Patientenanwältin Sigrid Pilz
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Coronavirus

Pilz will Pendler-Impfdosen zurück

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz will von den Bundesländern die Impfdosen zurück, die an in Wien arbeitende Pendlerinnen und Pendler verimpft worden sind. Damit sollten auch jüngere Hochrisikopatientinnen und -patienten in der Stadt geimpft werden.

In Wien wurden bereits viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich geimpft. Auch wenn es sich dabei um Pendlerinnen und Pendler aus anderen Bundesländern handelt, die zur Arbeit nach Wien kommen. „Das sind laut meinen Informationen rund 15 Prozent, die sollen geimpft werden, aber ich meine diese Impfdosen müssen von den Bundesländern den Wienern zurückgegeben werden, denn wir bekommen die Impfdosen nach Anzahl der Hauptwohnsitze und Impfen aber auch Einpendler aus den Bundesländern“, forderte Pilz im Interview mit „Wien heute“.

Patientenanwältin Sigrid Pilz über die Impfstrategie

Patientenanwältin Sigrid Pilz informiert über die Anfragen zu Impfungen die sie laufend aus der Bevölkerung bekommt.

„Eine bemerkenswerte Ungerechtigkeit“

Das allererste Problem ist laut der Patientenanwältin, dass es zu wenig Impfstoff gibt. Auch wenn sich alle in der Stadt bemühen, die verfügbaren Dosen gerecht zu verteilen, besteht aber „eine bemerkenswerte Ungerechtigkeit hinsichtlich Bevölkerungsgruppen, die dringend und verzweifelt eine Impfung brauchen würden“, sagte Pilz. Sie bezog sich dabei auf Hochrisikopatientinnen und -patienten unter 60 Jahre.

Denn derzeit umfasst der Impfplan der Stadt nur Hochrisikopatientinnen und -patienten, die älter als 60 Jahre sind. 52.000 Personen sind demnach vorgemerkt. Davon sind 22.000 schon geimpft oder haben einen Impftermin. 25.000 sollen laut Stadt bis nächste Woche einen Termin bekommen. 5.000 von ihnen werden in den Krankenhäusern geimpft, weil sie in Spitalsbehandlung sind.

„Ich würde mir wünschen, dass die Stadt nicht nur sagt: Hochrisikogruppen über 60 Jahre, sondern auch Hochrisikogruppen, die jünger sind, aber sehr getroffen sind vom Schicksal“, werden geimpft, sagte Pilz. Dabei gehe es um schwerkranke Menschen, die beispielsweise auf eine Chemotherapie warten oder einen Multiple-Sklerose-Schub bekämpfen müssen.

Kammern weisen Anschuldigungen zurück

Pilz hält es weiters „für unakzeptabel, dass Gesundheitsberufe, die nicht so dringend geimpft werden müssen, jetzt drankommen. Dass jetzt Psychotherapeutinnen und -therapeuten geimpft werden, halte ich für nicht notwendig, die können online arbeiten oder warten“. Auch das Verwaltungspersonal im Gesundheitsbereich, das keinen Patientenkontakt hat, könne warten. „Oder dass jetzt die verschiedenen Kammern, sei es Rechtsanwalts-, Notariats, Wirtschafts- oder Arbeiterkammer schon lobbyieren für Impfungen. Das kann nicht sein, dass die d‘rankommen, bevor die Hochrisikopatientinnen und -patienten geimpft sind“, kritisierte Pilz.

Die Arbeiterkammer wies am Donnerstagabend die Vorwürfe zurück. Man werde das Gespräch mit Pilz suchen, sagte eine Sprecherin. Auch die Wirtschaftskammer verwehrte sich gegen die Anschuldigen von Pilz. Die Wirtschaftskammer lobbyiere nicht bezüglich Covid-Impfungen, hieß es.

Ebenso führten die Aussagen der Patientenanwältin zu einer Reaktion der Notariatskammer: Man anerkenne die Notwendigkeit, Hochrisikopatientinnen und -patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe zuerst zu impfen. „Daher hat sich die Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland nach eingehenden Diskussionen bereits vor Monaten bewusst dagegen entschieden, für eine Bevorzugung ihrer Mitglieder zu lobbyieren, obwohl Notarinnen und Notare durch ihre berufliche Tätigkeit oft auch exponiert sind“, schrieb Kammerpräsident Michael Lunzer.