Der breiten Öffentlichkeit wurde Hugo Portisch als Chef-Kommentator des ORF-Fernsehens bekannt. Wie kein Zweiter beherrschte er bis zuletzt die Kunst, komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären und Wissen mit hoher Kompetenz, aber ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln. Die ausladende Gestik, mit der er stets seine Analysen unterstrich, wurde zum Markenzeichen. Zwei Generationen haben von Portisch gelernt, Zeitgeschichte zu verstehen und Ereignisse rund um den Globus zu bewerten.
Prägte kollektives Geschichtsbewusstsein
Unumgänglich sind in dem Zusammenhang seine Fernsehserien „Österreich II“ und „Österreich I“, mit denen der Journalist zur Inkarnation eines kollektiven österreichischen Geschichtsbewusstseins wurde. 2013 wurde auf ORF III die Neuauflage von „Österreich II“, technisch und inhaltlich aktualisiert, ausgestrahlt. Im Jahr 2005 lieferte Portisch mit der vierteiligen Reihe „Die Zweite Republik – Eine unglaubliche Geschichte“ ein „spätes Meisterstück öffentlich-rechtlicher TV-Kultur“.
Unvergessen sind auch seine außenpolitischen Reihen „So sah ich …“, die ihn von Afrika nach Vietnam, von London bis Peking führten. Spektakulär vor allem in den Sechziger- und Siebziger-Jahren, als Berichte aus fernen Ländern noch selten waren.
1927 in Preßburg geboren
Der am 19. Februar 1927 in Preßburg geborene Hugo Portisch studierte in Rekordzeit Geschichte, Germanistik, Anglistik und Publizistik. Bereits 1948 begann er als Redaktionsaspirant der „Wiener Tageszeitung“, zwei Jahre später wurde er Leiter der Außenpolitik. Nach einer Zwischenstation als Leiter des Österreichischen Informationsdienstes in New York begleitete Portisch in einem kurzen, aber historisch bedeutsamen Zeitraum Bundeskanzler Julius Raab als Pressesprecher bei Staatsbesuchen in den USA.
1955 holte ihn Hans Dichand, damals Chefredakteur, als Stellvertreter in den neugegründeten „Kurier“. Nach Dichands Abgang aus der damals größten Tageszeitung wurde Portisch 1958 Chefredakteur.

Initiierte Rundfunkvolksbegehren
Portisch war maßgeblicher Proponent des erfolgreichen Rundfunkvolksbegehrens, das in die Rundfunkreform unter Generalintendant Gerd Bacher mündete. 1967 wechselte er als Chefkommentator in den ORF – und wurde eines der Aushängeschilder der Bacher’schen Informationsoffensive. Für seine Arbeit wurde Portisch u.a. mit dem Karl-Renner-Preis, dem Österreichischen Staatspreis, der Goldenen Kamera und dem Fernsehpreis „Romy“ ausgezeichnet.
Unter seinen zahlreichen Büchern befindet sich auch durchaus unpolitisches: 1989 verfasste er zusammen mit seiner – 2018 verstorbenen – Frau Gertraude den Band „Pilzesuchen – ein Vergnügen“. Ein Hobby, dem er sich bis zuletzt mit Hingabe widmete. 2016 legte er seine Autobiografie „Aufregend war es immer“ vor. Zuletzt veröffentlichte er „Russland und wir“, in dem er sich für gegenseitiges Verständnis aussprach und „Die Olive und Wir“ – die persönlichen Abenteuer des Ehepaares in der Toskana.
Verweigerte Auszeichnungen lange
2018 wurde Portisch zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt, Laudator Heinz Nußbaumer nannte ihn an dieser Stelle den „wichtigsten Chronisten unserer Zeitgeschichte“ und einen „stillen Anreger und Beweger, ohne seine Unabhängigkeit preiszugeben“. 2019 erhielt er – spät aber doch, da Portisch solche Auszeichnungen sonst immer verweigert hatte – das Goldene Ehrenzeichen der Republik. Dabei würdigte ihn Außenminister Alexander Schallenberg als „Doyen des österreichischen Qualitätsjournalismus“.
Zuletzt warb Portisch gemeinsam mit Moderator Sepp Forcher und Schauspielerin Waltraut Haas für die Covid-Impfung. Nun starb er im Alter von 94 Jahren.
Hugo Portisch ist tot
Der wohl berühmteste österreichische Journalist Hugo Portisch ist tot. Der breiten Öffentlichkeit wurde Portisch als Chefkommentator des ORF bekannt. Wie kein Zweiter beherrschte er bis zuletzt die Kunst, komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären und Wissen mit hoher Kompetenz, aber ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln.
ORF ändert sein Programm
Der ORF ändert sein Programm. Noch heute, 1. April, wird der Hauptabend in ORF 2 und ORF III umgestaltet. Neben Nachrufen in den Informationsangeboten des ORF spricht Generaldirektor Alexander Wrabetz zum Tod des herausragenden Journalisten derzeit im „Studio 2“ in ORF 2. Um 21.05 Uhr wird das Porträt „Hugo Portisch – Lebensnotizen“ ausgestrahlt.
Nach einer verlängerten „ZIB 2“ zeigt ORF 2 ab 22.40 Uhr „In memoriam Hugo Portisch … eine Gesprächsrunde“, in der sich unter der Leitung von Tarek Leitner Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter an den Jahrhundert-Journalisten erinnern. Auf ORF III widmet sich um 18.30 Uhr eine „Kultur-Heute“-Spezialsendung dem Verstorbenen. Im Studio begrüßt Peter Fässlacher „Die Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, Verleger Hannes Steiner, der vor wenigen Jahren ein 30-stündiges Lebensinterview mit Portisch aufzeichnete, sowie ORF-III-Programmgeschäftsführer Peter Schöber, der bis zuletzt mit Portisch an seiner neuen Dokumentarreihe „Russland und wir“ gearbeitet hat.
Um 20.15 Uhr folgt eine 90-minütige Live-Sondersendung auf ORF III. Im Studio kommen zahlreiche Wegbegleiter und Freunde der Journalistenlegende zu Wort – etwa der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer sowie der Journalist Heinz Nußbaumer. Anschließend an die Sondersendung steht ab 21.50 Uhr die Doku-Trilogie „Hugo Portisch – Aufregend war es immer“ auf dem Programm.
„Hugo Portisch, wie ihn kaum wer kennt“ auf Ö1
Am Karfreitag zeigt ORF 2 um 22.55 Uhr aus der Portisch-Reihe „Die Zweite Republik“ den vierten Teil mit dem Titel „Endlich: Der Staatsvertrag und doch kein Schlussstrich“. Ö1 wiederholt am 2. April ab 16.05 Uhr die Sendung „Hugo Portisch, wie ihn kaum wer kennt“, die im Februar im „Salzburger Nachtstudio“ ausgestrahlt wurde. ORF III zeigt ab 20.15 Uhr alle vier Teile von Hugo Portischs epochaler Dokumentarreihe „Die Zweite Republik – Eine unglaubliche Geschichte“.
Am Karsamstag, dem 3. April, steht zunächst um 13.50 Uhr in ORF 2 „Universum: Das geheimnisvolle Leben der Pilze“ mit Hugo Portisch als Schwammerl-Experten auf dem Programm. Um 23.30 Uhr trifft Portisch bei einer besonderen Ausgabe des ORF-Nighttalks „Stöckl“ auf den Liedermacher Wolf Biermann. ORF III zeigt ab 12.10 Uhr neun Dokumentationen und Gespräche, die von Hugo Portisch gestaltet wurden oder unter seiner Mitwirkung entstanden sind.
Am 8. April wird schließlich Portischs Leidenschaft für das Pilzesammeln in den Mittelpunkt gerückt. ORF III zeigt um 20.15 Uhr die Dokumentation „Das geheimnisvolle Leben der Pilze“.