Zahlreiche Grabkerzen rund um einen Baum, am Fundort der Leiche
APA/Herbert Neubauer
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Chronik

13-Jährige: Fahndung nach dritter Person

Nach dem Mord an einer 13-Jährigen am Wochenende in einer Wohnung in Wien-Donaustadt wird jetzt offenbar nach einem dritten Verdächtigen gefahndet. Unterdessen wurden weitere Details zu den beiden verhafteten afghanischen Jugendlichen bekannt.

Mehrere Medien berichteten am Mittwochnachmittag in ihren Onlineausgaben übereinstimmend über die Fahndung nach einer dritten Person. Laut Informationen der APA befand sich neben den bisher festgenommenen Tatverdächtigen – zwei Burschen aus Afghanistan im Alter von 16 und 18 Jahren – zumindest ein weiterer junger Mann in der Wohnung, als das Mädchen dort unter Drogen missbraucht worden sein soll.

Der mögliche dritte Beteiligte ist den Behörden namentlich bekannt, es soll sich ebenfalls um einen gebürtigen Afghanen handeln. Seitens der Landespolizeidirektion wurde die laufenden Fahndungsmaßnahmen nicht bestätigt. „Ich kann das weder bestätigen noch dementieren“, meinte ein Sprecher. Grundsätzlich könnten weitere Tatbeteiligte „im derzeitigen Ermittlungsstand nicht ausgeschlossen werden“.

Zahlreiche Grabkerzen rund um einen Baum, am Fundort der Leiche
APA/Herbert Neubauer
Am Fundort des Mädchens in der Donaustadt wurden zahlreiche Kerzen abgestellt

Mehrere Fachgutachten werden erstellt

Die Einvernahmen des 16-Jährigen und des 18-Jährigen trugen laut Polizei bisher nicht zur Aufklärung bei. Der jüngere schwieg bisher, während der ältere bestritt, etwas mit der Tötung des Mädchens zu tun zu haben. Am Mittwoch wurden die beiden in die Justizanstalt Josefstadt überstellt. Die Anklagebehörde hat nun 48 Stunden Zeit, um U-Haft-Anträge einzubringen. Die Staatsanwaltschaft gab bereits die Einholung mehrerer Fachgutachten – darunter ein Obduktionsgutachten zur Abklärung der genauen Todesursache sowie ein toxikologisches und ein molekulargenetisches Gutachten – in Auftrag.

18-Jähriger von Kinder- und Jugendhilfe betreut

Zu beiden Tatverdächtigen wurden am Mittwoch weitere Details bekannt. Der 18-Jährige, der seit Sommer 2015 in Wien lebt, wurde von der Wiener Kinder- und Jugendhilfe betreut. Er war über die Jahre in einem Krisenzentrum, einer Wohngemeinschaft, einer Einrichtung der Grundversorgung und im Betreuten Wohnen untergebracht, erfuhr die APA von der Mag Elf. „Die Betreuung wurde über seine Volljährigkeit im Rahmen von Hilfen für junge Erwachsene für weitere sechs Monate verlängert“, teilte eine Sprecherin mit.

Er habe eine Pflichtschulabschluss gemacht und eine Kochlehre begonnen. Die Lehre habe er aufgrund einer Erkrankung abgebrochen. Danach sei er bei der Inanspruchnahme von Bildungsmaßnahmen wie Kursen und Praktika sowie der weiteren Arbeitssuche unterstützt worden. „Zuletzt fand er eine Arbeitsstelle in der Gastronomie“, hieß es.

Asylverfahren noch nicht abgeschlossen

Auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab am Mittwoch eine Stellungnahme ab. Dem 18-jährigen Verdächtigen war sein subsidiärer Schutz bereits aberkannt worden. Dieser brachte dagegen im November 2019 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Seither ist das Verfahren offen. Der 18-Jährige weist drei gerichtliche Verteilungen auf, im Vorjahr befand er sich im Gefängnis. Ab 2018 erfolgten insgesamt elf polizeiliche Anzeigen, unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels.

„Wir haben in diesem Fall rasch reagiert und den Schutzstatus aberkannt. Bis zu einer Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht kann das BFA aber keine weiteren Maßnahmen setzen“, betonte BFA-Direktor Gernot Maier. Eine Abschiebung sei so nicht möglich gewesen. Laut Maier hat der 18-Jährige somit weiterhin subsidiären Schutzstatus in Österreich, solange keine Entscheidung vorliegt. Diese hätte das BVwG innerhalb von drei Monaten fällen müssen.

13-Jährige: Fahndung nach dritter Person

Nach dem Mord an einer 13-Jährigen am Wochenende in einer Wohnung in Wien-Donaustadt wird jetzt nach einem dritten Verdächtigen gefahndet. Die Einvernahmen der beiden bereits Verhafteten brachten keine neuen Erkenntnisse.

Da der Betroffene noch minderjährig war, war aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention seine Abschiebung unzulässig. Das BVwG hätte im Hinblick auf die mehrfache Straffälligkeit des Burschen jedoch die Möglichkeit gehabt, den Abschiebeschutz aufzuheben und im Sinne eines Beschleunigungsgebots eine Abschiebung ab Volljährigkeit des gebürtigen Afghanen zu ermöglichen.

16-Jähriger erst seit kurzem in Österreich

Der zweite im Tötungsfall der 13-Jährigen verdächtige Afghane, ein 16-Jähriger, kam erst im April 2021 nach Österreich stellte dann einen Asylantrag. Hintergrund ist eine Familienzusammenführung. Die Mutter und die Schwester des Burschen erhielten 2020 Asyl in Österreich. Das Verfahren des 16-Jährigen befand sich noch in Prüfung, er hatte eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erhalten. Der Bursche weist bisher keine Vorstrafen auf. Nach Informationen der APA wurde nun jedoch ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung eingeleitet. Die Kinder- und Jugendhilfe war mit dem 16-Jährigen nicht befasst gewesen.

Mädchen soll abgelegt worden sein

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl hatten am Montag Details der Ermittlungen zum Tod der 13-Jährigen aus dem Bezirk Tulln in Niederösterreich bekanntgemacht. Das Mädchen habe die beiden Verdächtigen gekannt und sie freiwillig in die Wohnung des 18-Jährigen in Wien-Donaustadt begleitet. Dort wurden ihr Pürstl zufolge Drogen – vermutlich Ecstasy – verabreicht, es hätten „Straftaten gegen die sexuelle Integrität“ des Mädchens stattgefunden.

Die näheren Umstände ihres Todes und wie sie auf die Straße kam, sind weiterhin unklar. Nach Informationen der APA soll der 18-Jährige sie aus der Wohnung getragen und in einem unweit seiner Bleibe gelegenen Grünstreifen abgelegt haben. Dittrich zufolge war das auch am Dienstag noch Gegenstand von Ermittlungen.

Viele offene Fragen

Behauptungen von Nachbarn in Boulevardmedien, die Verdächtigen hätten dafür einen Teppich verwendet, wies der Polizeisprecher zurück. Es könne ausgeschlossen werden, dass der Teppich, den ein Nachbar gefunden haben will, mit der Tat in Zusammenhang stehe, so Dittrich zu einem entsprechenden Bericht von „Österreich“ (Onlineausgabe).

Offen blieb, ob das Mädchen zum Zeitpunkt des Transports noch am Leben und bewusstlos oder bereits tot war. Pürstl stellte diesbezüglich fest, es müsse noch geklärt werden, ob eine Vorsatztat (eine auf den Tod des Mädchens gerichtete bzw. deren Ableben billigend in Kauf nehmende Handlung, Anm.) vorliege. Dafür dürfte die Einholung mehrerer medizinischer Gutachten erforderlich sein.

Keine Details zu Aussage des 18-Jährigen

Zur Verantwortung des 18-jährigen afghanischen Staatsbürgers wollte sich Dittrich nicht näher äußern. Somit blieb offen, ob er einfach nichts mit der Tötung zu tun haben will, nicht am Tatort gewesen sein will oder das Mädchen gar nicht gekannt haben will.

Fenster der Wohnhausanlage in der Donaustadt
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In dieser Wohnhausanlage in der Donaustadt befindet sich die Wohnung des Verdächtigen

Die Ermittler dürften jedenfalls überrascht sein, dass der Verdächtige überhaupt mit ihnen redet. Die normalerweise übliche Verhaltensweise – schweigsam zu bleiben – legt jedenfalls der 16-Jährige an den Tag. Weitere Festnahmen in dem Fall gab es bisher nicht, so Dittrich. Er wollte aber nicht ausschließen, dass es weitere Verdächtige gibt. Unterdessen wurde ein Detail zum Opfer bekannt. Die Kinder- und Jugendhilfe Niederösterreich teilte mit, dass „die betroffene Minderjährige an die örtlich zuständige Kinder- und Jugendhilfe angebunden und somit dieser bekannt war“.