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Politik

Wiener Mindestsicherung reformiert

Die Wiener Stadtregierung hat am Donnerstag im Landtag das Wiener System der Mindestsicherung reformiert. Die Opposition kritisierte diese Schritte. Es wurde etwa der „Beschäftigungsbonus Plus“ wieder gestrichen.

Rund 136.000 Menschen haben im vergangenen Jahr die Mindestsicherung in Wien bezogen. Nach dem System, das die SPÖ noch in der Koalition mit den Grünen eingeführt hatte. Nun wurde es abgeändert. Die Novelle wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien SPÖ und NEOS beschlossen.

Regierung: Nur 60 Anträge für „Beschäftigungsbonus Plus“

Der „Beschäftigungsbonus Plus“, die Einmalzahlung von bis zu 900 Euro für Menschen, die eine langfristige Arbeit finden, wird neu geregelt, weil es nur 60 Antragsteller gegeben habe, hieß es von SPÖ und NEOS.

„Deshalb führen wir einen neuen Beschäftigungsbonus ein, von dem in Zukunft wesentlich mehr erwerbstätige MindestsicherungsbezieherInnen profitieren werden. Familienbezogene Absetzbeträge und lohnsteuerliche Gutschriften werden künftig nicht mehr an die Mindestsicherung angerechnet“, sagte Jörg Konrad (NEOS) im Landtag.

Reform der Mindestsicherung im Landtag

Im Wiener Landtag ist am Donnerstag das unter Rot-Grün ausverhandelte Mindestsicherungsgesetz beschlossen worden. Die Opposition kritisiert diese Schritte. Es wird etwa der „Beschäftigungsbonus Plus“ wieder gestrichen.

Massive Kritik von den Grünen

Neben dem Beschäftigungsbonus fällt die so genannte Vier-Monats-Frist. So lange hatten unter 25-jährige Mindestsicherungsbezieher bisher Zeit, Erwerbsintegrationsmaßnahmen nachzuweisen. Die Grünen kritisierten die Änderungen, des damals mit ihnen ausverhandelten Paketes scharf.

Sie müssten mit „Kürzungen der Leistung, Verschärfungen der Sanktionen, der Streichung des „Beschäftigungsbonus Plus“ und der Erhöhung des Drucks“ rechnen, so Judith Pühringer, Stadträtin für soziale Gerechtigkeit (Grüne). Von den Kürzungen seien 8.988 18- bis 24-jährige Wiener und Wienerinnen potenziell betroffen.

FPÖ forderte weitere Verschärfungen

Der FPÖ gingen hingegen die Schritte nicht weit genug, weil in den vergangenen 24 Monaten 113.000 Menschen 20 Monate am Stück die Mindestsicherung in Wien bezogen haben. „Also spätestens da muss man doch erkennen, dass in der ganzen Systematik, so wie das Mindestsicherungsmodell in Wien aufgebaut ist, es einfach nicht funktioniert“, sagte Wolfgang Seidl (FPÖ).

Die ÖVP meinte, dass Wien die Mindestsicherung, wie sie der Bund unter der ÖVP/FPÖ-Regierung beschlossen hatte, nach wie vor nicht umgesetzt hat. Und man versuche „mit einem Flickwerk von Einzelmaßnahmen abzulenken und wieder nur das umzusetzen“, was der Stadtregierung passe, sagte Ingrid Korosec (ÖVP).

Stadtregierung verteidigt Reform

SPÖ und NEOS wiesen vor allem die Kritik der Grünen zurück. Die grundlegende Idee der Reform sei es, den Übergang ins Arbeitsleben zu erleichtern, sagte Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS). Die Kritik sei nicht nachvollziehbar, weil man Empfehlungen des Rechnungshofes nachkomme und auch Bereiche, wo Wien schlechter lag, nun anpasse.

Die Sozialsprecherin der SPÖ-Fraktion im Rathaus, Gabriele Mörk, sagte zu den Gründen für die Reform, dass sich etwa der bisherige Beschäftigungsbonus nicht bewährt habe: „In den letzten drei Jahren wurde er pro Jahr von nur 60 Wienerinnen und Wienern in Anspruch genommen.“ Die Zielgruppe müsse wesentlich größer sein, darum gebe es nun Adaptierungen. Das Aus für die Vier-Monats-Frist sei darin begründet, dass mit einer derartigen Orientierungsphase wertvolle Zeit verstrichen und sogar eine Verfestigung in der Mindestsicherung wahrnehmbar gewesen sei.

„Mit U25 haben wir zudem durch die engere Zusammenarbeit mit dem AMS noch gemeinsam mit den Grünen zahlreiche Verbesserungen in der Betreuung geschaffen“, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Hacker: „Sozialhilfegrundsatzgesetz ist ein Fragment“

Beschlossen wurde zudem eine Resolution, mit der die Bundesregierung aufgefordert wird, die Sozialhilfe grundsätzlich zu reformieren. „Das Sozialhilfegrundsatzgesetz des Bundes ist ein Fragment“, sagte Hacker. Deshalb habe es auch Gespräche über Änderungsvorschläge mit Sozialminister Wolfgang Mückstein von den Grünen gegeben. „Ich habe mich sehr gefreut, dass er einiges davon aufgegriffen hat und sich auch öffentlich auch schon geäußert hat, das Sozialhilfegrundsatzgesetz zu überarbeiten“, so Hacker am Vormittag.

Das Ziel einer stärkeren Harmonisierung der Sozialhilfesysteme der Bundesländer sei kläglich verfehlt worden, heißt es in einer gemeinsamen Resolution von SPÖ und NEOS. Die CoV-Krise habe gezeigt, wie wichtig ein gut ausgebautes soziales Netz sei. „Sie hat aber auch offengelegt, dass das soziale Sicherungsnetz löchriger ist als gedacht und in vielen Fällen kaum ausreicht, den Lebensunterhalt zu finanzieren.“