Gericht

Auf Polizisten losgefahren: 20 Monate Haft

Ein 19-Jähriger hat sich am Montag am Landesgericht Wien wegen versuchten Mordes verantworten müssen. Er war im November mit seinem Pkw auf zwei Polizisten losgefahren. Der Mann wurde im zentralen Punkt der Anklage einstimmig freigesprochen, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt fasste er 20 Monate Haft aus.

Fünf Monate wurden unbedingt ausgesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der bisher Unbescholtene war am 11. November 2020 in Wien-Penzing in ein Planquadrat geraten. Da er die Autoversicherung seit längerem nicht bezahlt hatte, waren ihm die Kfz-Kennzeichen abgenommen worden. Daraufhin hatte er sich die Nummerntafeln eines Leihwagens angeeignet und diese auf sein Fahrzeug montiert.

Mit gestohlenem Kennzeichen unterwegs

Er sei aus beruflichen Gründen auf sein Auto angewiesen gewesen, machte er vor einem Schwurgericht geltend. Er arbeitete als Lieferant. Als er auf der Matznergasse Polizisten wahrnahm, die Verkehrsteilnehmer anhielten und Führerschein und Lenkerkontrollen durchführten. Um dem zu entgehen, bog er ab, wo dann allerdings zwei Beamte vor ihm auf der Fahrbahn standen. Statt anzuhalten, fuhr er auf diese zu – laut Anklage in Tötungsabsicht, was der bisher Unbescholtene und sein Verteidiger vehement bestritten.

„Er hat niemals daran gedacht, dass zwei Menschen zu Tode kommen könnten“, versicherte der Anwalt. Er bezeichnete die Anklage als „Willkür“, in jüngster Vergangenheit habe sich die Staatsanwaltschaft Wien in vergleichbaren, aber weit gravierenderen Fällen stets mit einer Anklage wegen vorsätzlicher Gemeingefährdung bzw. versuchter Körperverletzung begnügt.

Polizist sprach von „Ausfallschritten“

Der 19-Jährige gab an, er vor sich „zwei Gestalten“ wahrgenommen, die jedoch „zur Seite gegangen“ seien. Der eine Polizist sei „nie in Gefahr gewesen“, der zweite Beamte habe „ein paar Schritte zur Seite gemacht“. Einer der Polizisten hatte zur Dienstwaffe gegriffen, auf den Radkasten des flüchtenden Pkw gezielt und abgedrückt. „Die Fahrbahn ist dort 14 Meter breit. Er hätte überall ausweichen können. Es war für mich nicht verständlich, warum er auf mich zugerast ist“, gab der 25-jährige Beamte als Zeuge an.

Seinen Kollegen habe der Pkw-Lenker „sehr knapp“ passiert: „Wenn er nicht ausgewichen wäre, wäre es zu einer Kollision gekommen.“ Die Anklage behauptete, dieser zweite Polizist habe sich mit einem Sprung zwischen geparkte Autos in Sicherheit bringen müssen, um nicht erfasst zu werden. Im Zeugenstand bestätigte dieser Beamte das jedoch nicht. Er habe „Ausfallschritte“ gemacht.

U-Haft auf Strafe angerechnet

Der 19-Jährige hatte sich kurz nach der Flucht besonnen und sich noch am selben Abend auf einer Polizeiinspektion gestellt. Seit diesem Zeitpunkt – und damit immerhin seit sechs Monaten – befand sich der 19-Jährige in U-Haft. Da ihm die in der U-Haft abgesessene Zeit auf die Strafe angerechnet wurde, wurde der 19-Jährige nach der Urteilsverkündung auf freien Fuß gesetzt. Die Staatsanwältin kündigte gegen den Verteidiger eine Disziplinaranzeige an, der ihr neben „Willkür“ auch „unredliches“ Vorgehen vorgeworfen hatte.