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ORF.at/Carina Kainz
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Politik

Runder Tisch nach Tod von 13-Jähriger

Der Mord an einer 13-Jährigen in der Wiener Donaustadt sorgt jetzt auch für politische Debatten. Während die einen für eine härtere Abschiebepolitik plädieren, fordern die anderen mehr Mittel für Asylverfahren. Am Donnerstag soll es einen Runden Tisch geben.

Heftig diskutiert wird vor allem der Fall des 18-jährigen Tatverdächtigen, der bereits mehrfach vorbestraft ist. Deshalb habe es ein Verfahren gegeben, bei dem ihm sein Schutzstatus aberkannt wurde, sagte Patrick Maierhofer, Sprecher des Innenministeriums im Ö1-„Mittagsjournal“: „Aufgrund seiner Straftaten wurde gegen den Beschuldigten ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet und es wurde ihm vonseiten des Bundesamts für Fremden- und Asylwesen der subsidiäre Schutz aberkannt. Gegen diese Entscheidung hat der Mann berufen und dieses Verfahren ist seit 2019 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.“

Innenministerium sieht Gericht in der Pflicht

Zuständig sei also das Gericht, auch für eine Abschiebung, meint man im Innenministerium. Beim Bundesverwaltungsgericht sieht man das anders: Eine Abschiebung liege gar nicht im Aufgabenbereich des Gerichts. Denn dem Mann wurde der Schutzstatus vom Bundesamt für Asyl aberkannt. Gleichzeitig sei aber auch festgelegt worden, dass er nicht abgeschoben werden dürfe – vermutlich weil er damals noch minderjährig gewesen sei. Es habe sich um eine sogenannte Duldung gehandelt – der Jugendliche sei also nicht zur Ausreise gezwungen worden.

Wohl auch, weil er bis dahin nicht als gewaltsam aufgefallen sei. Seine Strafe wegen eines Drogendelikts hat er abgesessen. Beim Verein Neustart, der Häftlinge betreut, ist er „positiv“ eingeschätzt worden, zumal er auch berufstätig war.

Asylverfahren noch nicht abgeschlossen

Auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab am Mittwoch eine Stellungnahme ab. Im Juli 2019 leitete das BFA demnach ein Aberkennungsverfahren ein, im Oktober 2019 wurde dem Verdächtigen der subsidiäre Schutzstatus auch aberkannt. Es erging eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem sechsjährigen Einreiseverbot. Im November 2019 brachte der nunmehr 18-Jährige dagegen Beschwerde beim BVwG ein. Seither ist das Verfahren offen.

„Wir haben in diesem Fall rasch reagiert und den Schutzstatus aberkannt. Bis zu einer Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht kann das BFA aber keine weiteren Maßnahmen setzen“, betonte BFA-Direktor Gernot Maier. Eine Abschiebung sei so nicht möglich gewesen. Laut Maier hat der 18-Jährige somit weiterhin subsidiären Schutzstatus in Österreich, solange keine Entscheidung vorliegt. Diese hätte das BVwG innerhalb von drei Monaten fällen müssen.

Da der Betroffene noch minderjährig war, war aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention seine Abschiebung unzulässig. Das BVwG hätte im Hinblick auf die mehrfache Straffälligkeit des Burschen jedoch die Möglichkeit gehabt, den Abschiebeschutz aufzuheben und im Sinne eines Beschleunigungsgebots eine Abschiebung ab Volljährigkeit des gebürtigen Afghanen zu ermöglichen.

Kurz gegen Abschiebestopp nach Afghanistan

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wandte sich am Mittwoch nach dem Ministerrat vehement gegen jegliche Relativierungen. Wortmeldungen wie jene, dass die Eltern ihre Fürsorgepflicht nicht entsprechend wahrgenommen hätten oder die mutmaßlichen Täter traumatisiert gewesen sein könnten, lehne er „zutiefst“ ab. Es handle sich um eine unfassbare, barbarische Tat, die ihn wütend mache.

Dass Außerlandesbringungen auch weiter stattfinden würden, garantierte Kurz: „Einen Abschiebestopp nach Afghanistan wird es mit mir nicht geben.“ Man werde auch mit Entschlossenheit gegen straffällig gewordene Asylwerber vorgehen.

13-Jährige: Fahndung nach dritter Person

Nach dem Mord an einer 13-Jährigen am Wochenende in einer Wohnung in Wien-Donaustadt wird jetzt nach einem dritten Verdächtigen gefahndet. Die Einvernahmen der beiden bereits Verhafteten brachten keine neuen Erkenntnisse.

Edtstadler lädt zu Rundem Tisch

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) lädt am Donnerstag zu einem Runden Tisch. Geladen würden Experten unter anderem aus den Bereichen Frauen, Jugend, Psychologie und Arbeit, erklärte sie. Einen Schwerpunkt will Edtstadler, die während der Baby-Pause von Susanne Raab auch die Jugend- und Frauenagenden innehat, aber vor allem auch auf schnellere Abschiebungen von straffällig gewordenen Flüchtlingen legen.

Ausgehend von dem „barbarischen Mord“ wolle man auch allgemein schauen, was schieflaufe. Es gehe darum, Frauen und Jugendliche zu schützen und inwieweit bei manchen Flüchtlingen Integration überhaupt möglich sei: „Menschen, die von uns Schutz wollen und unsere Werte mit Füßen treten und das auch noch in Taten zum Ausdruck bringen, haben bei uns nichts verloren“, sagte die Kanzleramtsministerin.

Edtstadler will sich ansehen, wie Täter auch schneller außer Landes gebracht werden können. Die Frage sei, wie man die Verfahren entsprechend beschleunigen könne. Wenn jemand wie einer der Tatverdächtigen drei Mal verurteilt sei, die Abschiebung entschieden sei, der aber immer wieder berufen könne, dann müsse man sich ansehen, wo hier Änderungen möglich seien. Gegenüber oe24.tv sprach sie sich für Abschiebungen „notfalls auch während eines laufenden Verfahrens“ aus.

Grüne und SPÖ: Mehr Ressourcen für Asylverfahren

Justizministerin Alma Zadic (Grüne) zeigte sich am Rande ihrer Befragung im Ibiza-Untersuchungsausschuss erschüttert darüber, mit welch unglaublicher Brutalität bei dem Mord vorgegangen worden sei. Die Justiz werde alles daran setzen, den Fall aufzuklären. Aber auch die Asylverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht müssten schneller und zügiger durchgeführt werden. Die Stelle leide seit Jahren unter Personalmangel.

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner erklärte indes, dass Bluttaten nicht dafür missbraucht werden dürften, politisches Kleingeld zu wechseln. In einer Aussendung verlangte er selbst von Innen-, Justiz- und Finanzministerium, "endlich genügend Ressourcen freizumachen, um Asyl- und Abschiebebescheide möglichst schnell abarbeiten zu können. Dass beim Bundesverwaltungsgericht Asylverfahren Jahre dauerten, weil das Personal fehle, liege in der Verantwortung der ÖVP.

FPÖ fordert mehr Abschiebungen

Die FPÖ hat am Mittwoch erneut eine restriktivere Abschiebepraxis urgiert. Asylwerber, die bereits straffällig geworden seien, müssten konsequent außer Landes gebracht werden, forderten Generalsekretär Michael Schnedlitz und die stellvertretende Klubobfrau im Parlament, Dagmar Belakowitsch, in einer Pressekonferenz. Die ÖVP und deren Innenminister Karl Nehammer würden zwar Maßnahmen versprechen, es geschehe jedoch nichts.

Zwei 16 bzw. 18 Jahre alten Asylwerber aus Afghanistan stehen im Verdacht, eine 13-Jährige aus dem Bezirk Tulln am Wochenende in einer Wohnung in Wien-Donaustadt missbraucht und getötet zu haben. Einer der Burschen ist mehrfach vorbestraft. Für die FPÖ hätte das Verbrechen verhindert werden können, wenn der bereits straffällig gewordene Jugendliche rasch abgeschoben worden wäre. „Aber die Abschiebungen funktionieren nicht mehr“, beklagte Schnedlitz. Auch würden sich die entsprechenden Verfahren viel zu lange hinziehen.

Ins Visier wurde vor allem die ÖVP genommen, deren „Hilflosigkeit“ nicht mehr zu akzeptieren sei, wie der FPÖ-Politiker befand. Auch Belakowitsch versicherte: „Es reichen mir diese Betroffenheitsfloskeln.“ Die Politik der ÖVP sei heuchlerisch. 2020 habe Österreich die meisten Asylanträge in der EU aufgewiesen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) lasse alle ins Land, „weil er diese Herrschaften auch braucht als Billigarbeitskräfte für seine Großspender.“ Als Kollateralschaden nehme man in Kauf, dass Kriminelle mitmarschieren.