Eine Person reinigt die Gitter eines geschlossenen Geschäftes in der Wiener Innenstadt
APA/Helmut Fohringer
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Politik

Ludwig: „Es geht um eigene Gesundheit“

Die aktuellsten Pläne zum Schutz vor Infektionen mit dem Coronavirus stoßen in Wien vielerorts auf Kritik. Wirtschaft und Wissenschaft äußern ihre Bedenken gegen den Kurzzeit-Lockdown ab 1. April. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht aber keine Alternative.

Ihm wäre eine längere und konsequentere Phase wichtiger gewesen, sagte Ludwig im „Wien heute“-Gespräch zur Kritik von Experten an der „Kürze“ des Lockdowns. Aber es sei wichtig gewesen, mit der Bundesregierung sowie Niederösterreich und dem Burgenland eine gemeinsame Vereinbarung zu finden. Er sei zuversichtlich, dass es damit und mit den Maßnahmen, die Wien schon früher gesetzt hat bzw. gerade setzt – Beispiel Gurgeltests – gelingen werde, die Situation in den Spitälern zu stabilisieren und die Infektionszahlen zu senken. Gelinge das nicht, so werde er seine frühere Ankündigung umsetzen und weitreichendere Maßnahmen erlassen.

Um die Notwendigkeit dafür zu erkennen, werde in Wien die aktuelle Entwicklung des Pandemiegeschehens täglich gemeinsam mit Experten geprüft. Ludwig verwies zudem auf die nächsten Gespräche mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), die nächste Woche stattfinden sollen. Ludwig verwies auch darauf, dass sich die Situation sehr rasch ändern könne. So sei Wien vor sechs Wochen als einziges Bundesland auf Orange geschalten worden. Das habe sich aber schnell geändert, jetzt sei zu befürchten, dass die britische Mutation des Coronavirus nach der Ostregion auch die westlicheren Bundesländer Österreichs erfassen werde.

Maskenpflicht am Karlsplatz denkbar

Eine Maßnahme, die Wien alleine ergreifen könnte, sei etwa die Einführung einer Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Hier nannte Ludwig die Wiener Märkte als Beispiel, auf denen ja schon Masken getragen werden müssten: „Die meisten halten sich daran“, sagte Ludwig. Es sei vor allem wichtig, dass die Menschen erkennen könnten, dass das Tragen von Masken sie selbst und ihre Mitmenschen vor Infektionen schütze. Das versuche man ja gerade durch die verschärfte Maskenpflicht für alle Innenräume, das sei auch im öffentlichen Raum denkbar.

Persönliche Kontakte zu Ostern einschränken

Angesprochen auf die Corona-Müdigkeit der Bevölkerung und der damit verbundenen Unlust, strengere Regeln mitzutragen, hielt Ludwig die Effekte der britischen Mutation entgegen: Dieses Virus beeinträchtige jetzt jüngere Generationen, es gebe sehr schwere Verläufe bei jüngeren Menschen. Es sei wichtig der Bevölkerung zu vermitteln, dass eine Infektion nun ernste Verläufe mit schweren gesundheitlichen Konsequenzen mit sich bringen könne. Und dass es um die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen gehe.

Für Ostern empfahl der Wiener Bürgermeister, den persönlichen Kontakt zu nicht im selben Haushalt lebenden Familienmitgliedern einzuschränken. Man könne telefonieren, SMS schreiben und anderes mehr. Aber es sei wichtig, noch einige Wochen durchzuhalten, „dann werden wir hoffentlich wieder anderes erleben“. Die genauen Besuchsregeln für Ostern sollen aber erst nächste Woche gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium ausgearbeitet werden.

Interview mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) über die Osterruhe in der Ostregion.

Maßnahmen für Experten zu spät

Ruhige Ostern sollen es werden, mit ganztägigen Ausgangsbeschränkungen und anderen, mittlerweile schon bekannten Maßnahmen auch. Selbst Oster-Gottesdienste dürfen zwar stattfinden, aber ohne Chorgesang und mit FFP2-Masken und Abstand. „Aus virologischer Sicht wäre gut, wenn der Lockdown jetzt kommt und länger dauert. Man muss aber auch die anderen Faktoren sehen. Viele haben ihre Ostereinkäufe noch nicht erledigt, der Handel war nicht vorbereitet“, sagte etwa die Virologin Christina Nicolodi gegenüber „Wien heute“.

Am Dienstag soll die genaue Verordnung im Hauptausschuss des Parlaments beschlossen werden, darin enthalten noch einige zusätzliche Maßnahmen wie Zugangstests im Handel mindestens bis 10. April. Die Schulen gehen in der Woche nach den Osterferien ins Distance Learing. Außerdem sollen eine FFP2-Maskenpflicht in geschlossenen Räumen und strengere Einreiseregeln für Pendler kommen. Zu spät, wie etwa Gerald Gartlehner, Epidemologe an der Donau-Uni Krems, betonte: „Ich befürchte, es wird zeitlich nicht ausreichen. Fünf oder sechs Tage reichen nicht, um das Infektionsgeschehen nach unten zu bringen. Das wird sicher mehrere Wochen dauern.“ Und vorausschauend wäre es sicher klug, ganz Österreich in einen Osterlockdown zu bringen.

Reichen die Maßnahmen?

In einer Woche sollen die verschärften Maßnahmen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland in Kraft treten. Dazu die Meinung einiger Experten zum Zeitrahmen der sogenannten Osterruhe.

Auch für andere Experten kommen die Maßnahmen zu spät. Unter Kindern und Jugendlichen werden seit einigen Wochen die meisten Corona-Fälle registriert. Immerhin werden viele mittlerweile erkannt. Die Dunkelziffer ist laut der jetzt veröffentlichten Gurgelstudie der Uni Wien an den Schulen gering. Auch hier soll die verordnete Osterruhe Infektionen reduzieren helfen. Hier betonte etwa der Molekularbiologe der Uni Wien, Michael Wagner, dass Schulen immer einen signifikanten Beitrag zum Infektionsgeschehen liefern würden. Wenn man mit so hohen Zahlen in einen Lockdown gehe, komme man an den Schulen nicht vorbei.