Menschen in Einkaufsstraße
APA/Roland Schlager
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Coronavirus

In Einkaufsstraßen kehrt Leben zurück

Nach über einem Monat hartem Lockdown ist auch in Wien wieder etwas Normalität eingekehrt. Neben Handel haben heute Friseure, Kosmetikerinnen, Fußpfleger und andere körpernahe Dienstleister wieder geöffnet.

Die Dienstleisterinnen und Dienstleister melden „volle Terminkalender“, im Handel sei die Frequenz ganz gut, die Kundschaft allerdings noch zaghaft, sagte Margarete Gumprecht, Handelsobfrau der Wirtschaftskammer Wien, Montagmittag. Wermutstropfen bleiben geschlossene Lokale und fehlende Touristen.

„Bei Umsätzen noch viel Luft nach oben“

Sowohl in Wien als auch in Niederösterreich melden die Shoppingcenter-Betreiber laut Handelsverband einen guten Betrieb, überdurchschnittliche Umsatzzahlen und zahlreiche Schnäppchenjäger. Deutlich weniger Andrang verzeichneten die Geschäfte in den B- und C-Lagen, also abseits der großen Einkaufsstraßen.

„Bei den Umsätzen sehen die meisten noch viel Luft nach oben. In Einkaufszentren und Einkaufsstraßen kam es immer wieder zu größeren Schlangenbildungen, ein großer Ansturm wie nach dem ersten Lockdown blieb aber aus“, zog Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will Bilanz.

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Menschenschlange vor Geschäft
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Polizisten und Passanten in Einkaufsstraße
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Menschen in Einkaufsstraße
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Menschen mit Einkaufssackerln
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Viele Menschen in Innenstadt
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Menschenschlange vor Geschäft
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Frau mit Einkaufstasche
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Frau mit Einkaufstasche
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Frau gustiert Schuhe
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Menschen strömen in Geschäft
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Eine starke Kundennachfrage verzeichneten insbesondere Bau- und Gartencenter, aber auch zahlreiche Bekleidungsgeschäfte. Vielerorts sei der Umsatz deutlich höher ausgefallen als an einem „normalen“ Einkaufsmontag. Zahlreiche Händler lockten zudem mit Angeboten, um nach dem vierten Lockdown ihre Frühlingswaren zu verkaufen. „Bald stehen die Urlaubsgelder an, daher zählt jetzt besonders im Lockdown-gebeutelten Osten jeder Tag“, so Will.

Handel und Dienstleister dürfen wieder aufsperren

Ursprünglich haben die Landesregierungen Wiens und Niederösterreichs nur für sechs Tage Aufsperrverbote verhängen wollen – geworden sind es 28 Tage. In Wien haben am Montag Friseure, Museen und Geschäfte wieder aufsperren dürfen.

Pleitewelle erwartet

Die staatlich verordneten Schließungen aufgrund der CoV-Pandemie sorgten für große Umsatzverluste. Gumprecht schätzt die Umsatzeinbußen im Wiener Non-Food-Handel auf 15 bis 20 Prozent. Einholen ließe sich das nicht mehr, sagte die Branchensprecherin. Sobald staatliche Hilfen nachließen bzw. Rückzahlungen fällig seien, könnte im Handel eine Pleitewelle anrollen. „Nach einem Jahr Pandemie und 116 Schließtagen sind die Reserven aufgebraucht. Diese Keule wird kommen“, erwartet Gumprecht.

Alle bisherigen Lockdowns zusammen führten im Wiener Handel zu in Summe 116 Schließtagen. Auch in Niederösterreich, wo der harte Lockdown ebenfalls am Montag endete, waren es 116 Tage. Das Burgenland kommt auf 104 Tage, die restlichen Bundesländer auf 90. Der Handelsverband schätzt die Umsatzverluste der betroffenen Händler im Osten auf 1,95 Mrd. Euro, davon entfällt rund eine Mrd. Euro allein auf den Wiener Handel.

Lattinger (ORF) zu weiteren Öffnungen

Lukas Lattinger erklärt, welche weiteren Öffnungsschritte am Wochenende von Wiens Stadtregierung erwartet werden können.

„Veränderte Konsumgewohnheiten“

Der lange Verzicht verändere Konsumgewohnheiten. „Die Illusion, dass alles wird wie zuvor, soll man sich abschminken. Der Mensch gewöhnt sich an Verhalten, das ihm während der Lockdowns auferzwungen wurden. […] Ein Teil der Kunden des Onlinehandels wurde zu Stammkunden. Und vielen wurde bewusst, dass sie nicht für alles und jedes neue Schuhe brauchen“, sagte Handelsverbandspräsident Stephan Mayer-Heinisch im „Standard“ (Montagausgabe).

Dass der Handel nun österreichweit wieder offen hat, lässt die Branche aufatmen. „Den nötigen Umsatzturbo werden aber die Touristen bringen, die wir durch die angekündigten Öffnungen am 19. Mai in der Gastronomie und Hotellerie wieder bei uns begrüßen dürfen“, sagte Rainer Trefelik, Obmann der Bundesparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), am Montag. Gastronomie und Touristen sind für den Handel wichtige Frequenz- und Umsatzbringer. Laut einer RegioData-Studie haben Touristen aus dem Ausland im Vorkrisenjahr 2019 4,2 Mrd. Euro im österreichischen Handel ausgegeben.

Maskenpflicht, Abstandsregeln, Mindestfläche

Wie bisher gelten Maskenpflicht, Abstandsregeln und eine Mindestfläche von 20 Quadratmetern pro Person. Bei den Dienstleistern wird eine Terminvereinbarung empfohlen. Voraussetzung für das Eintreten ist ein negativer Antigentest (nicht älter als 48 Stunden) oder ein negativer PCR-Test (nicht älter als 72 Stunden). Eine in den letzten sechs Monaten durchgemachte CoronaV-Infektion mit schriftlichem Nachweis ermöglicht den Besuch von körpernahen Dienstleistern ohne Test.

Ein geschlossenes Cafe
ORF.at/Roland Winkler
Ob die Gastronomie Mitte Mai wieder aufsperren darf, steht noch nicht fest

„Seit Bekanntgabe der Öffnung können Kunden Termine buchen. Dieses Angebot wurde erfolgreich angenommen, vor allem für die Haarfärbung besteht eine hohe Nachfrage. Die Freude der Unternehmer ist groß, wieder arbeiten zu können“, sagte Marcus Eisinger, Innungsmeister der Wiener Friseure, am Montag.

216 Neuinfektionen

Österreichweit sind von Sonntag auf Montag 1.091 Neuinfektionen mit dem Coronavirus registriert worden. In Wien sind es 216, die Zahl der CoV-Intensivpatienten ist mit 183 weiter hoch.

Maskenpflicht an Plätzen fällt

Museen und Zoos dürfen ebenfalls wieder aufsperren. Auch alle Zweigstellen der städtischen Büchereien öffnen wieder ihre Pforten. Die Standorte der Schönbrunn-Gruppe öffnen am 6. Mai wieder ihre Pforten.

Neben dem weltberühmten Schloss können auch das Möbelmuseum Wien, das Sisi-Museum in der Hofburg – inklusive Kaiserappartements und Silberkammer – sowie Schloss Hof mit Schloss Niederweiden wieder besucht werden, teilte die Gesellschaft am Montag mit. Ein Wiener Lockdown-Spezifikum fällt: Die FFP2-Maskenpflicht, die an einigen öffentlichen Plätzen verhängt worden war. Sie wird ebenfalls aufgehoben.

Junge Menschen sitzen am Donaukanal
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Die FFP2-Maskenpflicht etwa am Donaukanal läuft aus

Noch keine Entscheidung für 19. Mai

Noch keine Entscheidung gibt es, wie Wien nach dem 19. Mai weitermacht. Für diesen Tag kündigte die Bundesregierung weitreichende Öffnungen an. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte am Freitag, dass er sich diese Woche erneut mit Fachleuten beraten werde, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Der Stadtchef äußerte sich jedoch bereits wiederholt skeptisch zu den vom Bund geplanten Öffnungsschritten ab 19. Mai.

Ludwig mahnte diesbezüglich zur Vorsicht. Vor allem die gleichzeitige Öffnung in verschiedenen Bereichen erachte er als problematisch, ließ er wissen. Im Raum steht etwa, dass in Wien die Gastronomie indoor noch länger geschlossen bleibt. Die Entscheidung soll in der zweiten Wochenhälfte fallen.

Petition für Gastro-Öffnung gestartet

Am Freitag startete die von der Fachgruppen Hotellerie, Gastronomie und Kaffeehäuser in der Wirtschaftskammer Wien initiierte Petition „Diesmal darf Wien nicht anders sein“ – und erreichte am ersten Wochenende über 500 Unterschriften, wie am Montag bekanntgegeben wurde. Sie alle treten dafür ein, dass auch in Wien – so wie im übrigen Österreich – am 19. Mai die Hotellerie und Gastronomie geöffnet werden darf, sowohl im Außen- wie auch im Innenbereich.

Die FPÖ forderte am Montag, dass Wien die ab 19. Mai bundesweit angedachten CoV-Öffnungsschritte ebenfalls umsetzt. Die Länder haben die Möglichkeit, diese für einzelne Bereiche oder ganz zu verschieben. Der Wiener Parteichef Dominik Nepp warnte in einer Pressekonferenz davor, Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern zu benachteiligen: „Denn wenn dem nicht so wäre, dann wären in Stammersdorf die Heurigen drinnen zu, aber 500 Meter weiter in Hagenbrunn offen.“