Lehrerinnen mit Schüler
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Schule

Pandemie-Lücken für Schüler schließbar

In Wien ist am Freitag ein von Corona geprägtes Schuljahr zu Ende gegangen. Dass durch die Lockdowns eine Generation verloren gegangen ist, wie oft gesagt wurde, glaubt Bildungspsychologin Christiane Spiel nicht. Es liege an der Gesellschaft, „an uns allen“, sie zurückzuholen.

Nur die letzten sechs Schulwochen des Schuljahres 2020/21 verliefen halbwegs normal. Davor prägten Heim- und Fernunterricht sowie Lockdowns den Unterricht. Natürlich kamen manche Schülerinnen und Schüler besser durch diese Zeiten, andere weniger gut. Manche Schüler sprachen von „nervigem Homeschooling“ oder von einer „schweren Zeit“, so mancher Erwachsener befürchtete sogar den Verlust einer ganzen Generation.

Nicht ganz so dramatisch sieht Christiane Spiel, Bildungspsychologin an der Universität Wien, die Folgen. Pandemiebedingte Lernlücken ließen sich schließen, keine Generation gehe verloren, „wenn wir es nicht dazu machen. Es liegt an uns, sie zurückzuholen“, sagte sie im „Wien heute“-Interview.

Gemeinsame Verantwortung Kind, Eltern und Lehrer

Große Defizite könnten nicht schnell aufgeholt werden. Eltern, Lehrer und Kind müssten zusammenarbeiten, miteinander sprechen, es brauche „eine maßgeschneiderte Förderung“. Eine individuelle Förderung wäre die wichtigste Schraube, an der man drehen müsste, um Defizite aufzuholen. Es brauche eine individuelle und maßgeschneiderte Förderung für das Kind im Sinne einer gemeinsamen Verantwortung, „also die Verantwortung hat das Kind, die Erziehungsberechtigten und Lehrer“, so Spiel.

Bildungspsychologin Spiel
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Christiane Spiel

Wobei maßgeschneidert als ein Bündel zu verstehen sei, präzisierte Spiel. Vielleicht brauche es ein Buddy-System, wo ein anderes Kind hilft, vielleicht ein Mentoring von Erwachsenen, die besser helfen können als die Eltern, und dann vielleicht ein Sommercamp und gezielte fachliche Förderung – „also eine richtige Mixtur, die maßgeschneidert für das Kind ist“.

Kleine Schritte mit Ermutigung

In den Ferien mit Druck versuchen, versäumte Lehrinhalte aufzuholen, ist für Spiel keine gute Entscheidung: „Welches Kind, das schon jetzt große Schwierigkeiten hat, wird das in den Ferien können?“ Es brauche kleine Schritte, keine großen Brocken, es brauche Mut und Selbstvertrauen. Man sollte Eltern dazu bringen, zu sagen: „Du kannst das schaffen!“.

Entspannung und Arbeitsplan

Die Ferien sollten unbedingt zur Entspannung genützt werden. Aber man könne sich zum Beispiel einen gemeinsamen Arbeitsplan machen. Der Sommer habe neun Wochen, vielleicht geht das Kind in die Sommerschule. Dann blieben noch sieben Wochen, so Spiel: „Dann kann man sich überlegen, wie viel Freizeit brauch man, wann nimmt man die und wo sind die größten Defizite? Und damit lernt man dem Kind, sein Lernen einzuteilen, was auch ganz wichtig ist.“ Wichtig sei jedenfalls, wirklich dranzubleiben, und nicht nur das Kind alleine: Eltern, Schule und Kind sollten gemeinsam einen Plan machen, „wie es gehen kann und immer wieder überprüfen, ob es überhaupt klappt“.

Spiel sieht die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung, konkret natürlich Eltern, Lehrer und Kind gemeinsam. Möglicherweise müsse die Gesellschaft auch mehr unterstützen. Es gebe viele Bildungsnetzwerke, die Personen könnten vielleicht mit Mentoring helfen. „Es liegt an uns“, so Spiel.