Geldstapel
ORF.at/Christian Öser
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Wirtschaft

CoV-Hilfen: Warnung vor „Corona-Blase“

Die staatlichen CoV-Hilfen haben im Vorjahr 60 Prozent der durch die Krise zu erwartenden Firmenpleiten verhindert. Zu diesem Schluss kommt eine TU-Studie. Doch zugleich entstehe eine „Corona-Blase“, und es ist offen, wie nachhaltig die Stützmaßnahmen wirken.

Die Frage sei, wie schnell und in welchem Umfang diese platzt, sagte Walter Schweiger, Professor an der Technischen Universität (TU) Wien, auf Basis von Creditreform-Daten am Donnerstag. Er hat sich angeschaut, wie hoch diese durch CoV-Hilfen aufgebaute „Corona-Pleitewelle“ ist. 2019, im Jahr vor der Pandemie, gingen 1,15 Prozent der Firmen pleite. Angesichts der Pandemie wäre ein Anstieg zu erwarten gewesen auf eine CoV-bedingte Ausfallsrate von 1,87 Prozent der Unternehmen.

Hilfen reichen oft nicht

Ob Ausfallbonus, Fixkostenzuschuß oder Kurzarbeit-nach Angaben der Regierung sind bis jetzt mehr als 34,& Millionen Euro an Corona-Hilfen zugesagt oder ausbezahlt worden. Für viele Betriebe eine große Hilfe. Für viele reicht das Geld auf Grund der von der EU vorgeschriebenen Deckelung aber nicht um über die Runden zu kommen.

Beendigung der Staatshilfen als kritischer Punkt

Tatsächlich wurden aber im ersten Jahr der Coronavirus-Pandemie 2020 nur 0,76 Prozent der Unternehmen zahlungsunfähig, also um 1,11 Prozentpunkte weniger, als zu erwarten gewesen wäre, rechnet der Leiter des Forschungsbereichs Finanzwirtschaft und Controlling am Institut für Managementwirtschaften (IMW) an der TU Wien vor. Diese 1,11 Prozent kennzeichnen das „Ausfallpotenzial“, und dieses ist damit praktisch gleich hoch wie die tatsächlichen Ausfälle von 2019, dem letzten Jahr vor der Pandemie, schreibt Schwaiger.

Wie schnell und in welchem Umfang sich dieses Potenzial entlädt, sei noch unklar und hänge von der Konjunkturentwicklung sowie vom Zeitpunkt der Beendigung der staatlichen Hilfsmaßnahmen ab. „Die Stützungsmaßnahmen der österreichischen Bundesregierung waren somit vorerst wirksam, und wenn die Corona-Blase durch eine zügige Wirtschaftserholung nicht – gänzlich – platzt, dann hätten die Stützungsmaßnahmen auch eine nachhaltige Wirkung“, so der Uniprofessor.

Insgesamt meldeten laut vorläufigen Statistik-Austria-Daten im Vorjahr 3.155 Unternehmen Insolvenz an, nach mehr als 5.000 im Jahr 2019. Besonders drastisch zeigte sich der Rückgang der Firmenpleiten im Jahresablauf. Wurden im ersten Quartal noch 1.144 Insolvenzen beantragt, so waren es im vierten Quartal nur noch 538. Damit ging die Zahl der Insolvenzen vom ersten zum vierten Quartal um mehr als die Hälfte (53 Prozent) zurück. Im ersten Halbjahr gab es 1.968 Insolvenzen, im zweiten Halbjahr waren es nur 1.187.

Steuerberater fordern „Begleitmaßnahmen“

„Die Gefahr einer Pleitewelle kann man nicht leugnen“, sagte der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, Herbert Houf, im Ö1-Mittagsjournal. Durch die Liquiditätshilfen seien Insolvenzen aufgeschoben worden. Da die Hilfen nicht ewig weitergehen könnten, „wird es sicherlich in der einen oder anderen Branche einen Nachholeffekt geben“. Auch hier sei es angebracht, „Begleitmaßnahmen zu überlegen“.

Es gehe darum, mehr Möglichkeiten zur Fortführung von insolventen Unternehmen zu schaffen. Dann sei die Pleitewelle zwar auch nicht vermeidbar, aber es sei möglich, diese abzumildern. Um die Unternehmen grundsätzlich zu stärken, müsse deren Eigenkapital gestärkt werden. Hier gebe es Möglichkeiten auf der steuerlichen und auf der Kapitalmarktseite. „Ein ganz wichtiger Punkt ist, das Kapital, das in Österreich vorhanden ist, zu mobilisieren“, sagte Houf. So könne ein Ersatz für Staatshilfen geschaffen werden.

Dahingehend seien „steuerliche Bremsen“ abzuschaffen. So gebe es steuerliche Vorschriften, die Verlustverrechnungen bei Investitionen begrenzen würden. Überlegenswert sei auch, Ausschüttungen aus Unternehmen der vergangenen Jahre zurückzuführen und die Kapitalertragssteuer zurückzuerstatten. Das Gesellschaftsrecht sollte überhaupt modernisiert werden. Risikobeteiligungen gehörten unterstützt.

„Basel III“-Kriterien herangezogen

Zur Messung von Unternehmensausfällen wurden in der vorliegenden Creditreform-Studie nicht die Insolvenzen, sondern – wie im Bankenbereich üblich – die Ausfallereignisse nach der Definition von „Basel III“ (Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht) herangezogen. Demnach gilt ein Unternehmen als ausgefallen, wenn es über 90 Tage im Zahlungsverzug ist bzw. wenn es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird können.

Das dieser Studie zugrundeliegende Hauptproblem besteht in der Nichtbeobachtbarkeit der mit der CoV-Krise tatsächlich anstehenden Ausfälle, heißt es in der Konklusion. Die aktuellen Ausfälle für 2020 umfassten nämlich nur die Ausfälle, die durch die außerordentlichen Stützungsmaßnahmen von öffentlicher Seite nicht gestützt wurden. Beobachtbar sei demnach „nur ein offensichtlich verzerrtes Bild“.