Van der Bellen Alexander
APA/Gottschling
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Chronik

„Fest der Freude“ in Gedenken an Befreiung

Österreich hat am Samstag mit dem „Fest der Freude“ der Befreiung von der nationalsozialistischen Terrorherrschaft und der Opfer gedacht. CoV-bedingt musste die sonst auf dem Heldenplatz stattfindende Veranstaltung heuer wie virtuell begangen werden.

Am 8. Mai 2021 jährte sich zum 76. Mal die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. An diesem Tag veranstaltete das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) im Gedenken an die Opfer und die Freude über die Befreiung der NS-Terrorherrschaft bereits zum neunten Mal das Fest der Freude.

Schwerpunkt „Vernichtete Vielfalt“

Die virtuelle Veranstaltung widmete sich im Jahr 2021 dem inhaltlichen Schwerpunkt „Vernichtete Vielfalt“ und erinnert damit an die Vielfalt der Opfergruppen, die von den Nationalsozialisten verfolgt, interniert und ermordet wurden. Auch dieses Jahr behandelt der thematische Fokus aktuelle Problematiken, aber auch Solidaritätsbewegungen. Tausende
Zuseher und Zuseherinnen aus über 20 Ländern wie Österreich, Deutschland, aber auch Australien, China, Iran, Brasilien, Israel und USA folgten der Feier über Livestream – österreichweit war das Fest der Freude in ORF III zu sehen.

„Niemals wieder“

Politische Vertreter erinnerten an die Verantwortung und an den Auftrag „Niemals wieder“. Bundespräsident Alexander Van der Bellen betonte laut der voraufgezeichneten Rede, dass die Mahnung „Wehret den Anfängen“ nach wie vor aktuell sei.

„Gerade wenn Hemmschwellen sinken, wenn Hassreden und Hasspostings zunehmen, wenn Verschwörungsmythen wieder Zulauf bekommen, dann gilt es, entschieden und klar für unser liberales und weltoffenes Gemeinwesen einzutreten“, so das Staatsoberhaupt. „Niemals wieder“ sei Auftrag, daher brauche es entschiedenes Eintreten „gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus“.

Kurz: „Historische Verantwortung“ gegenüber Israel

An die „Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus“ als „dunkelstes Kapitel unserer österreichischen Geschichte“ erinnerte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer Videoansprache im ORF. Österreich trage an diesen Gräueltaten Mitschuld, so Kurz: „Diese Kultur der Erinnerung hat in Österreich lange, wohl zu lange, auf sich warten lassen. Dafür soll sie uns heute umso gegenwärtiger sein.“

Sebastian Kurz
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Sebastian Kurz in einer Videoansprache

Es brauche entschlossenes Auftreten gegen Antisemitismus und „gegen jede Form des Hasses“. Zudem betonte der Kanzler die „historische Verantwortung“ Israel gegenüber, die nicht an „unseren Landesgrenzen“ ende. „Israel ist einer unserer wichtigsten Partner weltweit“, so Kurz.

Kogler dankt Widerstandskämpfern

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) gedachte in seiner Ansprache jener Österreicherinnen und Österreicher, die gegen das Unrechtsregime und für die Befreiung ihrer Heimat gekämpft haben. Angesichts der Frage, wie hätten wir damals gehandelt, müsse der Respekt für jene Menschen, die sich unter Einsatz ihres Lebens gegen den Nationalsozialismus gewendet haben, umso größer sein, so Kogler: „Ihnen sagen wir danke.“

Fest der Freude

Am 8. Mai hat die Staatsspitze der Befreiung Österreichs von der Nazi-Terrorherrschaft und den Opfern gedacht. Coronabedingt fanden die Veranstaltungen im kleinen Rahmen oder online statt.

76 Jahre nach der Befreiung glaube er daran, dass Österreich ein zukunftsreiches Land ist. Zudem betonte Kogler die Gewissheit, dass „nie wieder auch nie wieder bedeuten muss.“

Rendi-Wagner: „Jeden Tag aufs Neue kämpfen“

Für eine Stärkung der demokratischen Grundpfeiler Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit machte sich SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner angesichts des „Tags der Freude“ stark, um dem gemeinsamen Anspruch „Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg“ neue Kraft zu verleihen.

„Friede und Demokratie sind die Voraussetzungen für Freiheit und Wohlstand. Dafür müssen wir jeden Tag aufs Neue kämpfen“, so Rendi-Wagner, die davor warnte, Diskriminierung, Hass und Ausgrenzung auf die leichte Schulter zu nehmen.

Hofer verweist auf Denkmal für Trümmerfrauen

„Das Geschehene darf nicht vergessen werden und soll uns eine Warnung sein“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer. Der Zweite Weltkrieg habe Leid und Elend über die Bevölkerung gebracht. Der 8. Mai stehe aber auch im Zeichen der Aufbaugeneration. Im Zuge der freiheitlichen Regierungsbeteiligung sei es gelungen, „stellvertretend für die vielen Menschen, die das Land nach dem Krieg wiederaufgebaut haben, ein Denkmal für die Trümmerfrauen an der Mölker Bastei in Wien zu errichten“.

Mehr Geld für Dokumentationsarchiv

ÖVP-Wissenschaftsminister Heinz Faßmann wiederum kündigte am Samstag die Umsetzung der im Regierungsprogramm vorgesehenen Erweiterung der finanziellen Rahmenbedingungen des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) an. Das Ministerium wird die erforderlichen Personal- und Infrastrukturkosten zur Einrichtung einer Forschungsstelle Rechtsextremismus und Antisemitismus zur Verfügung stellen, hieß es.

„Fest der Freude“ am 8. Mai großteils virtuell

Auch heuer geht das „Fest der Freude“ wegen CoV wieder im Internet statt auf dem Wiener Heldenplatz über die Bühne. Am 8. Mai ab 18.20 Uhr kann man via ORFIII und per Livestream auf Festderfreude.at den Feierlichkeiten zum 76. Jahrestag des Kriegsendes in Europa beiwohnen.

Zeitzeugin verweist auf Lage von Kindern in Lagern

Vor allem die Rede der Zeitzeugin Katja Sturm-Schnabl war ein bewegender Moment. Sturm-Schnabls Familie gehört der Volksgruppe der Kärntner SlowenInnen an. Im April 1942 wurde sie von den NS-Behörden deportiert und ins Lager Ebenthal bei Klagenfurt gebracht. Erst nach 1945, im Alter von neun Jahren, ist es ihr erstmals möglich, die Schule zu besuchen. In Wien studiert sie später Slawistik, südslawische Literatur und Kunstgeschichte.

„Wenn ich an die Lagerzeit zurückdenke, dann erinnere ich mich auch, wie sehr wir Kinder daran glaubten, dass es dort draußen außerhalb der Lagermauern Menschen gibt, die von uns wissen, die uns helfen wollen, die uns befreien werden. Auch heute, gerade heute, befinden sich Kinder wieder in Lagern. Es sind die Flüchtlings- und Migrationskinder, unschuldige Kinder, deren Eltern vor Krieg und Elend flohen. Und auch für diese Kinder sind die Menschen, die draußen leben in der freien Welt, die einzige Hoffnung, Hoffnung auf Hilfe und Empathie“, so Sturm-Schnabl in ihrer Rede.