Der Mikrobiologe Michael wagner von der Universität Wien
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Coronavirus

Warnung vor „Miniepidemien“ im Herbst

Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien warnt im „Wien heute“-Interview vor „Mini-Epidemien“ im Herbst. Die können entstehen, wenn sich nicht ausreichend Personen impfen lassen.

„Wenn sich nur 80 Prozent der Österreicher impfen lassen, haben wir immer noch Millionen, die im Herbst ungeimpft da sein werden und das kann dann zu Mini-Epidemien führen, die dann alle belasten“, sagte Wagner im Interview. In Wien sind derzeit etwa 48 Prozent der Gesamtbevölkerung geimpft, die Altersgruppe der unter 25-Jährigen liegt aber erst bei rund fünf Prozent. Für Kinder unter zwölf gibt es derzeit noch keine verfügbare Impfung.

Bedenken bei Nachtgastronomie

Es sollte sich deshalb, so Wagner, nicht das Gefühl einstellen, dass die Pandemie vorbei sei. „Natürlich sehnt sich jeder nach Normalität und man kann den Sommer genießen. Aber man sollte sich bewusst sein, dass man den Fehler vom letzten Jahr nicht wiederholen sollte.“ Man habe durch die Impfungen zwar eine bessere Ausgangssituation. Wagner rechnet aber im Herbst aufgrund der Delta-Variante mit Herausforderungen. „Die werden umso kleiner sein, umso vorsichtiger und solidarischer wir durch den Sommer gehen.“

Im Studio: Mikrobiologe Michael Wagner

Kommen diese Öffnungen ab Donnerstag zu früh? Mikrobiologe Michael Wagner dazu im Gespräch mit Elisabeth Vogel.

Der Mikrobiologe hält es für sinnvoll, strengere Maßnahmen über den Sommer beizubehalten. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte etwa angekündigt, darüber nachzudenken. „Die Nachtgastronomie aufmachen, ohne sicherzustellen, dass dort keine Infektiösen – und das können auch geimpfte Personen sein – die Infektion weitergeben können. Das wäre zu gefährlich, meiner Meinung nach“, sagte Wagner.

Die Nachtgastronomie freut sich unterdessen auf die Öffnungen nach 15 Monaten Pause. Stefan Stürzer, Betreiber vom Club „Das Werk“, setzt etwa selbst strengere Regeln um: Das Lokal darf nur mit gültigem PCR-Test betreten werden, ein Antigen-Schnelltest gilt nicht. So hofft man eine sichere Öffnung zu erreichen. Außerdem stellt die Stadt 10.000 Impftermine für Nachtlokal-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter.

FFP2-Maskenpflicht soll bleiben

Wagner spricht sich unterdessen auch für eine FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen aus – etwa im öffentlichen Nahverkehr oder in Schulen. „Einfach um vorbereitet zu sein auf den Herbst und allen, die wollen, die Möglichkeit zu geben, sich impfen zu lassen.“ Es werde sich wohl nur noch um Wochen handeln, bis man der derzeit impfbaren Bevölkerung eine Impfung anbieten kann. Für die Kinder unter zwölf rechnet Wagner in den nächsten Monaten mit einer Lösung.

Ein weiterer Schritt zur Risikominimierung für den Herbst sieht Wagner in ausreichend PCR-Tests, etwa für Reiserückkehrer. Wichtig sei auch „ein aggressives Contact Tracing durchzuführen. Bei den geringen Infektionszahlen, die wir derzeit haben, hat man eine riesige Chance mit einem guten Contact Tracing Cluster schnell zu identifizieren und einzudämmen. Da darf man über den Sommer nicht nachlassen.“