Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im „Wien heute“-Studiogespräch
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Coronavirus

Hacker warnt vor möglicher Welle im Herbst

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) warnt vor einem möglichen starken Anstieg der CoV-Zahlen im Herbst. Als Grund nennt er die indische Mutation. Hacker plädiert für eine hohe Durchimpfungsrate – und breites Testen. Auch Kinder ab zwölf Jahren sollen bald geimpft werden.

Man könne nicht so tun, „als wäre die Epidemie jetzt vorbei“, warnte Hacker im Ö1-Morgenjournal. Über den Sommer rechne er mit einem sehr ruhigen Verlauf. Am Ende des Sommers und im Herbst könnte jedoch die indische Mutation die Zahlen extrem nach oben treiben, verwies Hacker auf Modellrechnungen aus Wien. „Wenn wir bis zum Herbst keine Durchimpfung bis über 80 Prozent der gesamten Bevölkerung zustande bringen, dann kann es tatsächlich im Oktober, November – und das zeigt die Modellrechnung sehr klar – noch einmal einen dramatischen Anstieg geben.“

Zum aktuellen Impffortschritt meinte der Gesundheitsstadtrat: „Wir feiern uns schon wieder mal viel zu früh ab.“ Es hätten nun etwas mehr als 40 Prozent der Bevölkerung die erste Teilimpfung erhalten – das Ziel müssten aber eben 80 Prozent der gesamten Bevölkerung sein.

Corona: Vorbereitungen auf den Herbst

Ab dem 10.Juni kommen ja weitere Öffnungsschritte. Im Herbst könnte sich die Lage wieder verschärfen, auch saisonal bedingt und auf Grund von Mutationen.

Tests „bis in den Winter“ notwendig

Überlegungen, durch eine Kostenpflicht für CoV-Tests Impfunwillige umzustimmen, kann Hacker vorerst nichts abgewinnen. Das Testen müsse auf hochqualitativer Ebene beibehalten werden. „Wir haben wieder am Wochenende 80.000 Tests gemacht mit PCR und noch einmal so viele mit Antigen-Tests.“ Dieses Niveau „werden wir auf jeden Fall aufrechterhalten müssen in den Herbst“. Grundsätzlich werde man das Testen jedenfalls „bis in den Winter“ brauchen.

Hacker begrüßte, dass viele Bundesländer dabei seien, ebenfalls auf ein „Alles gurgelt“-Projekt zu setzen, sowie Aussagen von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), die Gratis-Tests vorläufig nicht einzuschränken.

„Wir sehen ja jetzt schon in Großbritannien, dass die indische Mutation die britische verdrängt bzw. schon verdrängt hat“, betonte Hacker. „Wir können uns also darauf einstellen, dass wir auf jeden Fall im Herbst damit konfrontiert sind.“ Würde man dann nicht mehr testen, würde man die Verbreitung der Mutation erst bemerken, wenn die Betroffenen schon wieder erkrankt seien.

Virologin: Impfstoffe schützen umfassend

Welche Virusvariante im Herbst vorherrschen wird, ist noch unbekannt. Aber die derzeitigen Impfstoffe schützen umfassend, sagte die Virologin Judith Aberle von der MedUni Wien. „Es gibt bisher keine Variante, die nicht durch die Impfstoffe abgedeckt worden ist. Das gilt auch für die indische Variante“, so Aberle gegenüber „Wien heute“.

„Bis Schulanfang alle Schüler ab zwölf Jahre geimpft“

Die Ankündigung von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), Impfstationen in Schulen und mobile Impfteams einzurichten, sei ein sehr guter Vorschlag. Wien habe allerdings den Ehrgeiz, die Schülerinnen und Schüler noch vor dem Schulstart im Herbst zu impfen, und im Sommer seien die Schulen ja geschlossen. „Aber wir sehen, wie weit wir dann kommen“ und „zumindest als Ergänzung im Herbst“ könne er sich das vorstellen.

Hacker kündigte Impfschwerpunkte bei den ab 12-Jährigen an. So sollen etwa „behinderte Kinder, die in Sommerschulen sind“, geimpft werden. Außerdem würden auch Jugendliche, die im Sommer Pflichtpraktika im Tourismus und in der Gastronomiemachen machen müssen, geimpft werden. Und: Hacker sagte, dass es möglich sei, vor Schulanfang alle Schülerinnen und Schüler in Wien ab 12 Jahre geimpft zu haben. „Das ist möglich“. Dazu kündigte er auch „so etwas ähnliches wie Familienimpfen“ an. Dabei würden die Familien eingeladen gemeinsam zur Impfung zu kommen.

Derzeiten hätten sich innerhalb von knapp zwei Wochen schon 15 Prozent der 12- bis 15-Jährigen zur Impfung vormerken lassen, sagte der Gesundheitsstadtrat. Bei den 16- bis 19-Jährigen seien es schon „fast 60 Prozent“.

Partys in Wien: „Gönne es ihnen“

Angesprochen auf öffentliche Partys von jungen Menschen in Wien am Wochenende, meinte Hacker: „Ich verstehe es, ich gönne es ihnen auch.“ Sorglosigkeit sehe er dabei außerdem nicht. „Wenn man genauer hingeschaut hat, hat man gesehen, wie viele dort mit Masken stehen, Abstand gut gehalten wird. Einige wenige haben es übertrieben.“ Die Polizei hätte viele Gespräche geführt und bei Bedarf auch Ordnungsmandate ausgestellt.

Verzögerung bei Grünem Pass

In Sachen Grüner Pass rechnete Hacker unterdessen nicht, dass dieser wie angekündigt am 4. Juni starten kann, zumindest nicht „mit vollem Karacho“. Es gebe beispielsweise im E-Impfpass noch „sehr, sehr viele tausend Fehleinträge“, die noch korrigiert werden müssten.

Das Gesundheitsministerium teilte am Montag unterdessen mit, das sich der Grüne Pass mittels QR-Code um mindestens eine Woche verzögert. Als Grund dafür werden kurzfristig durch die EU bekannt gegebene Änderungen der technischen Anforderungen genannt, die IT-Anpassungen in Österreich nötig machen. Damit werden die Österreicher ihre 3-Gs – getestet, genesen oder geimpft – vorerst in der bisherigen Form nachweisen müssen. Einen fixen neuen Starttermin für den QR-Code gibt es nicht, die Umsetzung erfolge „schrittweise“, hieß es aus dem Ministerium.