Polizistinnen und Polizisten räumen eine Party am Karlsplatz
APA/Christopher Glanzl
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Chronik

Keine eigenen Partyzonen für Jugendliche

Ordnerteams statt Partyzonen: Beim runden Tisch nach der Party und dem Polizeieinsatz vor der Karlskirche am Wochenende hat die Stadt Wien am Dienstag den Einsatz von „Awarenessteams“ entschieden. Eigene Partyzonen seien rechtlich nicht möglich.

Der für Jugendagenden zuständige Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) hatte den runden Tisch einberufen. Daran teilgenommen hatten Vertreterinnen bzw. Vertreter der Stadt, Polizei, Jugendorganisationen bzw. Jugendarbeit und auch Clubkultur. „Wir haben besprochen, dass es in Zukunft Awarenessteams im öffentlichen Raum geben soll“, sagte Wiederkehr bei einer Pressekonferenz nach dem runden Tisch.

Keine eigenen Partyzonen für Jugendliche

Ordnerteams statt Partyzonen: Beim runden Tisch nach der Party und dem Polizeieinsatz vor der Karlskirche am Wochenende hat die Stadt Wien am Dienstag den Einsatz von „Awarenessteams“ entschieden. Eigene Partyzonen seien rechtlich nicht möglich.

Es handelt sich dabei um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der IG Club Kultur. Diese haben laut Wiederkehr bereits die entsprechende Erfahrung, da sie etwa bei Festivals schon im Einsatz waren. Sie werden ab diesem Wochenende unterwegs sein – zunächst auf dem Karlsplatz und am Donaukanal. Wiederkehr kündigte in einer ersten Phase „drei Teams“ an, die immer aus vier Personen bestehen. Sie sollen ab 19.00 bis 4.00 Uhr unterwegs sein, „damit Dialog und Deeskalation“ stattfindet. Wiederkehr räumte aber auch ein, dass damit „nicht alle Probleme“ gelöst werden könnten.

Vizebürgermeister und Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) nach einem Rundem Tisch zum Thema – öffentlicher Raum – mit Vertretern der Polizei, Clubkultur und Jugendarbeit am Dienstag 08. Juni 2021 in Wien.
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Wiederkehr kündigte „zunächst drei Awarenessteams“ für mehr Dialog an

Öffentlicher Raum „darf nicht abgesperrt werden“

Außerdem kündigte der Jugendstadtrat an, dass die Stadt zusätzliche Angebote im Sommer zur Verfügung stellen wird. Im Zuge der Veranstaltungsreihe „Kultursommer“ werde es eine eigene Clubschiene in Kooperation mit Clubbetreibern geben. Wiederkehr verwies auch auf das Popfest, das in der Arena stattfinden wird.

Eigene Partyzonen für die Jugendlichen werde es aber nicht geben, sagte Wiederkehr. Öffentlichen Raum abzusperren, um in solchem Rahmen das Feiern zu ermöglichen, ist laut dem Ressortchef aus rechtlichen Grünen nicht umsetzbar. Darum müsse man schauen, dass zumindest so gut wie möglich deeskaliert werde.

Gespräch mit Willi Hejda (IG Club Kultur)

Willi Hejda (IG Club Kultur) spricht über die neue Aufgabe der „Awarenessteams“.

Wiederkehr: CoV-Sperrstundenregelung aufheben

Bei der Pressekonferenz plädierte der Stadtrat für eine Lockerung der Sperrstunde und für ein Aufsperren der Nachtgastronomie mit entsprechenden Sicherheitskonzepten. „Denn nur das wird das Bedürfnis nach Freiraum und Bewegung stillen.“ Anders sei die Situation nicht grundsätzlich zu lösen, zeigte er sich überzeugt. Er appellierte an den Bund, die CoV-Sperrstundenregelung aufzuheben. Denn auch die Ausdehnung ab 10. Juni auf Mitternacht würde das Problem nur verlagern. Die Clubs hätten heute zudem versichert, über Sicherheitskonzepte für eine rasche Öffnung zu verfügen.

Zuvor hatte auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf den Kultursommer bzw. die Schaffung von Partybereichen angeregt. „Es braucht Zonen für junge Menschen in der Stadt, die ihnen die Möglichkeit bieten, Party zu machen, ohne mit den Anrainerinnen und Anrainern in Konflikt zu kommen“, sagte er in einer Pressekonferenz. Verhältnisse wie auf dem Karlsplatz dürften sich nicht wiederholen. Ein positives Beispiel für Deeskalation sei hingegen der Donaukanal.

Nachtgastronomen: „Wir sind die Lösung“ des Problems

Der Obmann des Verbandes der Österreichischen Nachtgastronomen, Stefan Ratzenberger, forderte gegenüber Ö1 die baldige Öffnung der Nachtgastronomie. Denn durch die Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen sei ein „unglaubliches Manko an Party und Feierlaune“ entstanden.

Viele heute 17-Jährige hätten zum Beispiel noch nie eine Diskothek besucht, so Ratzenberger. „Ich glaube, dass die Nachtgastronomie hier die Lösung ist. Wir kontrollieren unsere Besucherinnen und Besucher beim Eingang. Ich denke, das wäre ganz wichtig, hier zu öffnen.“

Einer der Teilnehmer am runden Tisch war der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik-Nafs. In „Wien heute“ sah er vor allem ein Problem beim fehlenden Angebot für Jugendliche. „Die Jugendlichen sind enorm mobil. Wenn sie attraktive Angebote sehen, werden sie diese auch in Anspruch nehmen.“

Platzverbot für 13 Stunden

Die Vorgeschichte: In der Nacht von Freitag auf Samstag kam es zu Auseinandersetzungen zwischen feiernden Menschen und der Polizei. Daraufhin wurde für 13 Stunden ein Platzverbot auf dem Karlsplatz und im Resselpark verhängt. Das Platzverbot sorgte umgehend für viel Kritik.

Bürgermeister Ludwig etwa kritisierte, dass die Stadt in die Entscheidung nicht eingebunden worden war. Der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl konnte die Kritik nicht nachvollziehen, ein Platzverbot sei „nichts Besonderes“, meinte er.

Verfassungsrechtler: Platzverbot bei Gefahr zulässig

Ob das Platzverbot verhältnismäßig war, sei schwer zu klären, sagte Verfassungsrechtler Heinz Mayer. „Bewertungsfragen sind nie ganz objektivierbar“, erläuterte er. Den genauen Sachverhalt kenne er nicht, aber wenn die Angriffe ein gefährliches Ausmaß für Polizisten angenommen haben, ist ein Platzverbot gerechtfertigt.

Prinzipiell können Rechtsverletzungen, wie beispielsweise eine erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung und auch Hotspots, an denen sich gewaltbereite Menschen treffen und wo angenommen werden kann, dass das wieder stattfindet, ein Platzverbot rechtfertigen, sagte Mayer. Die Frage sei, wie die Polizei dieses begründet. „Wenn sie eine Verordnung erlässt, obwohl sie weiß, dass keine Gefahr besteht, dann ist das Amtsmissbrauch“, sagte der Experte.

Hacker: „Deeskalation funktioniert anders“

Der Wiener Sozial- und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) schloss sich am Montag der Kritik von Bürgermeister Ludwig am Vorgehen der Polizei an. Die Bilder würden einen schalen Beigeschmack hinterlassen, sagte Hacker und kündigte auch eine bessere Abstimmung und Kommunikation der Stadt mit der Polizei an. „Diese Kommunikation werden wir jetzt führen müssen.“

Weil sich das Thema des Umgangs mit großen Ansammlungen von Feiernden über den Sommer halten werde, brauche es andere Deeskalationsmechanismen. Denn die Entschärfung der Situation funktioniere aus seiner Sicht nicht nur durch starkes Auftreten der Polizei. „Deeskalation funktioniert an sich anders. Das werden wir mit der Polizei besprechen“, sagte Hacker.

Ausschließen konnte Wiederkehr am Dienstag Platzverbote für die Zukunft nicht: „Es ist eine Entscheidung der Polizei, wenn sie ein Platzverbot erlässt.“ Es dürfe aber nur das allerletzte Mittel sein. Zugleich betonte Wiederkehr, dass er „absolut null Verständnis“ dafür habe, wenn Exekutivbeamte mit Flaschen beworfen würden. Für derartiges Verhalten dürfe in Wien kein Platz sein. Auch Ludwig hielt einmal mehr fest, dass er Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten strikt ablehne.