Luftbild Wien Blick auf Donaukanal und Kahlenberg
ORF.at/Sonja Ryzienski
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Wirtschaft

Wien verliert als Tor zu Osteuropa

Wien punktet bei Industriebetrieben bezüglich Infrastruktur und Lebensqualität, verliert aber an Bedeutung als Tor zu Osteuropa: Das sind die Ergebnisse einer alle zwei Jahre durchgeführten Umfrage im Auftrag der Wiener Wirtschaftskammer.

Das Gallup-Institut hat Ende des Vorjahres 172 Wiener Industriebetriebe befragt. Das ist knapp ein Drittel des Sektors. Wie 2018 führt bei den Standortvorteilen Wiens internationale Erreichbarkeit über den Flughafen, gefolgt von der allgemein guten Verkehrsinfrastruktur und der Wiener Lebensqualität, die jeder zweite Industriemanager als Standortvorteil sieht.

„Immer mehr unserer Betriebe sehen auch in der Nähe zu Forschungs- und Ausbildungszentren und im breiten Angebot an industrienahen Dienstleistungen in Wien wesentliche Standortvorteile“, so Stefan Ehrlich-Adam, Obmann der Sparte Industrie.

Verbesserungen bei Bürokratie

Weniger bedeutend ist mittlerweile Wiens Funktion als Tor zum Osten. Nur noch vier von zehn Industriebetrieben sehen Wiens Nähe zu den östlichen EU-Ländern als Vorteil, nur zwei von zehn die Nähe zu anderen Ostmärkten. Gegensteuern könnte man mit besseren Fluganbindungen und Wirtschaftsmissionen, heißt es bei der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer.

Bei den Standortnachteilen stehen hohe Lohnkosten sowie hohe Grundstücks- und Mietpreise ganz oben, gefolgt von mangelndem Verständnis der Behörden für Industrieanliegen, das vier von zehn Betrieben beklagen. Der Punkt „Anrainerprobleme“ legte in der Umfrage um zehn Prozentpunkte auf 29 Prozent zu – „ein Zeichen, dass das Nebeneinander von Leben und Wirtschaften in einer Großstadt eine beständige Herausforderung ist“, so Ehrlich-Adam.

Dennoch gibt es offenbar auch Verbesserungen. Die Bürokratie etwa habe abgenommen, ergibt die Umfrage. Sie wird von 39 Prozent der Industriebetriebe als Standortnachteil genannt – ein deutlicher Rückgang zu 2018. Auch die Abwanderungstendenzen gehen zurück: Ein Achtel der Industriebetriebe denkt laut Umfrage über die Verlagerung von Firmenteilen nach – weniger als in den letzten Jahren.

Investitionen bleiben stabil, Lehrlinge werden gesucht

Trotz Coronavirus-Pandemie und damit einhergehender wirtschaftlicher Unsicherheit gab ein Viertel der Industriebetriebe zum Befragungszeitpunkt an, seine Investitionen gegenüber dem Vorjahr steigern zu wollen. Weitere 47 Prozent wollen gleich viel investieren. „Das zeigt, dass unsere Betriebe gut aufgestellt sind und mit Umsicht und Optimismus ihre Zukunft planen“, sagt Ehrlich-Adam. Investitionspläne gibt es vor allem für technische Anlagen und Maschinen.

Auch das Thema Fachkräfte bleibt im Fokus: Zu Jahresende 2020 gab es in der Wiener Industrie um 6,8 Prozent mehr Lehrlinge als 2019, auch die Zahl der Lehranfänger ist gestiegen, hieß es. Aktuell läuft die Lehrlingskampagne der Sparte, mit der Nachwuchs für Herbst gesucht wird.

Die 600 Wiener Industriebetriebe beschäftigen rund 55.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bilden mehr als 1.000 Lehrlinge aus. Insgesamt produziert die Wiener Industrie jährlich Waren im Wert von 22 Milliarden Euro.