Im November 2019 beantragt eine Frau einen Aufenthaltstitel. Sie legt alle Unterlagen ordnungsgemäß vor. Trotzdem setzt die MA 35 erst im Oktober 2020 den nächsten Verfahrensschritt und bestellt die Aufenthaltskarte. So oder so ähnlich lesen sich zahlreiche Fälle aus der langen Liste an Missständen, die die Volksanwaltschaft 2020 festgestellt hat.
Jede dritte Person, die in Wien lebt, hat keine österreichische Staatsbürgerschaft. Deshalb hat ein Drittel aller Wienerinnen und Wiener mehr oder weniger oft mit der Einwanderungsbehörde MA 35 zu tun. Sie stellt Aufenthaltskarten und auch Staatsbürgerschaften aus. Zwar bleiben auch abgelaufene Aufenthaltstitel weiter gültig, sofern das Verfahren zur Verlängerung läuft. Aber dennoch ist das monatelange Warten eine Belastung für die Betroffenen.

Kritik von allen Seiten
Die MA 35 steht seit Jahren wegen der langen Bearbeitungsdauern und wegen Personalmangels in der Kritik. Der Stadtrechnungshof war schon mit ihr befasst, im April haben die Wiener Grünen ein Prüfersuchen gestellt, damit er die Behörde erneut unter die Lupe nimmt. Auch die Wiener ÖVP kritisiert ein „Managementversagen“ der Stadt: Denn die Zahl der Verfahren sei in den vergangenen Jahren sogar gesunken, wie aus einer aktuellen Anfrage an das Stadtratsbüro hervorgehe.
Bis Ende Juli sind laut Volksanwaltschaft 430 Beschwerden über die MA 35 eingegangen – doppelt so viele wie im Jahr davor. Die Corona-Pandemie hat die Situation noch weiter verschlimmert. Dadurch, dass Behördengänge oft nicht persönlich erfolgen konnten, hätten sich Verfahren in die Länge gezogen, so Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) im März. Pro Jahr bearbeitet die Behörde 150.000 Verfahren. Viele davon würden noch am selben Tag erledigt.
Hälfte der neuen Mitarbeiter schon da
Am Samstag gibt es nun die Demonstration gegen die langwierigen Verfahren vor dem Rathaus. Die Polizei rechnet mit in etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Im März hat Stadtrat Wiederkehr 50 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die MA 35 versprochen. Das soll dabei helfen, die Bearbeitungsdauern zu verkürzen. Von diesen 50 haben 25 bereits ihren Dienst angetreten. Bis Herbst soll das Recruiting abgeschlossen sein, so eine Sprecherin.