Polizeiautos vor Kirche in Floridsdorf am  27. Dezember 2018
APA/Hans Punz
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Chronik

Überfall auf Schulbrüder geklärt

Der brutale wie mysteriöse Überfall auf sechs Ordensbrüder der Wiener Schulbrüder in Floridsdorf kurz nach Weihnachten 2018 ist geklärt. Zweieinhalb Jahre nach der Tat wurde ein Verdächtiger in Kroatien festgenommen, bestätigte die Polizei.

Laut Chefinspektor Helmut Pöttler vom Landeskriminalamt Wien handelt es sich um einen 49-jährigen Kroaten, der keinen Wohnsitz hat und auf der Straße lebt. Er habe ein Geständnis abgelegt. Jahrelang fehlte vom Täter jede Spur. Auch eine Belohnung von 30.000 Euro, die Veröffentlichung eines Phantombildes und ein Fahndungsaufruf in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ brachten zunächst keinen entscheidenden Hinweis.

Viel Polizei vor Kirche in Floridsdorf am 27. Dezember 2018
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Fünf Schulbrüder wurden schwer verletzt, einer der Kirchenmänner befand sich in Lebensgefahr

DNA-Treffer führte auf richtige Spur

Dann kam es laut Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, zu einem DNA-Treffer – und am 11. Mai dieses Jahres wurde der Verdächtige in Zagreb festgenommen. Nach seiner Auslieferung führten die Wiener Ermittler stundenlange Einvernahmen. Schließlich habe der 49-Jährige „den Vorfall genau geschildert und die Tat gestanden“, sagte Pöttler.

Als Motiv nannte der Mann „Hass auf die katholische Kirche“, er selbst hat aber keinen Bezug zu den Schulbrüdern. Bussek zufolge ist der Kroate „sehr kooperativ“ gegenüber den Behörden. Der Täter brach am 27. Dezember 2018 kurz nach Mittag durch die katholische Kirche Maria Immaculata in Strebersdorf ins angrenzende Gebäude der von den Geistlichen betriebenen De-La-Salle-Schule ein.

Überfall auf Schulbrüder geklärt

Der brutale wie mysteriöse Überfall auf sechs Ordensbrüder der Wiener Schulbrüder in Floridsdorf kurz nach Weihnachten 2018 ist geklärt. Zweieinhalb Jahre nach der Tat wurde ein Verdächtiger in Kroatien festgenommen, bestätigte die Polizei heute.

Geistliche brutal misshandelt

Nach und nach überwältigte er einen Ordensbruder nach dem anderen. „Die Brutalität und Intensität (des Verbrechens) war auch für mich überraschend“, sagte der erfahrene Leiter des Ermittlungsdienstes des Landeskriminalamts Wien, Oberst Michael Mimra.

Die Geistlichen wurden brutal durch Schläge und Tritte zu Boden gebracht. Weitere Misshandlungen seien in einem nahe gelegenen Büroraum gesetzt worden. Alle Opfer wurden gefesselt und geknebelt. Fünf Schulbrüder wurden schwer verletzt, einer der Kirchenmänner befand sich sogar „einige Monate“, so Mimra, in Lebensgefahr. Erst nach rund vier Stunden konnte einer der Überfallenen seine Fesseln abstreifen und Hilfe holen.

Über 500 Spuren gesichert

Über 500 Spuren wurden nach der Tat laut Pöttler gesichert. Viele Spuren hatte der Täter mit einem chemischen Mittel zerstört, bei anderen handelte es sich um Mischspuren, allerdings wurde auf einer Wasserflasche dann eine vollständige DNA-Spur sichergestellt. In Österreich gab es laut Pöttler keinen Treffer zu dem Unbekannten. Deshalb wurde in den angrenzenden Ländern nachgefragt.

Im Frühjahr 2021 kam die Information aus Deutschland, dass die DNA bereits an einem Tatort Anfang der 2000er Jahre sichergestellt wurde. Die Erbinformation gehört zu einem Kroaten, der im Nachbarland wegen schweren Raubes und Geiselnahme verurteilt worden war.

Fünf bis 15 Jahre drohen

Als bekanntwurde, dass sich der Verdächtige in Kroatien aufhalten soll, wurde vonseiten der Wiener Staatsanwaltschaft eine nationale Festnahmeanordnung und ein europäischer Haftbefehl ausgestellt. Den 49-Jährigen festzunehmen gestaltete sich schwierig, weil er keinen festen Wohnsitz hatte und auf der Straße lebte. Am 11. Mai konnte er dann von Zielfahndern ausfindig gemacht und in Haft genommen werden. Vergangene Woche wurde er ausgeliefert und befindet sich seit vergangenem Donnerstag in der Justizanstalt Josefstadt.

Rostige Pistole
LPD Wien
Nach dem Überfall begrub der Täter eine Pistole in einem nahe gelegenen Waldstück

Gegen ihn wird wegen des Verbrechen des schweren Raubes, des Verbrechens der Freiheitsentziehung und des Verstoßen gegen das Waffenverbot ermittelt. Die Strafandrohung liegt bei diesen Delikten bei fünf bis 15 Jahren. Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen gebürtigen Serben, der allerdings die kroatische Staatsbürgerschaft hat. Mit drei Jahren war der 49-Jährige mit seiner Familie nach Deutschland ausgewandert. Er war auch immer wieder in Österreich.

Kein persönlicher Bezug zu Wiener Schulbrüdern

Laut Ermittler Pöttler sei der Mann ein sehr gläubiger Mensch, der „irgendwann den Entschluss gefasst habe, er hasse die Kirche, er muss sich an der Kirche rächen“, nachdem es zu Berichten über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche gekommen ist. Aus diesem Grund sei er nach Österreich gereist, habe sich ein Objekt ausgesucht und die Örtlichkeit genau angesehen. Einen persönlichen Bezug zu den Wiener Schulbrüdern hatte er nicht.

Rostiger Schraubenzieher
LPD Wien
Auch ein Schraubenzieher, den der Täter verwendete, um die Opfer zu bedrohen und zu verletzen, wurde sichergestellt

Nach dem Überfall, bei dem er eine Faustfeuerwaffe, Bargeld, ein iPad, eine Fotokamera und Festplatten geraubt hatte, verschanzte er sich 300 Meter vom Tatort entfernt in einem Waldstück nahe dem Sportplatz, der noch zum Gelände der Schulbrüder gehört.

Waffe und Munition in Wald vergraben

Dort verharrte er einige Stunden versteckt im Gebüsch. Dann vergrub er dort die Waffe, eine SIG Sauer P226 mit sechs Patronen im Magazin, und trat die Flucht Richtung Innenstadt an. Nach einigen Tagen kehrte er wieder zurück in seine Heimat. Die Waffe wurde nun mit Hilfe des Verdächtigen am Freitag an dem Versteck gefunden und sichergestellt. Jahrelang fehlte vom Täter jede Spur. „Es hat sehr lange so ausgesehen, dass der Fall nicht zu lösen ist“, sagte Pöttler und zeigte sich stolz auf sein Team. Laut Bussek ist der Fahndungserfolg der „akribischen und präzisen Tatortarbeiten“ zu verdanken.

Die Kongregation der Brüder der Christlichen Schulen und der Schulverein De La Salle zeigten sich in einer schriftlichen Stellungnahme erleichtert über die Nachricht der Festnahme eines Tatverdächtigen. „Für die engagierte Arbeit dürfen wir unseren besonderen Dank an die Wiener Polizei aussprechen. Sowohl unmittelbar nach dem Überfall als auch in den darauffolgenden jahrelangen akribischen Ermittlungen agierten alle Beteiligten höchst professionell und mit sehr viel Einfühlungsvermögen“, hieß es.