Herbert Föttinger
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Kultur

„Mr. Josefstadt“ Herbert Föttinger wird 60

Seit 2006 ist Herbert Föttinger Direktor im Theater an der Josefstadt – und bis 2026 will er das auch noch bleiben – und so zum „zweitlängstdienenden“ Direktor überhaupt werden. Auch in jungen Jahren war er dem Theater verbunden, am Sonntag feiert „Mr. Josefstadt“ seinen 60. Geburtstag.

Sein aktueller Fünf-Jahresvertrag soll jedenfalls der letzte sein: „2026 ist Schluss. Ich werde dann definitiv aufhören. 20 Jahre sind genug“, sagte er bei einer Pressekonferenz im Juni. Er werde dann „der zweitlängstdienende Direktor nach Josef Jarno“ sein.

Gründete schon mit 16 eine Jugendtheatergruppe

Herbert Föttinger wurde am 25. Juli 1961 in Wien geboren. Er besuchte das Schottengymnasium und das musisch pädagogische Gymnasium Marianum. „Noch während seiner Schulzeit gründete er mit 16 Jahren eine Jugendtheatergruppe mit dem klingenden Namen ‚Troubadour‘ im niederösterreichischen Waldviertel, mit der er 1981 mit ‚Die Troerinnen‘ von Euripides in einer Co-Produktion mit Hilde Weinbergers ‚Theater im Werkraum‘ Österreich bei den internationalen Amateurtheatertagen in Monaco vertrat“, verrät seine Biografie auf der Website des Theaters in der Josefstadt.

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Conchita Wurst und Herbert Föttinger während des Life Ball 2018
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Conchita Wurst und Herbert Föttinger während des Life Balls, 2018
Peter Handke und Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger 2011, bei der Verleihung der Nestroy-Preise 2011
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Herbert Föttinger und Peter Handke, 2011
Herbert Föttinger (Friedrich Hofreiter) und Sandra Cervik (Genia) während der Fotoprobe von Arthur Schnitzlers „Das weite Land“  2010
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Herbert Föttinger (Friedrich Hofreiter) und Sandra Cervik (Genia) in „Das weite Land“, 2010
Herbert Föttinger als Gustav Schröder während einer Probe des Stückes „Die Reise der Verlorenen“ 2018
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Herbert Föttinger als Gustav Schröder in „Die Reise der Verlorenen“, 2018
Herbert Föttinger als „Oberst Stjerbinsky“ während der Fotoprobe von „Jacobowsky und der Oberst“ 2019 Premiere
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Herbert Föttinger als Oberst Stjerbinsky in „Jacobowsky und der Oberst“, 2019
Herbert Föttinger als „Johannes“ während der Fotoprobe von „Rosmersholm“ 2019 statt
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Herbert Föttinger als „Johannes“ in „Rosmersholm“, 2019
Peter Turrini und Herbert Föttinger 2014
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Peter Turrini und Herbert Föttinger, 2014
Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger mit Otto Schenk 2020
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Herbert Föttinger mit Otto Schenk, 2020
Herbert Föttinger als Sigismund in „Das Leben ein Traum“, 1999
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Herbert Föttinger als Sigismund in „Das Leben ein Traum“, 1999
Herbert Föttinger als „Georges“ während einer Fotoprobe von „La Cage aux Folles“ in den Kammerspielen in Wien 2015
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Herbert Föttinger als Georges in „La Cage aux Folles“, 2015
Herbert Föttinger als Oberst Tadeusz Boleslav Stjerbinsky in „Jacobowsky und der Oberst“, 1997
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Herbert Föttinger als Oberst Tadeusz Boleslav Stjerbinsky in „Jacobowsky und der Oberst“, 1997

Nach der Matura nahm Föttinger privaten Schauspielunterricht, spielte in der deutschen und österreichischen Provinz und wurde von Emmy Werner als Gast ans Volkstheater Wien geholt. Karlheinz Hackl engagierte ihn für seine Inszenierung von Horváths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ als Alfred ans Theater in der Josefstadt, wo er am 2. Februar 1994 debütierte und im selben Jahr einen Ensemblevertrag erhielt.

Rascher Aufstieg zum Josefstadt-Jungstar

In der Folge wurde er rasch zum Josefstadt-Jungstar und zu einem der wesentlichen Protagonisten des Hauses, in der er seither in über fünfzig Hauptrollen zu sehen war – von Liliom und Rappelkopf („Der Alpenkönig und der Menschenfeind“) über Mackie Messer und Torvald Helmer („Nora“) bis zu Friedrich Hofreiter in „Das weite Land“. Als Schauspieler war er u.a. auch bei den Salzburger Festpielen, bei den Festspielen in Reichenau, am Schauspielhaus Köln und an der Wiener Volksoper engagiert. 2012 wurde ihm der Titel Kammerschauspieler verliehen.

Seit 2004 führte Föttinger, der seit 1997 mit der Schauspielerin Sandra Cervik verheiratet ist und mit ihr einen Sohn hat, auch regelmäßig Regie am Theater in der Josefstadt, etwa in Nestroys „Kampl“, „Der Diener zweier Herren“, „Anatol“ sowie Stücken von Peter Turrini und Daniel Kehlmann. Als Regisseur arbeitete er u.a. auch am Theater an der Wien und am Münchner Gärtnerplatztheater.

Direktor seit 2006

Im Juni 2005 wurde er, nicht zuletzt dank vehementer Fürsprache durch seinen Mentor Robert Jungbluth, zum Nachfolger von Helmuth Lohner als Josefstadt-Direktor ab 1. September 2006 designiert – als „Hauslösung“ und auch auf der Bühne präsenter Direktor ganz im Sinne der Haustradition. Die Josefstadt sei „eine der traditionsreichsten und besten deutschsprachigen Bühnen“, sagte er bei seiner Präsentation. Es sei „zur Mode geworden, dieses Haus zu denunzieren, aber ich werde das Haus wie ein Löwe verteidigen“. Diesem Vorsatz ist er bis heute treu geblieben.

Föttinger anlässlich der Verkündung seiner Direktion 2005
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Bei seiner Vorstellung als neuer Direktor, 2005

Er eröffnete seine Direktion mit der Uraufführung von Peter Turrinis „Mein Nestroy“, der Beginn einer bis heute fortdauernden engen Zusammenarbeit und Künstlerfreundschaft. Als Heimstätte für Gegenwartsdramatik, aber auch für die österreichische Literatur und als Ort der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Themen wollte Föttinger das Haus positionieren, ohne die große Tradition des einst von Max Reinhardt geführten Hauses als Ort der Schauspielkunst zu vernachlässigen.

Das Publikum hat diesen Kurs mitgetragen: Das Theater in der Josefstadt hatte vor Corona 18.000 Abonnenten, Auslastungen von an die 90 Prozent und einen Eigendeckungsgrad von 40 Prozent und rund 10 Mio. Erlöse jährlich, die großteils aus Kartenverkäufen.

Sandra Cervik und Herbert Föttinger am Roten Teppich vor der Wiener Staatsoper am Donnerstag 2014
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Mit Ehefrau Sandra Cervik am Opernball

In der Öffentlichkeit gerne polternd

Föttinger, der Richtung Politik und Öffentlichkeit gerne polternd und fordernd auftritt („Hätte Gott das nicht so gewollt, hätte er mich anders gebaut.“), hat auch einige private wie öffentliche Mittel für große Renovierungsvorhaben lukriert: Einer Generalrenovierung 2007/8 folgte 2013 die Renovierung der Kammerspiele der Josefstadt, eine neue Probebühne sowie die Generalsanierung der Werkstätten.

Zwei Ziele habe er noch, bekannte Föttinger, der in der kommenden Spielzeit in „Das Konzert“, „The Parisian Woman“, „Die Dreigroschenoper“, „Der Wald“ und „Leopoldstadt“ zu sehen sein wird, im Juni: Die Kammerspiele „brauchen noch eine kleine Schubkraft ins 21. Jahrhundert“. Er habe noch fünf Jahre Zeit, um guten Grund zu liefern, dass der gegenwärtige, ihn wurmende Wikipedia-Eintrag „gepflegtes Boulevardtheater“ geändert werde.

Und fünf Jahre Zeit hat er auch noch, seinen Traum von einer „Josefstadt-Box“, einer Experimentierbühne für 49 Zuschauer, zu realisieren. „Ich versuche, Donatoren und Mäzene zu gewinnen. Glauben Sie mir, es ist gut investiertes Geld. Aber vielleicht bleibt es ein unerfüllter Traum.“

Bühne durch CoV mit finanziellen Problemen

Zunächst gilt es aber offenbar, finanzielle Probleme der Bühne zu bewältigen bzw. deren Zustandekommen den Subventionsgebern plausibel zu machen. Günter Rhomberg, Stiftungsvorstand der Josefstadt-Stiftung, überraschte bei der Saison-Pressekonferenz mit der Aussage, dass das Theater in der Josefstadt trotz der Corona-Hilfstöpfe nicht über die Runden käme. „Wir wissen noch nicht, wie groß unsere Lücke ist.“ Man wisse nur, dass die Subventionsgeber am Ende gefordert sein würden. „Wir sind unverschuldet in eine Situation gekommen, die bereinigt werden muss.“

Laut Medienberichten sind in dem Haus, das in der Corona-Schließzeit den Probenbetrieb weiterführte und Kurzarbeit nur in geringem Maße in Anspruch nahm, nun die Wirtschaftsprüfer am Werke.