Fünf Monate Wartezeit sei Betroffenen nicht zumutbar. Sie brauchten sofort eine Anlaufstelle, sagte der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Gerald Gingold, gegenüber Radio Wien. „Das wäre sicher wichtig, an mehreren Standorten in Wien verteilt für die Bevölkerung so was aufzubauen“, so Gingold. Er schlug mindestens zwei weitere „Long Covid“-Ambulanzen vor, eine im Süden und eine im Norden Wiens.
Mobile Herz-Rehabilitation könnte einspringen
Die Wiener Ärztekammer fordert zudem die Pensionsversicherungsanstalt PVA auf, ihre ambulante Herzrehabilitation im 2. Bezirk auch für Long-Covid-Betroffene zu öffnen. Denn das einzige, das Long-Covid-Betroffenen helfe, sei Rehabilitation, sagt die Wiener Lungenfachärztin Monika Merkle. Diese wird derzeit in Wien lediglich von der Therme med Wien angeboten. Die Folge sind monatelange Wartezeiten.
Deshalb soll nun die Einrichtung der PVA einspringen: „Die Einrichtung gibt es auf jeden Fall, man bräuchte eigentlich nur die passenden Fachärzte und könnte dort die Reha ausweiten. Dann hätten wir zwei Stellen in Wien, wo man ambulante Reha machen kann“, so Merkle gegenüber Radio Wien. Die PVA betont, dass ihr ambulantes Zentrum für Rehabilitation auch für Long-Covid-Betroffene offen steht, so sich deren Krankheitsbild und das Behandlungsangebot decken. Eine Standardrehabilitation zu Long Covid sei aber aufgrund der Vielfältigkeit der Symptomatik nicht möglich.
Etwa zehn Prozent haben Spätfolgen
Etwa zehn Prozent aller CoV-Infizierten leiden unter Spätfolgen wie Erschöpfung, Kreislaufproblemen und Konzentrationsstörungen. In Wien wurde dafür im AKH vor einem Monat die erste „Long Covid“-Ambulanz eingerichtet.
„Ursprünglich haben wir geplant, fünf Patienten pro Woche zu behandeln. Die bisherige Anzahl der behandelten Patienten ist aber fast dreimal so hoch, weil der Bedarf so groß ist“, schilderte die Leiterin der „Long Covid“-Ambulanz, Mariann Gyöngyösi, im Ö1-Morgenjournal. Der Kalender der Ambulanz sei bereits bis September voll.
Mehr Schilddrüsenerkrankungen durch CoV
Die Allgemeinmedizinerin Naghme Kamaleyan-Schmied forderte auch den Ausbau der Nuklearmedizin in den Spitälern, weil durch „Long Covid“ Schilddrüsenerkrankungen – wie die Autoimmunerkrankungen Hashimoto und Basedow – stark zugenommen hätten. „Ich habe noch nie so viele Schilddrüsenerkrankungen, Autoimmunerkrankungen gehabt wie jetzt.“ Das sei sowohl bei Männern als auch bei Frauen feststellbar.
„Dass man mit einem ausgebrannten Basedow zwei Monate, drei Monate auf eine Szintigraphie der Schilddrüse wartet, ist ein No-Go“, sagte Kamaleyan-Schmied. Es habe zwar bei nuklearmedizinischen Untersuchungen in Wien schon immer Wartezeiten gegeben, diese seien aber durch den Anstieg an Schilddrüsenerkrankungen noch länger geworden.