Mit einem „Moment der Stille“ begann die Trauerfeier für den am 1. April im Alter von 94 Jahren verstorbenen Journalisten Hugo Portisch. Neben dem Bundespräsidenten nahmen auch Politiker wie Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ), Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) von der Journalistenlegende Abschied. Musikalisch begleitet wurde die Feier vom Hot Jazz Ambassadors Quintett mit von Portisch selbst ausgewählten Stücken.
„Begeisterte Suche nach Wahrheit“
Es sei angemessen, der Trauer die Dankbarkeit zur Seite zu stellen, so Bundespräsident Van der Bellen in seine Rede. „Die Dankbarkeit für ein journalistisches Schaffen, das unser Land tief geprägt hat. Dankbarkeit für eine begeisterte Suche nach Wahrheit, für eine mitreißende Freude an der Erkenntnis“, so Van der Bellen. „Was war das für ein Feuerwerk, das Hugo Portisch entzünden konnte! Wie war man mitgerissen in die Abenteuer des Weltgeschehens, wenn er zu sprechen anfing! Und doch entzog sich dieser kritische Geist der Verlockung des Allzu-Einfachen. Er zog souverän die scharfe Trennlinie zwischen dem Populären und dem Populistischen.“
Hugo Portisch habe gezeigt, „was unabhängiger Journalismus zu leisten vermag und warum er für ein Gemeinwesen unverzichtbar ist“, so der Bundespräsident. Er habe gezeigt, dass es „die Freiheit als größtes Gut einer Gesellschaft“ nur gemeinsam geben könne und auf Respekt, Einfühlungsvermögen, Rücksichtname und Solidarität beruhe, und er habe „um die große Kraft des Optimismus“ gewusst: „Diese Zuversicht ist vielleicht das Wichtigste, was uns Hugo Portisch ins Stammbuch geschrieben hat.“
Hugo Portisch beigesetzt
Am 1. April ist Jahrhundert-Journalist Hugo Portisch mit 94 Jahren verstorben. Am Nachmittag hat am Zentralfriedhof die Trauerfeier stattgefunden.
„Vergesst mich!“ als Wunsch-Grabinschrift
Der Journalist Heinz Nußbaumer, dem Portisch über ein halbes Jahrhundert als Freund „Orientierungspunkt und Leitstern“ gewesen war, erinnerte sich daran, dass sich Portisch, der in einem Ehrengrab der Stadt Wien seine letzte Ruhe finden soll, sich einmal eine ungewöhnliche Grabinschrift gewünscht habe: „Vergesst mich!“ Jede Generation müsse ihre eigene Erfahrungen machen, sei das Credo von Portisch gewesen.
Er kenne keinen anderen Österreicher, bei dem „Heimatliebe, Europabewusstsein und Weltbürgertum so untrennbar verbunden“ gewesen sei, so Nußbaumer. Sein Vermächtnis könne in drei Punkten zusammengefasst werden: „Aus der Geschichte lernen; gegen Vorurteile kämpfen; zur Toleranz erziehen.“ Seit Portischs Tod habe er ein „enormes Ausmaß an öffentlichem Respekt und Bewunderung“ für den Verstorbenen feststellen können, die eine „Sehnsucht nach Vorbildfiguren“ erkennen lasse. „Für diese Erkenntnis bin ich – gemeinsam mit den Deinen – stolz und dankbar“, so Nußbaumer. „Leb wohl, lieber Hugo!“
Urnenbestattung zu späterem Zeitpunkt
Aufgrund der geltenden Sicherheitsmaßnahmen in der Coronavirus-Pandemie war die Trauerfeier für Portisch nicht öffentlich zugänglich. Nur ein enger Kreis aus Familie, Freunden und Wegbegleitern war dabei. Die Urnenbestattung in einem Ehrengrab der Stadt Wien wird zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden.
ORF III übertrug die Trauerfeier live und widmete Portisch ein umfangreiches Programm. Ab 13.05 Uhr wurde eine Folge von Portischs Erfolgsserie „Österreich II“, ab 14.30 Uhr blickte Roland Adrowitzer auf das Leben und Wirken von Portisch zurück, mit Historiker Oliver Rathkolb als Gast im Studio. Anschließend an die Trauerfeier folgte die Doku-Trilogie „Hugo Portisch – Aufregend war es immer“ – mehr dazu in tv.ORF.at.
Einer breiten Öffentlichkeit wurde der am 19. Februar 1927 in Preßburg geborene Hugo Portisch, der zuvor unter anderem Chefredakteur des „Kurier“ war, als Chef-Kommentator des ORF-Fernsehens bekannt. Wie kein Zweiter beherrschte er die Kunst, komplizierte Sachverhalte in einfachen Worten zu erklären und Wissen mit hoher Kompetenz, aber ohne erhobenen Zeigefinger zu vermitteln. Mit seinen zeitgeschichtlichen Dokumentations-Serien „Österreich I“ und „Österreich II“ schrieb er heimische TV-Geschichte.
Erinnerungen von Portisch in Toskana-Gesprächen
Im Sommer 2010 hatte Portisch in seinem Haus in der Toskana den Wiener Verleger Hannes Steiner zu Gesprächen über sein abwechslungsreiches Leben gebeten. Insgesamt 30 Stunden lang erzählte Portisch von Erlebnissen als Journalist, Akteur und Freiheitskämpfer. Aus den Gesprächen ist das nun erschienene Buch „Hugo Portisch: So sah ich … Mein Leben“ entstanden.
„Wenn man über Hugo Portisch und sein Leben redet, dann denkt man, man redet über das Leben von drei oder fünf Menschen. Wie passt so viel überhaupt in ein Leben rein?“, erzählte Steiner in „Wien heute“. Zu lesen sind Portischs Erlebnisse in Kuba, Vietnam, China und Israel. Immer war Portisch auf Unabhängigkeit bedacht, so Steiner: „Freiheit war das Wichtigste im ganzen Leben. Wenn es ihm an einem Ort nicht mehr gefallen hat, ist er weitergezogen und hat woanders etwas völlig Unkonventionelles gemacht, wie eine Journalistenschule in Afrika zu gründen.“
Biografie über Journalistenlegende Portisch
Die Biografie „So sah ich … Mein Leben“ basiert auf Tonbandaufnahmen aus dem Jahr 2010 und sollte, auf Hugo Portischs Wunsch hin, erst nach seinem Tod veröffentlicht werden. Portisch ist am 1. April im Alter von 94 Jahren in Wien gestorben. Am Donnerstag findet sein Begräbnis statt, aufgrund der CoV-Vorschriften nur in kleinem Rahmen. ORF III überträgt live ab 14.30 Uhr.
„Verteile alles zu Lebzeiten und stirb bankrott“ – das sei das Lebensmotto von Portisch gewesen, zitiert Steiner: „Und wenn man wirklich gut gelebt hat, dann ist der letzte Scheck, der ausgestellt wird, der fürs eigene Begräbnis. Und dann kommt der Nachsatz: Und der ist dann ungedeckt. Da war wieder der Hugo-Portisch-Lacher, aber es war es eine Mischung aus lustig und ernst gemeint. Tatsächlich hat er das Leben so gesehen – dann war es gut, dann ist es abgeschlossen, dann kommen andere an die Reihe.“