Impfattrappe zu Beginn der Großimpfaktion gegen Covid-19
APA / Hans Punz
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Coronavirus

Studie: Zweitimpfung bei Genesenen unnötig

Eine zweite Dosis des Impfstoffs von Biontech und Pfizer gegen Covid-19 ist laut einer neuen Wiener Studie bei Genesenen nicht nötig. Die Ergebnisse wurden von Wiener Labormedizinern im „European Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht.

Menschen, die Covid-19 überstanden haben, entwickeln laut der Studie nach der ersten Dosis der BNT162b2-Vakzine extrem hohe Antikörperspiegel im Blut. „Obwohl bisher keine unterschiedlichen Empfehlungen für die Impfung für Personen mit vorangegangener SARS-CoV-2-Infektion bzw. für Menschen ohne vorherige Infektion existieren, stellt sich aus immunologischer Sicht die Frage, ob bei diesen beiden Gruppen die Antikörperbildung jeweils anders verläuft“, schreiben Thomas Perkmann von der Klinischen Abteilung für Labormedizin der MedUni Wien/AKH und seine Koautoren in der Einleitung der Anfang August erschienenen Studie.

Impfung als „Booster“

In Österreich haben bereits mehr als 660.000 Menschen eine SARS-CoV-2-Infektion hinter sich, weltweit sind es mehr als 200 Millionen. Die Frage, wie bei ihnen mit einer darauffolgenden Impfung vorzugehen ist, stellt sich de facto seit dem Vorhandensein der ersten Vakzine: eine oder zwei Impfungen? Das macht für die Impfstoffbereitstellung einen enormen Unterschied.

„Nach einer Infektion braucht man nur eine Impfung“, hatte schon Anfang Juni dieses Jahres der Wiener Experte Robert Strassl von der Abteilung für Klinische Virologie (MedUni Wien/AKH) bei einer Ärztefortbildung erklärt. Die eine zu verabreichende Dosis sei sozusagen der „Booster“, den Personen ohne vorhergehende SARS-CoV-2-Infektion eben mit der zweiten Teilimpfung erhielten.

Extrem hohe Antikörperwerte

Perkmann und seine Koautoren haben das in ihrer Studie an 69 Personen ohne vorangegangene Infektion (seronegativ) und zwölf von Covid-19-Genesenen nachwiesen: Alle erhielten eine Dosis des mRNA-Covid-19-Impfstoffs von Pfizer und Biontech. Nach 21 Tagen wurden sie auf die Antikörperkonzentration im Blut untersucht. Es stellte sich heraus, dass sich die Antikörperkonzentration nach der Erstimpfung von Genesenen je nach Testverfahren um das mehr als Hundertfache bzw. mehr als 20-Fache zu jener von Erstgeimpften ohne vorherige Covid-19-Episode unterschied.

Mit einem Surrogattest (sVNT) wurde darüber hinaus untersucht, ob die Anti-S-Antikörper Viren auch wirklich neutralisierten. Das war mit einem Wert von 98 Prozent der Fall, was für eine sehr hohe Neutralisationskapazität spricht.

Ausgleich durch zweite Impfung bei keiner Infektion

Dabei ließen es die Wiener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber nicht bewenden. 69 Probanden ohne SARS-CoV-2-Infektion und mit Erstimpfung und alle zwölf genesenen Studienteilnehmer mit einer Impfung bekamen schließlich die zweite Dosis der mRNA-Vakzine. Daraufhin erhöhte sich die Antikörperkonzentration bei den Personen ohne SARS-CoV-2-Erkrankung um das 25-Fache gegenüber dem Wert nach der Erstimpfung. Bei den Personen mit durchgemachter SARS-CoV-2-Erkrankung erhöhte sich die Antikörperkonzentration nur noch um etwa die Hälfte gegenüber der Konzentration nach der ersten Dosis.

Insgesamt war die Antikörperantwort bei den Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmern nach Genesung deutlich höher als bei den SARS-CoV-2-„Naiven“. Das könnte dafür sprechen, dass eine Konfrontation des Immunsystems mit dem ganzen Virus – nicht nur mit Virusbestandteilen – eine stärkere Abwehrreaktion hervorruft.

Ähnlicher Effekt bei anderen Impfstoffen?

In Entwicklung befindliche Totimpfstoffe könnten eventuell einen ähnlichen Effekt haben. Jedenfalls kann man sich die zweifache Impfung von SARS-CoV-2-Genesenen laut diesen Studienergebnissen ersparen. Wichtig wäre allerdings, dass international in Impfpässen, „Grünen Pässen“ etc. bei solchen Personen der vorhandene Impfschutz auch mit einer Teilimpfung klar erkennbar ist.