Die nicht amtsführende Stadträtin Judith Pühringer und der zweite Grün-Stadtrat Peter Kraus am Samstag, 19. Juni 2021, im Rahmen der Landesversammlung der Wiener Grünen
APA/Die Grünen Wien/Kato Pernegger
APA/Die Grünen Wien/Kato Pernegger
Politik

Grüne stellten Weichen für Doppelspitze

Die Wiener Grünen haben heute bei ihrer 84. Landesversammlung eine Statutenänderung beschlossen, mit der künftig eine Doppelspitze in Sachen Parteiführung ermöglicht werden kann. Zum Auftakt des Onlineevents wurde auch ein Leitantrag angenommen.

Eine Doppelspitze dürfte es in Zukunft geben. Noch ist allerdings keine Entscheidung gefallen, wer Birgit Hebein nachfolgt. Das wird erst im Herbst geschehen. Die Voraussetzungen dafür, dass künftig ein aus zwei Personen bestehendes Team an der Spitze steht, wurden mit der entsprechenden Statutenänderung aber geschaffen. Denn es scheint sehr wahrscheinlich zu sein, dass die nicht amtsführende Stadträtin Judith Pühringer und der zweite Grün-Stadtrat Peter Kraus sich gemeinsam um das Amt bewerben werden. Mit 76,3 Prozent (151 Ja-Stimmen) erreicht der Antrag eine klare Mehrheit.

Landesversammlung der Wiener Grünen am Samstag, 19. Juni 2021
Die Grünen Wien/Kato Pernegger
Die 84. Landesversammlung fand online statt

Chefposten seit 2019

Die Rathaus-Grünen durften sich bei der Wien-Wahl im Herbst 2020 über ihr bis dato bestes Ergebnis freuen. 14,8 Prozent votierten für die damals noch in der Stadtregierung befindliche Partei. Die SPÖ entschied sich jedoch dafür, die Koalition nicht fortzuführen und stattdessen mit NEOS zusammenzuarbeiten. Nach internen Querelen trat Obfrau Hebein zurück. Chef der Wiener Grünen ist seither interimistisch Landesparteisekretär Peter Kristöfel.

Der Chefposten wurde erst geschaffen, als Hebein schon Stadträtin war – konkret 2019. Zuvor gab es formal keine Obfrau bzw. keinen Parteiobmann. Die Vorgängerin Hebeins in der Stadtregierung, Maria Vassilakou, wurde zwar gerne als „Frontfrau“ tituliert, Parteichefin war sie aber nie.

Grüne stellen Weiche für Doppelspitze

Die Wiener Grünen haben heute bei ihrer 84. Landesversammlung eine Statutenänderung beschlossen, mit der künftig eine Doppelspitze in Sachen Parteiführung ermöglicht werden kann. Zum Auftakt des Onlineevents wurde auch ein Leitantrag angenommen.

Programmplanungsprozess im Herbst

Kristöfel eröffnete das Onlineevent mit einer kurzen Rede. Die Grünen, so versicherte er, würden weiter dafür kämpfen, „dass alle Menschen ein besseres Leben haben werden“. Eine sehr große Herausforderung sei dabei die Klimakrise. „Wir müssen unsere gesamte Wirtschaft auf ein nachhaltiges und gerechtes System umstellen“, betonte er.

„Auch als Partei stellen wir heute Weichen für die Zukunft. Wir wollen ein Führungsteam ermöglichen, welches kooperativ die Partei in die Zukunft führen kann.“ Im Herbst, so kündigte Kristöfel überdies an, werden die Grünen einen Programmplanungsprozess starten. Im Antrag zur Doppelspitze ist übrigens unter anderem festgehalten, dass das Duo aus mindestens einer Frau bestehen muss.

Kogler: „Was weiterbringen“

Bundessprecher und Vizekanzler Werner Kogler wurde mittels voraufgezeichneter Videobotschaft zugeschaltet: „Ich hoffe, dass wir uns bald wieder in anderem Setting sehen können, wo wir uns wirklich treffen, auch bei einer Wiener Landesversammlung.“ Die Grünen, so versicherte er, seien eine Partei, die „was weiterbringen“ würde. Das sei in der Opposition und auch in der Regierung so. „Und ihr werdet das jetzt auf eurer Ebene machen“, sagte Kogler.

Anders als der kürzlich in Linz durchgeführte Bundeskongress wird die Wiener Landesversammlung noch nicht als Präsenzveranstaltung durchgeführt. Als man begonnen habe, die Veranstaltung zu organisieren, sei noch nicht klar gewesen, ob man eine solche tatsächlich durchführen könne, hieße es dazu in der Landespartei.

Leitantrag beschlossen

Auch ein Leitantrag wurde von den mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern beschlossen. Dieser war zuvor von Kraus und Pühringer präsentiert worden. In ihm wird zum einen die Solidarität der Wienerinnen und Wiener in der Pandemie gelobt – aber auch eine Rückkehr zum früheren Wirtschafts- und Gesellschaftssystem als problematisch erachtet.

„Wir alle haben uns solidarisch verhalten und dem Schutz der Gesundheit und des Lebens andere Grundrechte untergeordnet. Wir haben verzichtet mit dem Ziel einer besseren Zukunft. Wenn wir nun gemeinsam Schritt für Schritt unsere Freiheit von Neuem gewinnen, dann sollten wir uns durch jene Prinzipien leiten lassen, die uns in der Krise stark gemacht haben: Zusammenhalt, Solidarität und eine unbeirrbare Entschlossenheit für eine bessere Zukunft für alle“, heißt es im Leitantrag.

Kampf den „Hitzeinseln“

Die Pandemie habe die Wunden und Punkte offengelegt, die ein einfaches „Weiter so“ nicht mehr zuließen. Ein simpler „Wiederaufbau“ wäre falsch. Denn einem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, dass das Klima zerstöre, Ungleichheit verstärke und Menschen auseinanderdividiere solle nicht zu alter und neuer Stärke verholfen werden. Wichtig seien etwa Initiativen zur Rettung des Klimas.

„Der Kampf gegen die Klimakrise ist eng mit der sozialen Frage in unserer Stadt verbunden. Denn wer spürt die Auswirkungen von Hitzetagen und Tropennächten am ehesten? Wohl nicht jene mit klimatisiertem Penthouse und wohltemperiertem SUV“, wird konstatiert. Gefordert wird ein Aus für fossile Energiequellen. Außerdem wird den „Hitzeinseln“ der Kampf angesagt: „Wir wollen 2030 in einer Stadt leben, in der statt hunderttausenden betonierten KFZ-Abstellflächen Alleen und Grünräume für alle Wienerinnen und Wiener entstanden sind.“

Finanzierbarkeit von Wohn- und Lebensraum

Zu den grünen „Grundpfeilern“, wie es heißt, gehört auch die Einführung der 30-Stunden-Woche sowie einer Mietzinsobergrenze von sieben Euro pro Quadratmeter. Finanzierbarkeit von Wohn- und Lebensraum könne dadurch sichergestellt werden, hieß es. Generell müsse der „Stillstand“ in Wien, für die die neue rot-pinke Koalition verantwortlich sei, aufgebrochen werden. In der Debatte wurde auch Kritik an aktuellen Vorhaben – also zum Beispiel der Markthalle am Naschmarktparkplatz oder die von der Stadtregierung initiierten Änderungen bei der Mindestsicherung – geübt.