Zu Mittag besuchten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und die von den Grünen nominierte Kultur-Staatssekretärin das Schweizerhaus. Die Polizei brachte dabei zwei Covid-19-Skeptiker zu Boden, die versuchten in Richtung des Kanzlers vorzudringen. Eine bekannte Vertreterin der Protestierer versuchte zudem, den Presseauftritt der Regierungsspitze zu stören, was aber nicht gelang.

Küssel bei Störaktion
Bei der Störaktion war auch der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel zugegen, wie am Donnerstag bekanntwurde. Eine auf Twitter veröffentlichte Videosequenz zeigt ihn, wie er „Kurz muss weg“ skandiert, als der Kanzler den Tisch passiert.
Zuvor hatte in der Früh Dominik Nepp, Chef der FPÖ Wien, via Twitter folgendes abgesetzt: „Falls jemand Sebastian Kurz und seiner Regierung für Eintrittstests, Maskenpflicht und Dauerlockdown ‚danken‘ möchte. Heute wäre eine gute Gelegenheit dazu!“ Unmittelbar nach dem Auftritt der Regierungsspitze im Prater twitterte Nepp dann: „Offenbar haben sich sehr viele ‚bedankt‘. Sebastian Kurz wurde – begleitet von ca. 20 Polizisten – vom gesamten Schweizerhaus ausgepfiffen.“

Viele freie Plätze in Lokalen
Allgemein dürfte der Auftakt in der Wiener Gastronomie großteils problemlos verlaufen sein. Zu Mittag berichtete der Gastronomie-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer, Peter Dobcak, dass die umfangreichen Vorbereitungen sich offenbar bezahlt machen. Er habe selbst schon einige Lokale besucht und festgestellt: „Es ist sehr gut durchorganisiert.“
Auch habe er noch von keinen Fällen gehört, in denen Gäste etwa nicht gewusst hätten, dass sie eine Coronavirus-Testbestätigung mitbringen müssen. Bereitwillig würden auch die vorgeschriebenen Masken getragen, wenn der Sitzplatz verlassen werde. Die Registrierung über die vorhandenen elektronischen Systeme funktioniere laut seinen Informationen ebenfalls klaglos, berichtete er. Noch sei das Prozedere oft ungewohnt. „Aber die Routine wird sicher bald eintreten“, zeigte er sich überzeugt.
Laut dem Gastro-Obmann war es am Vormittag in Wien noch relativ leicht möglich, einen Platz in einem der Cafés oder Restaurants zu ergattern. Es sei noch nicht sehr viel los gewesen, wohl auch weil es sich ja um einen Arbeitstag handle, gab er zu bedenken. Auch die Schanigärten werden laut Dobcak bereits frequentiert. Das ist auch dem Wetter zu verdanken: Zwar war es in Wien am Mittwoch verhältnismäßig kühl, aber zumindest weitgehend trocken.
Gastro endlich wieder offen
Eine Melange, ein Schnitzerl, eine Stelze und überhaupt: „Herr Ober, bitte zahlen“ Die Gastronimie hat wieder geöffnet und schon um 5 Uhr in der Früh waren die ersten Gäste am Donaukanal beim Countdown dabei.
Andrang auf Gurgeltests in Wien
In Wien müssen Beschäftigte in der Gastronomie durchgehend getestet sein. Ein einmaliger Selbsttest in der Woche, so wie in der Bundesverordnung festgehalten, reicht nicht. Sollten sie über keinen aktuell gültigen Nachweis eines negativen Tests verfügen, müssen die betreffenden Personen eine FFP2-Maske tragen – auch Personen ohne Kundenkontakt.
Entsprechend groß gestaltet sich auch der Andrang auf die Testkits, die den Betriebe kostenlos zur Verfügung gestellt werden. 500.000 der PCR-Gurgeltests seien schon ausgegeben worden, berichtete ein Wirtschaftskammersprecher der APA. Zunächst war nur geplant, 160.000 Kits zu verteilen. Die Aktion wurde nun bis Juni verlängert.
Sperrstunde um 22 Uhr
Die Sperrstunde für die Gastronomie ist um 22 Uhr und am Naschmarkt, wo sich ein Lokal an das nächste drängt müssen Eintrittskontrollen auch eingehalten werden.
Ludwig und Ruck im Cafe Frauenhuber
Die Wiener Gastronomie werde sämtliche Regeln einhalten und damit ihren Beitrag leisten, dass es zu keiner neuerlichen Schließung komme, versicherte der Wiener Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck beim gemeinsamen Besuch mit Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) im Cafe Frauenhuber in der Innenstadt.

Ludwig und Ruck zeigten sich über die Gastro-Öffnung erfreut – und äußerten Zuversicht, dass kein weiterer Lockdown notwendig sein wird. Die Lage sei jedoch weiterhin ernst, warnte Ludwig. Er verteidigte auch die in Wien geltenden strengeren Regeln für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Branche. „Nichts wäre schlimmer als wenn die Zahlen wieder steigen und wir Maßnahmen zurücknehmen müssten“, betonte der Bürgermeister. Das Lokal, in dem der Neustart zelebriert wurde, gilt als ältestes Kaffeehaus Wiens. Der Betreiber ist auch Obmann der Fachgruppe Kaffeehäuser in der Wiener Wirtschaftskammer.

Hacker eröffnete neues Sportbecken im Stadionbad
Nicht nur Gastronomie und Kultureinrichtungen werden am Mittwoch von zahlreichen Politikerinnen und Politikern medienwirksam besucht. Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) ging am Mittwoch im Stadionbad baden – anlässlich der Öffnung der Bäder und der Eröffnung eines neuen 50-Meter-Sportbeckens im Stadionbad. In diesem Bad werden laut einer Aussendung des Stadtratbüros im Zuge des Wiener Sportstättenentwicklungsplans zahlreiche Verbesserungen der Infrastruktur vorgenommen.
„Es ist wie ein Kindergeburtstag, nur schöner"
Die wohl erste Möglichkeit eines Lokalbesuchs hat sich ab 4.30 Uhr in einem Lokal am Donaukanal geboten. Dort luden die Betreiber zur Feier und ließen 200 Luftballons als Symbol für 200 Tage Lockdown steigen.

Auch in den Kaffeehäusern fanden sich schon am Vormittag wieder Gäste ein. „Es ist wie ein Kindergeburtstag, nur schöner“, sagte eine Besucherin im Cafe Landtmann. Aufregend war der erste Öffnungstag auch für Cafetier und Gastronom Berndt Querfeld. „Es ist wie acht Uhr Schulbeginn nach den langen Ferien – so fühlt sich dann auch ein Cafetier. Es ist wieder wie der erste Schultag“, sagte der Landtmann-Chef.
Auch der Gastronom Hans Figlmüller hat sein Restaurant wieder aufgesperrt. „Ich glaube am Anfang überwiegt die Freude, dass man ausgehen kann. Wie sich das entwickelt kann ich nicht sagen“, sagte Figlmüller. Beim Wien Tourismus rechnet man jedenfalls bald wieder mit Gästen aus dem Ausland. „Viele Hauptmärkte von uns gehen auf, die können nach Wien reisen, ohne in Quarantäne zu gehen. Die Stadt kehrt wieder dahin zurück, wo sie immer war: eine lebenslustige und offene Stadt“, sagte der Wiener Tourismusdirektor Norbert Kettner.