Verkehr

ÖAMTC: Umweltbelastung durch Lobautunnel-Aus

Der ÖAMTC hat am Dienstag Berechnungen zum umstrittenen Lobautunnel vorgestellt: Ein Tunnelstopp sorgt demnach für eine höhere Umweltbelastung. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hält derweil an der Evaluierung fest.

Die Konsequenzen der ÖAMTC-Berechnungen sind laut eigenen Angaben unerwartet: „So überraschend das auch klingen mag: Eine Verschiebung oder gar Verhinderung des Lobautunnels spart keine CO2-Emissionen und Kosten ein, sondern sorgt für eine höhere Belastung bei Umwelt und Betroffenen“, sagte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, am Dienstag.

Überlastungsstaus auf Tangente

Grund dafür seien die häufigen Überlastungsstaus auf der Südosttangente (A23), die erst nach dem Bau des Lobautunnels der Vergangenheit angehörten. „Jedes Jahr, in dem der Lobautunnel später fertiggestellt wird, entstehen auf der überlasteten Südost Tangente über 500 Millionen Euro an vermeidbaren Staukosten. Zusätzlich werden beinahe 75.000 Tonnen an Treibhausgasen freigesetzt – mehr als eineinhalbmal so viel, wie der gesamte Inlandsflugverkehr pro Jahr produziert“, führte Wiesinger weiter aus.

Als Grundlage für die Berechnungen des ÖAMTC diente das UVP-Verfahren für die S1 – die geplante Nordostumfahrung samt Lobautunnel ist eine Verlängerung davon –, in dem für die A23 je nach Abschnitt eine Entlastungswirkung zwischen zehn und 29 Prozent festgestellt wurde.

Gewessler hält an Evaluierung fest

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit wiederum ergebe sich, dass es auf der Südosttangente 45 Wochen pro Jahr durchschnittlich an vier Tagen die Woche für sechseinhalb Stunden in jede Richtung auf sechseinhalb Kilometern zu Stau und Verzögerungen komme, hieß es. „Unsere Annahmen sind durchwegs vorsichtig. Wir gehen davon aus, dass Pkws in den Staubereichen im Schnitt anstatt mit 80 km/h und Lkws anstatt mit 60 km/h nur mit 15 km/h unterwegs sind“, so Wiesinger.

Die Debatte rund um den seit Jahren umstrittenen Lobautunnel flammte jüngst erneut auf, als bekanntwurde, dass Umwelt- und Verkehrsministerin Gewessler derzeit das Bauprogramm der ASFINAG evaluieren lässt und damit die Planung für diese Vorhaben zumindest bis Herbst gestoppt sind. Zu den Projekten, die gecheckt werden, zählt eben auch die Nordostumfahrung. Am Dienstag bekräftigte die Ministerin im Ö1-Mittagsjournal, an ihren Plänen festzuhalten.

Stadt prüft rechtliche Schritte

Was die Evaluierung konkret bedeutet, ist zwar noch offen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte bei einem Stopp vorsorglich aber bereits juristische Schritte an. Auch die Wirtschaftskammer Wien prüfe rechtliche Schritte, wie ihr Präsident Walter Ruck am Montag gegenüber „Wien heute“ sagte.

WK prüft Klage gegen Lobautunnel-Stopp

Auch die Wirtschaftskammer Wien prüft nun nach der Stadt rechtliche Schritte im Fall eines Stopps des Lobautunnelprojekts. Laut Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulrike Sima (SPÖ) stehen deshalb Stadtentwicklungsprojekte in Aspern auf der Kippe.

Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) warnte am Montag zudem davor, dass ein Lobautunnel-Aus auch unweigerlich ein Aus für die Stadtentwicklung rund um das Flugfeld Aspern bedeutete. Wohnungen für 60.000 Menschen könnten damit nicht gebaut werden.

Klimaschützer: „Panikmache und Desinformation“

Auf der anderen Seite stehen die Projektgegnerinnen und Gegner und Klimaschützerinnen und -schützer, die vor einigen Tagen im Zuge einer Großdemonstration einen endgültigen Baustopp für den Lobautunnel forderten. Am Dienstag kritisierte außerdem die Umweltorganisation Virus: „Sima und Ludwig flüchten sich hier in Panikmache und Desinformation. Die Misere bei Seestadt, S1-Spange und Stadtstraße Aspern hat die Stadt Wien mitzuverantworten, dass die Seestadt Nord an den Autobahnen hängt wurde so beantragt und dass nun die S1-Spange Seestadt nicht so weit ist, geht voll auf Kosten von Sima“, hieß es in der Aussendung.

„Auch dem Lobautunnel fehlen noch die Bewilligungen“, so Virus-Sprecher Wolfgang Rehm. „Es handelt sich dabei um eine bewusst herbeigeführte Verknüpfung, um absichtlich eine Notsituation herbeizuführen, wenn die Prestige-Straßenprojekte nicht kommen“, vermutete Rehm.

Der ÖAMTC wies in seiner Aussendung darauf hin, dass eine mehrjährige Verzögerung für die Fertigstellung der S1 außerdem im Raum stehe, weil aufgrund des Ausbaus der Bahnstrecke Richtung Bratislava möglicherweise der Wasserrechtsbescheid für das Lobautunnel-Projekt seine Gültigkeit verlieren könnte und das wasserrechtliche Verfahren neu aufgerollt werden müsse.