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Leere Fitnessstudios trotz Pandemie-Kilos

Fast ein Drittel weniger Kundinnen und Kunden gibt es in Österreichs Fitnessstudios. Im vergangenen Jahr hatten Studios nur zeitweise geöffnet, im Sommer sind sie ohnehin nicht gut besucht. In Wien droht jetzt vielen die Pleite. Die Branche befürchtet, die Menschen hätten gelernt, ohne Studio auszukommen.

Durch die Lockdowns haben die Fitnessstudios in Österreich laut Branchenschätzungen rund 25 bis 30 Prozent ihrer Stammkunden und -kundinnen verloren. „Es wird zwei Jahre dauern, um das Vor-Corona-Niveau wieder zu erreichen“, sagte der WKÖ-Branchensprecher und Fitnesscenter-Betreiber Christian Hörl.

Neue Mitgliedschaften sind im Vorjahr nur wenige dazu gekommen, Kündigungen und natürliche Abgänge blieben. Die Fitnessstudiobetreiber und -betreiberinnen fordern jetzt eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Mitgliedsbeiträge. Ähnlich wie in der Gastronomie soll die Mehrwertsteuer für begrenzte Zeit von 20 auf zehn Prozent gesenkt werden.

Pleitewelle erwartet

Wiener Branchensprecher Martin Becker sieht die kommende Zeit kritisch. Im Sommer könnten ohnehin nur wenige neue Kunden angeworben werden, viele Menschen würden jetzt einfach zuhause oder draußen trainieren: „Die Menschen haben während Corona gelernt, ohne Studio auszukommen.“

Becker befürchtet eine Pleitewelle bei den Fitnessbetrieben. Viele Studios könnten ihre Fixkosten nicht mehr zahlen, sobald Förderungen und die Kurzarbeit wegfallen, hätten es viele Betriebe schwer. „Der Mitgliederschwund macht vielen Betrieben zu schaffen. 25 bis 30 Prozent der Betriebe werden das möglicherweise nicht überstehen.“

Fitness-Boom pausiert

Vor der Krise boomte die Fitnessbranche. Immer mehr internationale Ketten drängten nach Österreich, große Betreiber verdrängten kleine Anbieter. Im Jahr 2019 hatten die über 1.200 Fitnessstudios rund 1,2 Millionen eingeschriebene Mitglieder. Der Branchenumsatz lag bei 580 Mio. Euro. 2020 sei der Umsatz der Branche um rund 30 Prozent eingebrochen, schätzt Hörl. Jeweils viereinhalb Monate waren die Studios im Jahr 2020 und 2021 geschlossen.

Aktuell liege die Auslastung bei 65 bis 70 Prozent im Vergleich zu Mai/Juni 2019, schätzt Hörl. Mit den neuen Lockerungen können ab sofort wieder mehr Menschen in die Studios. Die Quadratmeterregelung wurde halbiert, es dürfen jetzt also doppelt so viele Trainierende in die Fitnesscenter wie bisher. Außerdem wird der Mindestabstand auf einen halben Meter halbiert.

Studiobetreiber hoffnungsvoll

Einige Fitnessstudiobetreiber zeigen sich hingegen zuversichtlich. „Wir bekommen viele Anfragen von neuen Mitgliedern, die während der Pandemie einige Kilos zugelegt haben oder aufgrund von mangelnder Bewegung an Rückenproblemen leiden und jetzt voll durchstarten wollen“, so Christian Zöbl von John Harris Fitness. Die Gesundheit und ein fitter Lebensstil seien durch die Pandemie wieder in den Fokus geraten.

Die Stimmung bei den Mitgliedern selbst sei ebenfalls positiv. Viele würden sich freuen, nach der langen Durststrecke wieder im Studio zu sein: „Nachgefragt sind vor allem Dinge, die man zuhause nicht machen kann. Sauna, Wellness, Schwimmen – aber auch bestimmte Geräte.“

Personal Trainer starten wieder durch

Das Geschäft der Fitnesstrainer und -trainerinnen wurde durch das Coronavirus ebenfalls stark eingeschränkt. „Die Lage war für die Personal Trainer im Lockdown sehr schwierig, einige haben auch andere Jobs angenommen“, sagt WKÖ-Branchensprecher Hörl. Mit der Eröffnung der Fitnessclubs würden Trainer wieder „von guten Buchungen“ berichten.

Im Gegensatz zu den Studios konnten die Trainer ihre Arbeit online und im Freien anbieten. Laut Becker komme hinzu, dass die meisten Trainer während der Pandemie keine Studiomiete aufbringen mussten und dementsprechend niedrigere Fixkosten als die Studiobetreiber hatten.