Baustelle in der Seestadt Aspern
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Verkehr

Lobautunnel: Sima will UVP nicht angreifen

Wiens Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hat ihre Forderung nach einer Umsetzung der Wiener Nordostumfahrung (S1) bekräftigt. Sie argumentierte, dass die Stadt durch die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) der Seestadt verpflichtet ist. Die UVP will sie nicht angreifen.

Ohne S1-Verlängerung und Lobautunnel dürften Wohnungen für 60.000 Personen nicht gebaut werden, sagt Sima. „Diese Umweltverträglichkeitsprüfung ist angefochten worden, ist durch mehrere Instanzen in die höchste Instanz zum Höchstgericht gegangen, mit gewissen Auflagen und Änderungen dort bestätigt worden. Und wir müssen diese Auflagen jetzt erfüllen“, sagte sie im „Wien heute“-Interview.

Sie will sich deshalb in Gesprächen mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) nochmal für das Projekt starkmachen. „Ich persönlich glaube, dass der Ministerin nicht bewusst war, dass da die ganze Stadtentwicklung im Norden Wiens dran hängt.“ Außerdem rief sie im Interview nochmal in Erinnerung, dass das Projekt von ihren beiden Vorgängerinnen geplant wurde, die beide von den Grünen gestellt wurden.

Seestadt würde „Schlafstadt“ werden

Die grüne Ministerin ist es jetzt auch, die das umstrittene Umfahrungsprojekt, das unter anderem einen Tunnel durch die Lobau vorsieht, evaluieren lässt. Zur Verbindung gehört auch eine Schnellstraße zum ehemaligen Flugfeld und nunmehrigem Stadtentwicklungsgebiet Aspern. Diese Spange würde von der Asfinag errichtet werden. Die sogenannte Stadtstraße, die zur A 23 führt, wäre von der Stadt zu bauen.

Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) im Interview

Es würde durch eine Erschließung auch die Möglichkeit geschaffen, Betriebe anzusiedeln. Geschehe dies nicht, würde die Seestadt zur reinen „Schlafstadt“ verkommen. Rein theoretisch könnten die Verbindungen auch ohne Anbindung an eine Umfahrungsstraße errichtet werden, das mache aber keinen Sinn, gab Sima zu bedenken.

Kritik an Evaluierung

Sollten Spange und Stadtstraße hingegen kommen, würde man zugleich „Schleichwege“ durch die Donaustadt unattraktiv machen, versprach sie eine Verkehrsberuhigung in anderen Bezirksteilen. Der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SPÖ) berichtete, dass dort die Bewohnerinnen und Bewohner massiv unter der zunehmenden Verkehrsbelastung leiden würden. Die von Verkehrsministerin Gewessler angekündigte Evaluierung rügte er harsch: „Das was hier passiert, ist unter jeder Kritik.“

Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) vor einem Wien-Plan
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Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) fordert mit Mitstreitern die Umsetzung der Wiener Nordostumfahrung (S1)

Analysen, wonach die S1-Verlängerung zu mehr Verkehr führt, wischte Sima weg. „Es kommt immer auf die Begleitmaßnahmen an. Wenn wir die Wohnungen nicht in Wien bauen, dann werden die Leute woanders hinziehen und es wird ziemlich sicher im Speckgürtel sein. Das hat dann sehr große negative Klimaauswirkungen, weil die haben dort keine U-Bahn.“

Seestadt in Gefahr

Der Vorstandssprecher der Aspern-Development AG, Gerhard Schuster, führte aus, dass die Seestadt als Stadt der kurzen Wege konzipiert sei, wo Wohnen und Arbeiten verbunden werden solle. Man setzte auf Fuß-, Rad- und Öffi-Verkehr. 20 Prozent werde aber auch der motorisierte Individualverkehr ausmachen. Würden die beiden Verbindungsadern nicht realisiert, könnten mehr als 50 Prozent der Seestadt nicht gebaut werden, beklagte Schuster.

Auch Wohnbauvertreter warnten vor einem Aus für zahlreiche bereits konzipierte Projekte. So hielt etwa der Vorstandsdirektor der ARWAG-Holding, Thomas Drozda, fest, dass man als Projektbetreiber Rechtssicherheit brauche. Und er betonte, dass es jedenfalls sinnvoll sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, dies aber nicht immer möglich wäre. So berichtete er von einem Teigtaschen-Produzenten, der dort angesiedelt sei. Dieser könne seine Ware wohl kaum mit der U-Bahn in die Stadt transportieren, gab er zu bedenken.

SPÖ für Grüne „Betonierer“

Die Wiener Grünen verteidigten die Evaluierung und wiesen die rote Kritik zurück. „Stadträtin Sima und die Wiener Stadtregierung entlarven sich erneut als Betonierer und Blockierer. Der Klimacheck für Neubauprojekte der ASFINAG ist angesichts des gemeinsamen Ziels zur Klimaneutralität 2040 vernünftig und richtig“, zeigte sich der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus überzeugt. Die gleiche Energie, mit der die SPÖ „für Beton kämpft“, brauche man dringend beim Kampf für Klimaschutz und mehr öffentlichen Verkehr, befand er.