Infotafel zu Laufstrecken am Zentralfriedhof
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Chronik

Weiter Streit ums Joggen am Zentralfriedhof

Der Wiener Zentralfriedhof wird seit jeher von einigen Läuferinnen und Läufern genutzt. Die Friedhöfe Wien haben deshalb eigene Laufstrecken eingerichtet. Doch das sorgte für Kritik und beschäftigt die Volksanwaltschaft.

„Es wird seit über 15 Jahren auf dem Friedhof gelaufen. Es sind nicht die Massen, die laufen. Mit den Strecken wollen wir sie auf den breiten Hauptwegen kanalisieren, wo sie niemanden stören und wo auch etwa Lkw im Schritttempo unterwegs sind“, sagte der Sprecher der Wiener Friedhöfe Florian Keusch bei der Eröffnung der Laufstrecken im Jahr 2019.

„Ich finde es nicht korrekt, dass man den Friedhof als Jogging-Parcours nutzt oder zwischen den Gräbern hier mit Mountainbike-Rädern durchfährt. Das ist absolut entwürdigend und wirklich entweihend. Die Menschen, die hier begraben wurden, waren sicher in der Annahme, dass sie hier Ruhe finden und nicht, dass sie hier in einem Freizeitpark begraben werden“, kritisierte Victor Wagner, Präsident der jüdischen Organisation B’nai B’rith, 2019 im Gespräch mit der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“.

Wir haben nachgefragt zum Thema: Joggen am Zentralfriedhof?

Diese Frage hat schon vor zwei Jahren in unserer Sendung für Diskussionen gesorgt. Während Sportler begeistert sind, monieren andere Friedhofsbesucher, dass sie sich in ihrer Trauer gestört fühlen. Volksanwältin Gertrude Brinek argumentierte die Nutzung als Laufstrecke sei nicht mit der Widmung des Grundstücks als Friedhof vereinbar. Volksanwalt Werner Amon hat überprüft, was sich verändert hat.

„Hauptsächlich Nordic-Walker“ auf beschilderten Strecken

Den Wiener Zentralfriedhof gibt es seit 1874. Drei Millionen Menschen wurden hier begraben. Es gibt die zwei markierten „Laufstrecken“, doch es ist nicht verboten, auch Abseits davon zu laufen.

„Die Laufstrecken selbst führen nicht durch den jüdischen Friedhof, sondern befinden sich nur auf unserem Gelände des Friedhofs. Zusätzlich muss man erwähnen, dass hauptsächlich Nordic-Walker bzw. Walkerinnen die beschilderten Strecken nutzen“, hieß es in einer Reaktion von Keusch von den Friedhöfen Wien gegenüber dem „Bürgeranwalt“, der jetzt erneut in der Sache nachgefragt hat.

„Wir halten das für widmungswidrig“

Bereits vor zwei Jahren hatte sich die damalige Volksanwältin Getrude Brinek mit den Läuferinnen und Läufern am Zentralfriedhof befasst. Volksanwalt Werner Amon hat die Agenden von Brinek übernommen und damit auch das Thema Laufen am Friedhof.

Amon sieht sich noch nicht am Ziel. „Nach wie vor ist eine Laufstrecke ausgeschildert. Das halten wir für nicht in Ordnung, wir halten das für widmungswidrig. Insofern kommt der Magistrat in Beziehung, weil die Stadt ist zuständig als Gemeinde, dass es zu einer widmungsgemäßen Verwendung kommt. Und Fakt ist, die Grundstücke sind als Friedhof gewidmet und nicht als Sportanlage“, sagte Amon. Das werde er den Friedhöfen auch schriftlich übermitteln, kündigte der Volksanwalt an. Die Causa geht damit in die nächste Runde.