Schülerin mit Teststäbchen in der Nase
APA/Georg Hochmuth
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Politik

Kritik an Testpflicht für Kinder

Die strengeren CoV-Regeln in Wien sorgen für Kritik. Vor allem gegen die Testpflicht für Kinder ab sechs Jahre gibt es Widerstand. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verteidigt diesen Weg. Man mache das „nicht aus Jux und Tollerei“.

Während bundesweit mit dem 1. Juli viel gelockert wurde, hat sich die Bundeshauptstadt unter Ludwig für teilweise strengere Regelungen entschieden. Hier gilt nun eine Coronavirus-Testpflicht für Kinder bereits ab sechs Jahren, etwa in der Gastronomie oder im Schwimmbad. Noch dazu sind die „Wohnzimmertests“ in Wien generell nicht mehr als Zutrittsberechtigung erlaubt.

Diskussion um Coronatests ab sechs Jahren

Testen ab sechs Jahren für den Eintritt etwa zu Feriencamps, das kommt in der Branche nicht besonders gut an. Generell sind die Meinungen gemischt, wenn es ums Testen für Kinder geht.

Nunmehr acht Gratis-Gurgeltests pro Person

Um das Testen von Kindern zu erleichtern, wie es hieß, hat Wien ab sofort bei der PCR-Aktion „Alles Gurgelt“ zusätzliche Maßnahmen ergriffen. So werden in den Bipa-Filialen, die für die Ausgabe der Testkits zuständig sind, acht Sets pro Person und Woche ausgegeben, teilte das Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) mit. Bisher waren vier Stück die Höchstgrenze.

Auch die städtischen Jugendzentren sowie Organisationen, die Sommerlager veranstalten – also etwa die Pfadfinder oder die Jungschar – werden mit Kits ausgestattet. Zudem seien die „Alles Gurgelt“-Befunde nun vollständig auf den Grünen Pass umgestellt, wurde betont. Die EU-konformen Testzertifikate würden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern automatisch zugestellt, was das Reisen ins EU-Ausland erleichtere.

Köstinger: Schwierige Planung für Familien

Scharf kritisiert wurde der Alleingang Wiens unter anderem von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP): „Am Tag vor gut geplanten bundesweiten Öffnungsschritten einseitig die Regeln zu ändern ist völlig absurd.“

„Wie stellt man sich vor, dass sich Gastronomie und Tourismus in weniger als 24 Stunden auf diese neuen Regeln einstellen soll?“, fragte sie: „Das ist vollkommen unprofessionell und ein Schlag ins Gesicht Tausender Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich gewissenhaft vorbereitet haben und nun überfallsartig geänderte Regeln umsetzen sollen. Auch bei den Gästen stiftet diese chaotische Vorgangsweise völlig unnötige Verwirrung.“

Die Vorgangsweise Wiens gehe auch völlig an der epidemiologischen Realität vorbei, so die Ministerin. Es gebe keinen plausiblen Grund für diese Verschärfungen. „Dass Wien nun die 3-G-Regel auf Kinder ab sechs Jahren ausweitet, macht die Planungen für viele Familien extrem schwierig und greift in eine bislang sehr gut funktionierende bundesweite Teststrategie ein“, sagte Köstinger.

Hacker: „Schicke ihr gerne einen Experten“

Gesundheitsstadtrat Hacker wies die Kritik vehement zurück. „Die Frau Köstinger verwechselt offensichtlich die Pandemie mit einem Jungscharlager der Jungen ÖVP“, sagte Hacker im Ö1-Mittagsjournal. Die Ministerin habe sich schon als „ausgezeichnete Virologin“ bekannt gemacht, als sie im Vorjahr den Burggarten gesperrt habe. Er schicke ihr gerne einen Experten, der ihr erkläre, was eine Pandemie sei, sagte Hacker.

Ludwig: Nicht den Sommer verschlafen

Auch Bürgermeister Ludwig ließ die Kritik nicht gelten. „Wir machen das ja nicht aus Jux und Tollerei“, sagte er am Rande einer Pressekonferenz. Er sei überzeugt, so betonte er, dass die Delta-Mutation eine große Herausforderung darstelle. An die Maßnahmen, die in Wien verordnet worden seien, hätten sich die Menschen zudem schon gewöhnt.

Kinder etwa würden in der Schule bereits getestet. „Und es ist einsichtig, wenn wir bis jetzt der Meinung waren, dass wir Kinder in diesem Alter testen, dass wir das auch tun, wenn Schulferien sind.“ Denn das Virus habe keine Ferien. Man müsse alles daran setzen, verschärfte Maßnahmen wie im vergangenen Herbst zu verhindern. „Ich sehe mich auch eins mit den Sozialpartnern in Wien“, sagte der Bürgermeister. Diese hätten große Sorge, dass es zu einem neuerlichen Lockdown kommen könnte.

Vergangenen Sommer habe man argumentieren können, dass die Situation damals neu war. Das sei nun nicht mehr der Fall. Er wolle nicht im Herbst gefragt werden, ob die Politik den Sommer verschlafen habe, hielt Ludwig fest.

Familienverband will Fast Lane für Kinder bei Teststraßen

Der katholische Familienverband Wien kritisiert die Änderungen ebenfalls. Familien müssten ent- und nicht belastet werden. „Eltern haben sich nach den Strapazen der letzten Monate Erleichterungen verdient. Stattdessen verschärft die Stadt Wien die Gangart und bürdet Eltern noch mehr auf“, beklagte Barbara Fruhwürth, die Vorsitzende des Verbandes. Der Besuch der Ferienbetreuung werde ebenso erschwert wie ein spontaner Ausflug ins Schwimmbad oder in den Eissalon. Sie forderte unter anderem die Einrichtung einer „Fast Lane“ für Kinder bei Teststraßen.

Auch in der Gastronomie ist man mit der verschärften Wiener Regelung nicht glücklich. Spartenobmann Mario Pulker kritisierte in der ZIB2, dass Wien einen eigenen Weg geht. „Ich finde das grundsätzlich nicht vernünftig, weil das wäre eine Insellösung: Wien ist kein gallisches Dorf.“ Die Leute würden dann einfach Tagesausflüge nach Niederösterreich oder ins Burgenland machen. Das treffe dann die Gastronomie in Wien, so Pulker.

Pulker (WKÖ) über Gastronomiepreise

Laut Arbeiterkammer sind in Österreich die Preise in Gasthäusern und Restaurants stärker gestiegen als in anderen Ländern. In der ZIB2 ist Mario Pulker, Obmann Gastronomie in der Wirtschaftskammer, zu Gast.

Verständnis von Mückstein und Faßmann

Zustimmung kommt von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein vom grünen Koalitionspartner. Er begrüßt den Wiener Vorstoß: „Im urbanen Raum ist das Testangebot ein besonders gutes. Ich begrüße daher die Initiative.“

Auch Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) verwies am Rande einer Pressekonferenz darauf, dass die Schule als Testinstitution nun für zwei Monate ausfalle. Das sei zu berücksichtigen. „Ich verstehe, wenn man sagt, wer bestimmte Einrichtungen in Anspruch nimmt, soll sich testen.“ Auch andere Institutionen wie etwa Ferienangebote würden das Testloch füllen.