Schülerin lernt mit technischen Hilfsmitteln wie Smartphone oder Laptop daheim
APA/Erwin Scheriau
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Bildung

Leistungsabfall und Sucht bei Schülern

Bei mehr als der Hälfte der Schülerinnen und Schüler ist mit dem Verlust von Schulroutine und Sozialkontakten auch die Lernfreude zurückgegangen, zeigt eine aktuelle Elternumfrage. Viele berichten von Leistungsabfall und Suchtverhalten ihrer Kinder.

Seit einem Jahr wechseln die Schulen zwischen Schichtbetrieb, Präsenz- und Fernunterricht. Mehr als 40 Prozent der Eltern orten eine Verschlechterung der Schulleistungen, zeigt eine am Mittwoch präsentierte Elternumfrage des Nachhilfeinstituts Lernquadrat. Fast ein Viertel berichtet von mehr Suchtverhalten ihrer Kinder, von Spielen über Süßigkeiten bis zu Alkohol.

Die Leistung der Schüler ist laut der Erhebung, für die Lernquadrat und der Verband der Elternvereine an den höheren und mittleren Schulen Wiens (VEV) im Februar und März online rund 1.100 Eltern befragt haben, vor allem in den Hauptfächern Mathematik, Deutsch und Englisch zurückgegangen. Gleichzeitig berichtet aber auch fast ein Viertel der Befragten, dass sich die Schulleistungen ihres Nachwuchses seit dem ersten Lockdown im März 2020 verbessert haben.

Verlust der Alltagsroutine

Bei der Lernsituation sehen mehr als zwei Drittel eine Verschlechterung, vor allem an den Volksschulen. Die größten Probleme während des Distance Learnings sind dabei aus Sicht der Eltern der fehlende persönliche Kontakt zu den Mitschülerinnen und Mitschülern und Lehrkräften sowie der Verlust der Alltagsroutine.

Etwa jeder fünfte Befragte beklagt außerdem zu wenig Lernanreiz und Stress für die Kinder. Probleme mit technischen Geräten werden nur von jedem Zwölften genannt. Auf der Haben-Seite stehen aus Elternsicht eine bessere Selbstorganisation der Schüler, weniger Gesundheitsrisiken und ein besserer Umgang mit digitalen Instrumenten vor allem bei den Jüngeren. Ein Viertel der Eltern freute sich außerdem über mehr gemeinsame Zeit mit dem Kind.

Träger und gereizter

Die psychische Gesundheit hat nach Wahrnehmung der Eltern unter der Pandemie gelitten: Vier von zehn Befragten berichten in der Erhebung davon, dass ihre Kinder seither träger geworden sind, vor allem Burschen. Mehr als ein Viertel der Eltern gibt an, bei ihren Kindern seither häufiger Zorn, Ärger, Gereiztheit (vor allem bei Mädchen), Gleichgültigkeit und Desinteresse wahrzunehmen.

Das Distance Learning war laut den Eltern auch für die Hälfte der Familien eine Belastung. 57 Prozent geben an, dass sie im Fernunterricht ihre Kinder öfter unterstützen mussten als gewohnt, am stärksten bei der Motivation, der Lernorganisation und – vor allem bei jüngeren Schülern – dem Verstehen der Aufgaben. Etwa jede fünfte Familie hat die pandemiebedingten Lerndefizite ihres Kindes mit verstärkter Nachhilfe ausgeglichen.

Bilden von Online-Lerngruppen als Tipp

Bei den CoV-Maßnahmen in der Schule werden Abstandhalten und Maskenpflicht von den Eltern mehrheitlich positiv bewertet, während eine allgemein mildere Benotung und Onlineprüfungen auf wenig Gegenliebe stoßen. Für den Schichtbetrieb gibt es ebenso viel Befürwortung wie Ablehnung. Um bestmöglich durch das Distance Learning zu kommen, empfiehlt Lernquadrat-Sprecherin Angela Schmidt den Schülern neben dem Bilden von Online-Lerngruppen auch, nicht auf regelmäßige Pausen und Bewegung zu vergessen.

Für VEV-Sprecher Marcus Dekan sind die Umfrage ein Beleg dafür, dass nach einer Rückkehr in den schulischen Vollbetrieb der Schwerpunkt zunächst auf der mentalen und emotionalen Gesundheit der Kinder liegen muss. Der Elternverband werde versuchen, das Bildungsministerium zu animieren, dass dafür dann auch Zeit investiert wird.