OP im Krankenhaus Speising
ORF.at/Birgit Hajek
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Chronik

Fünf Todesfälle: Chirurg angezeigt

Ein Wiener Chirurg steht im Verdacht, für den Tod von fünf seiner Patienten verantwortlich zu sein. Es geht um Krebspatienten, deren Tod laut Sachverhaltsdarstellung fragwürdig ist. Es wird nicht ausgeschlossen, dass es weitere mögliche Opfer gibt.

Der betroffene Arzt habe im Zuge seiner Tätigkeit „einige Todesfälle durch seine nicht fachgerechte und dem nicht objektiven Standard des besonderen Fachs entsprechende Behandlung bzw. durch Unterlassung verschuldet“, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung an die Wiener Staatsanwaltschaft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Sechster Patient „dem Tode geweiht“

In der Anzeige steht der Verdacht der fahrlässigen Tötung im Raum (Paragraf 80 StGB), bei mehreren Opfern droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. Bei den Betroffenen handelt es sich um Tumorpatienten. Ein ehemaliger Kollege des Arztes wandte sich an die Kanzlei Rast & Musliu. Susanne Kurtev, die Juristin ist im Bereich Arzthaftung spezialisiert, hat im Auftrag ihres Mandanten am 26. Mai die Sachverhaltsdarstellung eingebracht.

Wiener Chirurg nach fünf Todesfällen angezeigt

Ein Chirurg des AKH ist wegen möglicher Behandlungsfehler bei Krebspatienten wegen fahrlässiger Tötung in fünf Fällen angezeigt worden. Es wird nicht ausgeschlossen, dass es weitere mögliche Opfer gibt.

Der fragwürdige Tod von fünf Patienten mit Krebserkrankungen seit dem Jahr 2017 muss nun untersucht werden. Laut Kurtev gibt es auch einen sechsten Fall, wo es zu medizinischen Auffälligkeiten gekommen sei. Der Betroffene ist laut der Anwältin „dem Tode geweiht“.

Anzeige: Unnötige Operationen

Ein vor drei Jahren verstorbener Patient wurde etwa von dem Arzt wegen eines Mundbodenkarzinoms mehrfach operiert, sodass ihm am Ende die gesamte untere Gesichtshälfte fehlte. In diesem Zustand lag der Patient wochenlang auf der Bettenstation, bis der 76-Jährige aufgrund einer massiven Blutung verstarb. „Der geschilderte Verlauf war nicht schicksalhaft und unausweichlich. Es gibt andere Therapieoptionen, bei denen das dramatische Ende des vorliegenden Falles vermieden werden kann. Die Alternativen wurden weder dem Patienten noch den Angehörigen vom Angezeigten dargelegt“, heißt es in der Sachverhaltsdarstellung.

Dadurch wurden beim Patienten Hoffnungen geweckt, die nicht berechtigt gewesen seien. Dem Mann sei eine „menschenwürdige letzte Lebensphase“ genommen worden. Ein solcher Verlust von Teilen des Gesichts in ähnlich gelagerten Fällen sei in den vergangenen 30 Jahren nicht mehr vorgekommen.

Bei einem weiteren Patienten wurde eine Tumorverkleinerung eines Geisterzellkarzinoms durch den Chirurgen durchgeführt. Dabei soll es zu einer Verletzung der Hauptschlagader gekommen sein, die der Angezeigte laut Sachverhaltsdarstellung nicht mehr kontrollieren konnte. Vier Tage später starb der 74-Jährige. Eine Obduktion wurde demnach nicht durchgeführt. Als Todesursache wurde eine Tumorprogression – eine Größenzunahme bzw. Steigerung der Metastasierungsneigung eines Tumors – verzeichnet.

AKH: Vorwürfe werden untersucht

Der Arbeitgeber des Mannes, die MedUni Wien und das Wiener AKH, wurde von der Staatsanwaltschaft über die Vorwürfe informiert. Der Mediziner wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert und die erhobenen Vorwürfe werden jetzt umgehend untersucht, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.

In einer Stellungnahme gegenüber „Wien heute“ sagte der Arzt: „Ich begrüße die Klärung des Sachverhalts durch das AKH Wien und die Medizinische Universität Wien und bin davon überzeugt, dass sich kein Fehlverhalten zeigen wird.“

Die Juristin, die die Sachverhaltsdarstellung eingereicht hat, geht davon aus, dass es weitere Opfer geben könnte. Betroffene können sich an die Kanzlei wenden.