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ORF.at/Lukas Krummholz
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Wirtschaft

Schlechte Stimmung in Wiens Fitnesscentern

Die wirtschaftliche Lage der Wiener Fitnesscenter bleibt trotz Lockerungen der CoV-Maßnahmen schlecht. Rund ein Viertel weniger Kunden durch die Pandemie, kaum Neukunden im Sommer, keine Förderungen: Die Fitnessstudios kämpfen ums Überleben.

„Ich habe im Monat Juli 45 Prozent weniger Umsatz als im Juli vor einem Jahr nach Lockdown eins, wo die Einnahmen schon katastrophal waren“, sagte Martin Becker, der gleichzeitig ein Fitnessstudio betreibt und Sprecher der Branche in der Wirtschaftskammer Wien ist. Mehrere Gründe würden zusammenfallen: Neben Pandemie und Lockdowns kommt hinzu, dass der Sommer üblicherweise die schlechteste Zeit ist, weil kaum Neukunden gewonnen werden können. Viele der bestehenden Kunden hätten sich Sportarten im Freien oder zu Hause gesucht, anstatt in Fitnesscenter zu gehen.

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ORF.at/Dominique Hammer
Viele haben ihr Training ins Freie verlegt

Seit 19. Mai haben die Fitnessstudios wieder geöffnet. Aber wer sieben Monate lang kein Training indoor machen darf, der sucht sich Alternativen, eben im Freien oder online, oder er stattet sein Zuhause mit Geräten aus. Und dann kommt hinzu, dass es im Frühling die meisten Neuanmeldungen gibt. Diese Zeit sei heuer verpasst worden. Sommerbedingt verringert sich die Zahl der Besucher normalerweise, das heißt, die kleine Menge an Besuchern wird noch mal kleiner.

Finanzieller Druck wird immer größer

29 Fitnessbetriebe in Wien mussten seit Mai des Vorjahres zusperren. Laut Becker sind das in etwa zehn Prozent. Manche Clubs hätten aber noch gar nicht wiedereröffnet, andere hätten nur teilweise geöffnet. Den Betrieben würden die Kunden fehlen, daher hätten sie auch keine Einnahmen. Der finanzielle Druck wächst. Hinzu kommt, dass mit der Möglichkeit zur Wiedereröffnung auch die finanziellen Förderungen weggefallen sind. Stundungen sind nun fällig. Im Klartext bedeutet das für die Studios, dass die Fixkosten in vollem Umfang zu Buche schlagen.

Fitnesscenter kämpfen ums Überleben

Die Fitnesscenter müssen mit einem Kundenschwund fertig werden. Die wirtschaftliche Lage bleibt trotz Lockerungen angespannt.

Und auch die Kurzarbeit ist zu Ende. All das zusammen koste einfach viel Geld, so Becker. Außerdem sei aus der geforderten Mehrwertsteuersenkung für Fitnesscenter ähnlich wie in der Gastronomie nichts geworden, der Bund hat vor Kurzem abgewunken. Wann die Fitnessbranche wieder aus der Verlustzone kommt, ist unklar. Becker rechnete damit, dass bis zu 30 Prozent der Kunden weggefallen sind und nicht ersetzt werden können. Das sei eins zu eins in den Umsatz umzurechnen, es sei also bei den üblicherweise geringen Spannen in der Branche leicht zu erklären, dass richtig Verluste gemacht würden.

Verunsicherte und verärgerte Kunden

Laut Becker gibt es in Wien rund 220 Fitnessbetriebe der verschiedensten Größen mit Gewerbeschein. Was bleibt, ist die Frage, wie lange die Branche diese Situation aushält. Die Branche hätte so dringend Unterstützung gebraucht, sagte Becker und sprach die geforderte Reduzierung der Umsatzsteuer an. Der Tourismus habe miserable Zahlen, die Gastronomie habe miserable Zahlen, da werde unterstützt. „Nur leider in unserer Branche nicht. Wir zahlen unsere Umsatzsteuern in voller Höhe. Das wäre sehr wichtig gewesen“, so Becker.

Zwei Tage vor Wiedereröffnung sind Regeln für Fitnessstudios nicht bekannt.
Becker
Training im Fitnessstudio wäre möglich

In den Studios trainieren Menschen von 16 bis 90 Jahre. Es gelte die „3-G-Regel“, Masken würden nicht benötigt, die Zehnquadratmeterregel sei aktuell kein Thema. Es wäre also einfach, im Studio zu trainieren. Ältere Kunden würden aber einfach eine gewisse Grundangst haben, so Becker, gemeinsam mit ihnen unbekannten Menschen zu trainieren. Junge Kundinnen und Kunden würden das viel lockerer sehen. Doch würde sich der Ton verschärfen, wenn es generell um den Zutritt in ein Studio gehe. Geimpfte Menschen könnten einfach im System registriert werden und haben dann rascheren Zugang.

Fitnesstrainer als „Systemsheriffs“

Wer nicht geimpft ist, überwiegend Jugendliche, muss einen gültigen Test vorweisen. Laut Becker ärgert das viele, was auch artikuliert werde. Obwohl sie eine gültige Karte für das Fitnessstudio hätten, würden ungeimpfte Kunden anders behandelt als geimpfte. Das sei ein relativ neues Phänomen: „Stellen Sie sich bitte meine Funktion vor in der Rezeption oder die meiner Mitarbeiter an der Rezeption. Wir müssen jeden einzelnen Teilnehmer kontrollieren. Das heißt, wir sind sowas wie die Sheriffs des Systems“, so Becker – was aber eigentlich nicht Aufgabe von Betreibern und Trainern eines Fitnessstudios sei.

Es sei auch nicht deren Aufgabe, über CoV-Maßnahmen zu diskutieren. Es gehe darum, Gesundheit zu erhalten und Training zu ermöglichen. Keiner der Trainer sei darin geschult, Konflikte mit Kunden zu lösen: „Wie soll ich meinen Mitarbeitern sagen, wie sie damit umgehen sollen? Letztendlich geht es ja bei den Betrieben ums Überleben.“ Es sei nicht lustig, Kunden abzuweisen, die Studios würden ja von diesen Kunden leben. Und vielen Kunden sei wegen der Zutrittsmaßnahmen einfach auch die Lust am Trainieren vergangen.

Pessimismus prägt Stimmung in der Branche

Zu guter Letzt beklagte Becker noch, dass Unsicherheiten nicht beseitigt würden. Es fehle an konkreten Informationen, vieles sei nur den Medien zu entnehmen: „Wann kommt eine dritte Impfung? Braucht man eine dritte Impfung? Was ist mit den neun Monaten nach der zweiten Impfung?“, so Becker. Er habe den Eindruck, es werde nur abgewartet, was komme. Den Fitnessstudios bleibe nur Verunsicherung: fehlende Kunden, fehlende Aufklärung für Kunden, fehlende Einnahmen, fehlende Förderungen, fehlende Unterstützung, fehlende Sicherheit, für die Zukunft zu planen: Die Stimmung in der Branche und die Erwartungen ihres Vertreters in die nächsten Monate sind wahrlich nicht optimistisch.