR-Tests an Schulen

Die Schulen stellen in der Woche nach Ostern auf Fernunterricht um. Danach sind breitflächige PCR-Tests für Schülerinnen, Schüler und Lehrkräft geplant, die allerdings keine Zutrittsvoraussetzung für die Rückkehr in den Unterricht sein werden.

Die FFP2-Maskenpflicht soll auf alle Innenräume ausgeweitet werden, sofern sich dort mehr als eine Person aufhält. Auch die bereits bestehende Möglichkeit, lokal beschränkt FFP2-Maskenpflicht im Freien anzuordnen, in Bereichen, wo viele Menschen auf engem Raum aufeinandertreffen, soll nun angewendet werden.

Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr

Über Ostern gelten zudem Ausgangsbeschränkungen wie in den bisherigen strengen Lockdowns wieder rund um die Uhr. Derzeit ist das Verlassen des Hauses nur in der Nacht prinzipiell nicht gestattet. Von 1. bis 6. April gilt dies nun wieder von 0.00 bis 24.00 Uhr – mit den bekannten Ausnahmen Fahrt zur Arbeit, Aufenthalt bzw. Erholung im Freien (etwa Spaziergänge oder Individualsport), Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen und Abwendung von Gefahren.

Erlaubt ist während des Oster-Lockdowns nur, dass jeweils nur eine Einzelperson eines Haushaltes mehrere Personen eines anderen Haushaltes gleichzeitig treffen darf. „Wir wollen in der Phase den Betrieb wirklich massiv runternehmen“, so der Wiener Bürgermeister. Er appellierte, nun alle familiären und persönlichen Kontakte einzuschränken.

Museen und Zoos schließen

In den Betrieben soll es ab 7. April ein Mal pro Woche Coronatests geben. Als Alternative soll das Homeoffice weiter intensiviert werden. Museen und Ausstellungshäuser der Ostregion müssen zwischen 1. und 6. April schließen. Das gleiche gilt für Zoos und andere Freizeiteinrichtungen.

Schanigarten-Öffnung für Ludwig aktuell kein Thema

„Wenn wir nicht sehr zeitnah Ergebnisse sehen“, müsse man zudem weitere Maßnahmen setzen, betonte Ludwig. Er sei hier durch Gespräche mit Expertinnen und Experten „alarmiert“. Auch an eine Öffnung der Schanigärten sei noch länger nicht zu denken, so der Bürgermeister – der das noch vor kurzem anders sah. Man müsse jetzt deutlich machen,„dass wir leider auf absehbare Zeit auf derartige Vergnügungen verzichten müssen“, sagte Ludwig. Man müsse nun die nächsten acht bis zehn Wochen durchstehen, bis zu einer höheren Durchimpfungsrate.

Beratungen in einer Woche

Angekündigt wurden bei der Pressekonferenz auch mehr Kontrollen von Arbeitspendlern aus Risikogebieten wie Tschechien. Diese sollen künftig zwei Tests pro Woche vorweisen müssen. Anschober kündigte an, dass man sich in einer Woche erneut beraten werde. Zudem befürchtet er ähnliche Entwicklungen wie in Ostösterreich bald auch in ganz Österreich.

Ludwig: „Mir war Osterruhe wichtig“

„Mir war wichtig, dass wir eine sogenannte Osterruhe haben“, hatte Ludwig vor der Pressekonferenz in einem Interview mit „Wien heute“ erklärt. „Ich habe vorgeschlagen, dass man die Zeit vom Gründonnerstag bis inklusive Osterdienstag für eine Osterruhe nutzt, um sich zurückzunehmen und dass im Wesentlichen auch der Handel geschlossen ist, mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte.“ Man solle versuchen, in dieser Zeit das öffentliche Leben ganz stark zurückzufahren.

Die Maßnahmen fallen nun schärfer aus als zunächst erwartet worden war. Als Grund nennt Ludwig in erster Linie die hohe Zahl an CoV-Infizierten in der Ostregion, vor allem durch die besonders ansteckende „britische“ Mutation des Virus. „Das hat mich sehr hellhörig gemacht“, schildert Ludwig gegenüber „Wien heute“.

Auch schärfere Maßnahmen für Wien denkbar

„Ich gehöre zu jenen, die besonders tiefgreifende und umfassende Maßnahmen einfordern“, betont der Bürgermeister. „Denn wir werden leider in den nächsten Wochen, bis ein größerer Teil der Bevölkerung durch geimpft ist, erleben müssen, dass sich die Zahl der Infizierten und damit auch die Auslastung des Spitalsbetten erhöhen wird.“ Sollten die Maßnahmen keine starke Reduktion bei den Zahlen bringen, würde er als Wiener Bürgermeister „noch weitreichendere Maßnahmen durchsetzen“, kündigt Ludwig an.

Verhandlungen bis in die Nacht

Die Landeshauptleute von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland rangen bis tief in die Nacht mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und einigten sich gegen 2.30 Uhr grundsätzlich auf Verschärfungen.

Im Büro von Bürgermeister Ludwig hieß es in der Früh, dass es im Lauf des Tages noch weitere Gespräche auf verschiedenen Ebenen geben werde. Darum sei die Einigung auch noch nicht sofort verkündet worden. Man habe „absolutes Stillschweigen“ vereinbart, teilte ein Sprecher mit. Anschober verlangte vor Beginn des Gesprächs ein „Paket, das wirklich hilft, den drohenden Kollaps der Spitäler zu verhindern“.

Niederösterreich offenbar auf der Bremse

Dem Vernehmen nach hätte sich Ludwig wie auch Anschober noch schärfere Maßnahmen wie einen längeren Lockdown vorstellen können. Vor allem Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) soll da aber gebremst haben. Für Ärger bei den Landeshauptleuten sorgte offenbar, dass Fachleute beim Gespräch mit dem Gesundheitsministerium am Dienstag die Lage plötzlich viel dramatischer geschildert hätten als noch am Tag davor beim Bund-Länder-Gipfel im Kanzleramt. Da sei noch mit keiner Silbe von einem Lockdown gesprochen worden: „Es braucht mehr Verlässlichkeit“, hieß es aus Länderkreisen zur APA.

„Faktenlage ist seit Wochen klar“

Die Überlegungen bezüglich neuer Maßnahmen kommen für den Virologen Andreas Bergthaler erstaunlich spät: „Die Faktenlage ist seit ein paar Wochen klar“, auch wenn auf Bundesländerebene Überraschung signalisiert würde. Die Prognosen seien zumeist „erstaunlich treffsicher“ gewesen, dementsprechend sei auch klar, „wie sich das weiterentwickelt, wenn man jetzt nicht schnell Maßnahmen ergreift“.

Aus der Warte vieler Experten sei es „doch überraschend, wie in den letzten Wochen mit dieser Datenlage umgegangen wurde“, sagte der Wissenschafter vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Mittwoch.

Die Zahl jener Menschen, die aufgrund einer Coronavirus-Erkrankung intensivmedizinisch betreut werden müssen, stieg unterdessen weiter und erreichte am Mittwoch mit 176 einen neuen Höchstwert. Der Wiener Gesundheitsverbund begann nun mit der weiteren Aufstockung der Intensivkapazitäten. Damit können maximal 310 CoV-Erkrankte intensivbetreut werden.

Schweigeminute in Gemeinderat

Zu Mittag um 12.00 Uhr wurde in vielen Städten Europas eine Schweigeminute für jene Menschen, die in der Covid-19 Pandemie ihr Leben verloren, abgehalten. Auch Wien beteiligte sich an der europaweiten Aktion. „Die Pandemie hat eine grenzüberschreitende Krise ausgelöst. Mit der Schweigeminute wollen wir die Opfer betrauern und an jene Menschen denken, die unter der Pandemie und den Folgen leiden", sagte Ludwig in einer Aussendung.

Punkt 12.00 Uhr wurde die laufende Sitzung des Wiener Gemeinderates für die Schweigeminute unterbrochen. Gemeinderatspräsident Thomas Reindl sprach einleitende Worte, dann erhoben sich die Stadtregierung und die 100 Abgeordneten des Wiener Gemeinderats.