Eine Frau hält Geldscheine in der Hand
APA/dpa/Christin Klose
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Soziales

Mietschulden: Raten statt Delogierungen

Durch die CoV-Krise sind tausende Menschen in Wien im Rückstand mit der Miete. Die gesetzlich angeordneten Stundungen sind ausgelaufen, es droht eine Delogierung. Zumindest die Stadt und große gemeinnützige Vermieter bieten nun aber Ratenzahlungen an.

Geschätzt sind in Wien laut Arbeiterkammer und Volkshilfe rund 5.700 Mieterinnen und Mieter gefährdet, delogiert zu werden – also ihre Wohnung zu verlieren. Denn auch nach dem Auslaufen der Stundungen ist für viele Betroffene die Nachzahlung der Mietschulden – etwa durch einen Jobverlust oder Kurzarbeit – noch immer nicht zu stemmen.

Bei der GESIBA haben derzeit 714 Mieterinnen und Mieter Zahlungsschwierigkeiten. Die Mietrückstände würden sich derzeit auf rund eine Million Euro belaufen, so das Unternehmen. Das könne jedoch wirtschaftlich verkraftet werden. Derzeit würden bei Nichtzahlung aufgrund der Coronavirus-Pandemie keine Delogierungen vorgenommen, so die GESIBA gegenüber „Wien heute“. Es gebe „individuelle Lösungsvorschläge wie beispielsweise Stundungs- oder Ratenvereinbarungen mit unseren MieterInnen“.

Keine Delogierungen auch bei Sozialbau AG

Auch bei den Wohnungen der Sozialbau AG sind derzeit Mieterinnen und Mieter im Rückstand mit den Zahlungen. Im ersten Lockdown habe es einen Anstieg gegeben, nun sei das Niveau aber stabil. Betroffen sei ein geringer Prozentsatz der 46.000 Miet- und Genossenschaftswohnungen. Man habe zinsfreie Stundungen und Ratenzahlungen über ein bis zwei Jahre vereinbart, so ein Sprecher der Sozialbau AG. Es werde in dieser besonders herausfordernden Zeit keine Delogierungen geben.

Ratenzahlung statt Delogierung

Die gesetzlich angeordneten Mietstundungen laufen aus aber delogiert soll zunächst niemand werden, wenn er die Miete wegen Arbeitslosigkeit nicht zurückzahlen kann. Mieter von Gemeindewohnungen erhalten keine Kündigungsklage. Die großen privaten Vermieter vereinbaren in der Regel Ratenzahlungen.

Wiener Wohnen erklärte, man sei auch schon vor der Pandemie bemüht gewesen, Lösungen für Mieterinnen und Mieter in finanziellen Schwierigkeiten zu finden. „Das umfasst auch, unabhängig von der für drei Monate geltenden gesetzlichen Bestimmungen, Vereinbarungen über Zahlungsaufschübe bzw. Ratenzahlungen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Wiener Wohnen appelliert an die Betroffenen, Kontakt aufzunehmen, um gemeinsam eine individuelle Lösung zu finden. „Zudem gilt weiterhin ein Kündigungsstopp: Aufgrund von Mietzinsrückständen bringen wir keine Kündigungsklage bei Gericht ein.“ Wie Christian Bartok, Leiter der Mieterhilfe Wien, ausführte, sind Kündigungen ohnehin erst ab 1. Juli 2022 möglich, wenn es um gestundete Mietern aus dem ersten Lockdown (April bis Juni 2020) geht.

Arbeiterkammer empfiehlt Einwendungen bei Kündigung

Wenn private Vermieter doch vor Gericht gehen, rät die Arbeiterkammer, sich dagegen zu wehren. „Hier ist es wichtig, bei der Kündigung jedenfalls Einwendungen zu erheben“, so AK-Mietrechtsexperte Walter Rosifka. Man solle auch probieren, ob man die fehlende Miete irgendwo bekommen könne und etwa Beratungsstellen aufsuchen.

„Selbst wenn eine Räumungsklage eingebracht wurde – ich habe noch die Möglichkeit, den offenen Betrag bis zum Ende der Gerichtsverhandlung in der ersten Instanz zu bezahlen“, so Rosifka. Man müsse dann aber auch einwenden, dass man zwar säumig gewesen sei, einen aber kein grobes Verschulden treffe. „Unter diesen Voraussetzungen wird die Kündigung abgewiesen werden – und der Räumungsklage wird nicht stattgegeben werden“, betonte der Mietrechtsexperte im „Wien heute“-Interview. Vom Bund fordert die Arbeiterkammer die Einrichtung eines Mieter-Hilfsfonds aus den Mitteln der EU-Coronavirus-Wiederaufbauhilfe.