Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im Interviewstudio
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Coronavirus

Wien plant Impfaktion für Zwölfjährige

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat angekündigt, die Vormerkplattform „impfservice.wien“ für Zwölf- bis Fünfzehnjährige zu öffnen. Wien plant für den Fall einer Zulassung eine Impf-Schwerpunktaktion für Jugendliche noch vor dem Sommer.

In Kanada und den USA ist der CoV-Impfstoff des deutschen Impfstoffherstellers Biontech und seines US-Partners Pfizer auch für Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 15 Jahren zugelassen. Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker rechnet damit, dass die europäische Zulassungsbehörde bald darauf reagieren werde – und lässt bereits eine mögliche Impf-Schwerpunktaktion für Jugendliche in Wien noch vor dem Sommer vorbereiten.

„Wir werden in Kürze unsere Vormerkplattform aufmachen, sodass Eltern ihre zwölf- bis fünfzehnjährigen Kinder einmal vormerken und anmelden können“, so Hacker im „Wien heute“-Interview. Termine werden allerdings noch keine vergeben, solange es keine Zulassung gibt.

Interview mit Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) (Langversion)

Stadtrat Peter Hacker spricht über die aktuelle Corona-Lage in der Stadt und über den Impffortschritt.

Schwerpunkte statt breiter Öffnung

Schon jetzt würden junge Menschen durch das betriebliche Impfen eine Impfung in Wien und dadurch eine Perspektive für den Sommer erhalten. Hacker: „Da kommen natürlich auch die Zwanzigjährigen dran. Dort kommen auch schon die Sechzehnjährigen dran, wenn sie Lehrlinge sind.“

Aufgrund des fehlenden Impfstoffes setzt Wien nach wie vor nicht auf eine breite Öffnung der Impftermine, sondern auf Priorisierung. Aktuell gäbe es einen Schwerpunkt „bei den Schwangeren, weil es da eine Neuerung gibt. Wir werden die erste Stadt auf der Welt sein, die Schwangeren eine Strategie dafür zur Verfügung stellt“, so Hacker.

Kritik an Impfstrategie aus Niederösterreich

Die Impftermine für alle ab 16 Jahren freizuschalten, wie es Niederösterreich tut, hält Hacker für falsch. "Niederösterreich kann auch nur so viele Impftermine freischalten, wie wir in der gemeinsamen Planung als Grundlage haben. Also wird in Kürze der Katzenjammer sein in Niederösterreich, weil es plötzlich keine Impftermine mehr gibt bis Ende Juli. Wir haben eine gemeinsame Strategie vereinbart, warum Niederösterreich einen anderen Weg geht, kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen.“

20.000 zusätzliche Impfdosen für Wien

Allgemein ist Wien im Bundesländervergleich Schlusslicht bei den CoV-Impfungen. Das liege daran, weil Wien viele Menschen vor allem aus Niederösterreich und dem Burgenland etwa in den Betrieben mitimpft. „Natürlich werden auch Wiener in den Bundesländern geimpft, das soll man nicht vergessen“, so Hacker. „Aber wenn man diese Gegenrechnung anstellt, bleibt ein Minus von 60.000 Impfdosen für die Bundeshauptstadt.“

Wien verhandelt aktuell mit dem Bund, diese Impfdosen ersetzt zu bekommen. „Es gibt noch kein endgültiges Ergebnis, aber es gibt Fortschritte“, so Hacker. „Wir werden jetzt einmal die ersten 20.000 Impfdosen bekommen.“ Er sei in guten Gesprächen mit Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) für eine zeitnahe Lieferung. „Im Juni ist es schon fad. Das ist ihm auch bewusst, deswegen hab ich gesagt, ich hätte es gern im Mai, damit wir noch aufholen können, und ich glaub, ich kann zuversichtlich sein.“

Männer über die Betriebe erreichen

Hacker möchte auch weiterhin auf das betriebliche Impfen setzen, um die allgemeine Impfbereitschaft zu erhöhen. „Gerade Männer zwischen 30 und 60 sind, was ihre Gesundheit betrifft, besonders schleissig. Und die kriegen wir überhaupt nicht zum Arzt, zum Impfen und zu gar keiner Gesundenuntersuchung. Die kriegen wir aber über den Betrieb. Wenn der Chef sagt, die ganze Firma geht impfen, dann gehe ich davon aus, dass sehr viele da mitgehen.“ Laut Hacker hätten sich bereits über 15.000 Betriebe gemeldet. „Und wir haben allein über das betriebliche Impfen noch einmal 450.000 Menschen angemeldet fürs Impfen – und das ist großartig.“

Weiterhin nur AstraZeneca für Arztpraxen

In Wien haben zuletzt 160 von 550 Hausärztinnen und Hausärzte mit den CoV-Impfungen wieder aufgehört, unter anderem, weil sie nur den Impfstoff von AstraZeneca bekommen. Das werde auch so bleiben, meint Hacker. „Auch weil die Handhabe des Impfstoffes wesentlich einfacher ist als bei den mRNA-Impfstoffen. Die Hausärzte kriegen die mRNA-Impfstoffe, wenn sie in den Impfboxen impfen. Das funktioniert relativ gut. Aber für die Praxen wird das momentan nicht kommen. Dafür ist einfach zu wenig Impfstoff da.“

Hacker versteht den Unmut der niedergelassenen Ärzte. „Wir haben zu wenig Impfstoff. Den kann ich leider nicht herbeizaubern. Wir sind noch immer in der Mangelwirtschaft.“ Wien kämpfe mit „extrem unzuverlässigen“ Liefermengen. Allein bis Ende Juni seien 300.000 Impfdosen unsicher.

Hälfte der Bevölkerung bis Ende Juni geimpft

Hacker: „Wenn die Liefermengen in der schlechten Variante kommen, werden wir bis Ende Juni etwas über fünfzig Prozent der Wiener Bevölkerung – so wie in ganz Österreich – geimpft haben. Zumindest mit einem Stich. Wenn die volle Lieferung kommt, werden wir zwischen 55 und 60 Prozent liegen.“

Öffnungsschritte für Hacker zu früh

Für Hacker sind die aktuellen, allgemeinen Öffnungsschritte daher zu früh. „Wir sind noch weit entfernt vom Ziel, mindestens 70 Prozent, besser 80 Prozent der Bevölkerung zu immunisieren, damit wir einen sogenannten Herdenschutz erreichen.“ Hacker rechnet damit, dass dieses Ziel erst weit über den Sommer hinaus erreicht werden wird. „Ich schätze, dass wir im Herbst einen fließenden Übergang haben mit den Nachimpfungen, wo wir möglicherweise auf Mutationen reagieren müssen. Das Manöver ist noch lange nicht zu Ende und darum bin ich der Meinung, wir müssen ein bisschen vorsichtiger sein.“