Symbol für Babyelefant und einen Meter Abstand
APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Chronik

Corona-Sprache kann Realität verhüllen

Das Coronavirus hat nicht nur unser aller Leben verändert. Es hat auch die Sprache infiziert. Sprachwissenschafter zählen inzwischen rund 1.200 neue Worte oder Bedeutungen – von Coronaparty über Babyelefant bis hin zum Lockdown.

Von Homeoffice über Nasenbohrertest oder FFP-2-Maske bis zum Waldspaziergang: Wer nach dem einen typischen Coronawort fragt, bekommt viele Antworten. Das ist auch kein Wunder, denn noch nie haben es so viele neue Worte so schnell in unsere tägliche Sprache geschafft. Dass darunter auch viele aus der englischen Sprache übernommene Wörter sind, ist leicht erklärt: „Die erfüllen eine beschönigende, verhüllende Funktion, weil die klingen einfach angenehmer als nüchterne, deutsche Bezeichnungen wie Ausgangssperre oder Heimarbeit“, so die Sprachwissenschafterin Oksana Havryliv.

Wer glaubt, dass nur solche Anglizismen verhüllen, der irrt. Das funktioniert auch im Deutschen sehr gut, wie ein aktuelles Beispiel gerade zeigt: die für die kommende Woche angekündigte „Osterruhe“: „Das klingt einfach nicht nach einem verhärteten Lockdown, das klingt eher feierlich – Osterruhe.“

Neue Wörter mit bisher oft unbekannten Bedeutungen

Aber auch eindeutige Bedeutungen verschieben sich, haben plötzlich einen anderen Sinn: positiv wird zu negativ. Wer ein positives Ergebnis eines CoV-Tests vorlegt, muss negative Konsequenzen hinnehmen. Genauso dringen Begriffe aus der Fachsprache plötzlich in das Alltagsdeutsch ein. Jeder spricht jetzt von Antigentests, von einer Inzidenz, die mal den Wert 50 erreichen soll, dann aber bei 400 Ausfahrtskontrollen notwendig macht.

Und man hört Ärzte in Pressekonferenzen immer wieder mal, dass es in einer Pandemie notwendig werden kann, das System der Triage anwenden zu müssen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren der Katastrophenmedizin, mit dem im Fall eines Massenauftretens von Kranken oder Verletzten diese rasch in verschiedene Kategorien eingeteilt werden können. Schlussendlich dreht es sich dabei um die Frage: Wer kann überleben, wer nicht?

Humor schafft Distanz zur Realität

Ein gutes Mittel um angespannte Zeiten zu überstehen ist der Humor, zum Beispiel wenn man Abstandsregeln in Form eines Babyelefanten vermittelt. Und dann, wenn mit Fortdauer einer Pandemie aus einem Meter Mindestabstand zwei Meter Mindestabstand geworden sind, plötzlich der „liegende Fassmann“ – in Anspielung auf die stattliche Größe des Bildungsministers – in der Sprache auftaucht.

„Sprache in Krisenzeiten zeichnet sich auch durch die Kreativität und humorvolle Bezeichnungen aus. Das Humorvolle hilft uns dabei, die Distanz zur Realität – zur für viele unerträglichen Realität – zu schaffen“, betonte Sprachwissenschaftlerin Havryliv. Dem Lockdown-Hype um Bananenbrot und Sauerteig folgt der Coronaspeck, bei Alleinachten ist es dann schon Galgenhumor – den beherrscht man in Wien aber sowieso.