Hugo Portisch anlässlich eines Festaktes zur Erneuerung des akademischen Grades für Portisch in der Universität Wien
APA/HERBERT NEUBAUER
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Chronik

Hugo Portisch bekommt Ehrengrab der Stadt

Tiefe Trauer und Betroffenheit herrschen nach dem Tod von Hugo Portisch, dessen Ableben im 95. Lebensjahr Donnerstagnachmittag bekanntgeworden war. Die Journalistenlegende bekommt ein Ehrengrab der Stadt, kündigte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) an.

„Wir trauern um den Doyen des österreichischen Journalismus, er war ein Vorbild für Generationen kritischer Journalisten. Keine und keiner erklärte so gut wie er komplizierte politische Zusammenhänge“, so Ludwig in einer Aussendung. „Hugo Portisch bekommt ein Ehrengrab der Stadt Wien“, so der Bürgermeister. 2018 wurde Portisch zum Ehrenbürger der Stadt ernannt, eine der höchsten Auszeichnungen, die die Stadt zu vergeben hat.

„Einer der bedeutendsten Journalisten “

Der ORF trauert um einen „seiner klügsten Journalisten, Analytiker des Weltgeschehens und einen der vehementesten Proponenten für einen reformierten Rundfunk“. Ohne ihn wäre die Institutionalisierung des unabhängigen Journalismus als wichtige demokratiepolitische Kontrollinstanz jahrelang Chimäre geblieben, teilte der ORF in einer Aussendung mit.

„Hugo Portisch war einer der bedeutendsten Journalisten in der Geschichte der Zweiten Republik und eine der prägendsten und wichtigsten Persönlichkeiten in der Geschichte des ORF“, so ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Für Millionen Österreicherinnen und Österreicher sei er über Jahrzehnte der beste Vermittler von internationalen und historischen Zusammenhängen gewesen.

Kurz: Haben „Jahrhundertjournalisten“ verloren

Bundespräsident Alexander Van der Bellen schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: „Mit Hugo Portisch ist ein herausragender Österreicher von uns gegangen. Er wird eine große Lücke in unserem Land hinterlassen. Portisch war nicht nur Journalist, er war außerdem so etwas wie das ‚Geschichtsbuch‘ Österreichs“, so der Bundespräsident. „Seine Art zu berichten war packend und verständlich, ihm gelang die seltene Kunst, hochkomplexe Zusammenhänge klar und deutlich zu vermitteln.“ Portisch habe nicht einfach nur berichtet, was war, „er ließ Österreich seine Zeitgeschichte spüren“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sah in Portisch eine „der ganz großen Persönlichkeiten unseres Landes“. Mit ihm verliere Österreich einen „Jahrhundertjournalisten“. Portisch sei für Generationen der Erklärer der Nation gewesen. „Er hat nicht nur Zeitgeschichte erzählt und erklärt, Hugo Portisch selbst ist ein Teil österreichischer Zeitgeschichte“, so der Bundeskanzler.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Schwarz-weiß Aufnahme von Hugo Portisch vor einem ORF-Mikrofon
ORF
1967 wechselte Printjournalist Portisch als Chefkommentator zum ORF
Hugo Portisch im ORF-Fernsehstudio
ORF/Ali Schafler
Er wurde eines der Aushängeschilder der ORF-Informationsoffensive
Hugo Portisch im Jahr 1998
APA/Harald Schneider
In die Annalen der Medienpolitik schrieb er sich auch als Initiator des Rundfunkvolksbegehrens ein
Hugo Portisch und ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz
APA/Herbert Neubauer
Mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz anlässlich der Präsentation der Autobiografie „Aufregend war es immer“
Ehemaliger Bundespräsident Heinz Fischer und Historiker Hugo Portisch
APA/Barbara Gindl
Mit dem damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer
Außenminister Alexander Schallenberg und Hugo Portisch 2019, anlässlich der Überreichung des Großen Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich
APA/Helmut Fohringer
ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg überreichte 2019 das Goldene Ehrenzeichen der Republik
Hugo Portisch 2011 im Rahmen eines APA-Interviews
APA/Herbert Pfarrhofer
Bis zuletzt schrieb Portisch Bücher und gab Interviews
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Hugo Portisch
APA/Georg Hochmuth
Mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen

Einen der „ganz Großen“, einen „herausragenden Journalisten, der uns die Welt ins Wohnzimmer gebracht hat“, habe man verloren, bedauerte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). „Er war eine Instanz der politischen Aufklärung und eine engagierte Stimme, die den demokratischen Aufbruch in Osteuropa begleitet hat. Von meiner Jugend an haben mich seine treffenden Analysen, seine markante Art und seine unglaubliche Gabe, die komplexesten Dinge einfach zu erklären, begleitet“, würdigte ihn Kogler. „Wir werden seine Stimme und Analysen vermissen.“

„Eine moralische Instanz“

Eine große, schmerzende Lücke hinterlasse der Tod von Portisch, reagierte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. „Ein Jahrhundertjournalist, eine moralische Instanz, ein standhafter Humanist. Was für ein Leben hat er gelebt. Uns alle hat er bereichert. Meine Anteilnahme gilt seiner Familie und Freunden“, so Rendi-Wagner.

Gernot Blümel, Finanzminister und Landesparteiobmann der ÖVP Wien, und Landesgeschäftsführerin Bernadette Arnoldner schrieben: „Portisch war der Doyen unter den österreichischen Journalisten, ein ‚Vollblutjournalist‘, der in unterschiedlichsten Rollen Mediengeschichte geschrieben hat. Vor allem als Chefkommentator im ORF hat er es wie kaum ein Zweiter verstanden, komplizierte Zusammenhänge in einfachen Worten zu erklären.“

In Gedanken bei seinen Angehörigen ist auch Grünen-Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer: „Es ist selten, dass journalistische Beobachter den öffentlichen Diskurs so stark prägen, dass man von einem eigenen Genre, einer eigenen Kunstform sprechen kann. Hugo Portisch hat das vor allem, aber nicht nur mit den Fernsehserien ‚Österreich I‘ und ‚Österreich II‘ geschafft, und er hinterlässt Österreich damit einen großen – auch kulturellen – Schatz.“

„Bevölkerung hat ihren Geschichtslehrer verloren“

„Ich habe wie viele österreichische Journalistinnen und Journalisten einen Freund verloren, die Bevölkerung hat mit dem Tod von Hugo Portisch ihren Geschichtslehrer verloren. Ich darf im Namen der NEOS, aber auch ganz persönlich, der Familie dieses großartigen Menschen unser herzlichstes Beileid ausdrücken. Er war uns allen ein großes Vorbild“, würdigte ihn NEOS-Nationalratsabgeordneter Helmut Brandstätter.

„Hugo Portisch war ein Meister im Verständlichmachen von geschichtlichen wie aktuellen Zusammenhängen.“ Mit diesen Worten würdigte Kardinal Christoph Schönborn den Verstorbenen. Portisch habe es verstanden, die komplexe Welt einfach und glaubwürdig zu erklären.

Tief betroffen zeigte sich auch die Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich, Rubina Möhring: „Als Initiator des Rundfunk-Volksbegehrens im Sinne der Unabhängigkeit des ORFs und als jemand, der die journalistischen Leitsätze wie jenen der gewissenhaften Recherche besonders gelebt hat, war er für uns alle ein großes Vorbild und wird sehr fehlen“. Als „Vorbild für Generationen kritischer Journalisten“ bezeichnete der Österreichische Journalist*innenclub (ÖJC) Portisch.

Hugo Portisch ist tot

Der wohl berühmteste österreichische Journalist Hugo Portisch ist tot. Der breiten Öffentlichkeit wurde Portisch als Chefkommentator des ORF bekannt. Wie kein Zweiter beherrschte er bis zuletzt die Kunst, komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären und Wissen mit hoher Kompetenz, aber ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln.

ORF ändert sein Programm

Der ORF ändert sein Programm. Noch heute, 1. April, wird der Hauptabend in ORF 2 und ORF III umgestaltet. Neben Nachrufen in den Informationsangeboten des ORF spricht Generaldirektor Alexander Wrabetz zum Tod des herausragenden Journalisten derzeit im „Studio 2“ in ORF2. Um 21.05 Uhr wird das Porträt „Hugo Portisch – Lebensnotizen“ ausgestrahlt.

Nach einer verlängerten ZIB2 zeigt ORF2 ab 22.40 Uhr „In memoriam Hugo Portisch … eine Gesprächsrunde“, wo sich unter der Leitung von Tarek Leitner Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter an den Jahrhundertjournalisten erinnern. Auf ORF III widmet sich um 18.30 Uhr eine „Kultur heute“-Spezialsendung dem Verstorbenen. Im Studio begrüßt Peter Fässlacher „Die Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, Verleger Hannes Steiner, der vor wenigen Jahren ein 30-stündiges Lebensinterview mit Portisch aufzeichnete, sowie ORF-III-Programmgeschäftsführer Peter Schöber, der bis zuletzt mit Portisch an seiner neuen Dokumentarreihe „Russland und wir“ gearbeitet hat.

Um 20.15 Uhr folgt eine 90-minütige Livesondersendung auf ORF III. Im Studio kommen zahlreiche Wegbegleiter und Freunde der Journalistenlegende zu Wort – etwa der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer sowie der Journalist Heinz Nußbaumer. Anschließend an die Sondersendung steht ab 21.50 Uhr die Dokutrilogie „Hugo Portisch – Aufregend war es immer“ auf dem Programm.

„Hugo Portisch, wie ihn kaum wer kennt“ auf Ö1

Am Karfreitag zeigt ORF2 um 22.55 Uhr aus der Portisch-Reihe „Die Zweite Republik“ den vierten Teil mit dem Titel „Endlich: Der Staatsvertrag und doch kein Schlussstrich“. Ö1 wiederholt am 2. April ab 16.05 Uhr die Sendung „Hugo Portisch, wie ihn kaum wer kennt“, die im Februar im „Salzburger Nachtstudio“ ausgestrahlt wurde. ORF III zeigt ab 20.15 Uhr alle vier Teile von Hugo Portischs epochaler Dokumentarreihe „Die Zweite Republik – Eine unglaubliche Geschichte“.

Am Karsamstag, dem 3. April, steht zunächst um 13.50 Uhr in ORF2 „Universum: Das geheimnisvolle Leben der Pilze“ mit Portisch als Schwammerlexperten auf dem Programm. Um 23.30 Uhr trifft Portisch bei einer besonderen Ausgabe des ORF-Nighttalks „Stöckl“ auf den Liedermacher Wolf Biermann. ORF III zeigt ab 12.10 Uhr neun Dokumentationen und Gespräche, die von Hugo Portisch gestaltet wurden bzw. unter seiner Mitwirkung entstanden sind.

Am 8. April wird schließlich Portischs Leidenschaft für das Pilzesammeln in den Mittelpunkt gerückt. ORF III zeigt um 20.15 Uhr die Dokumentation „Das geheimnisvolle Leben der Pilze“.