Bernhard Lötsch bei Online-Pressekonferenz
Zoom/FWU
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Umwelt & Klima

Lobautunnel: Biologe warnt vor Umweltproblem

Der Wiener Biologe Bernd Lötsch warnt mit drastischen Worten vor einem Bau des Lobautunnels. Er befürchtet ein „hydrogeologisches Umweltproblem“ und eine „kaum mehr beherrschbare Mobilisierung“ von etwa petrochemischen Altlasten.

Lötsch berief sich dabei auf einen „OMV-nahen Experten“, den er nicht namentlich nennen wollte. Die Bohrungen könnten demnach zu einer Mobilisierung von „petrochemischen und diversen anderen Altlasten aus früheren Fehlern, etwa im Zweiten Weltkrieg“ führen.

Lötsch warnte außerdem vor einer „Stahlbeton-Orgie“. Die Tunnel-Bohrung unter dem Wiener Nationalparkteil Lobau habe „stadtzerstörende, urbanitätsfeindliche Folgen“, so der Biologe bei einer Online-Pressekonferenz vom Forum Wissenschaft & Umwelt“ (FWU) am Donnerstag. Lötsch gilt als einer der ersten Umweltschützer Österreichs und war unter anderem Präsident der Nationalparkplanung Donau-Auen und Leiter des Naturhistorischen Museums.

Ökonom sieht Lücken in Projektierung

Bei der Online-Pressekonferenz kamen auch weitere Gegenstimmen zum Lobautunnel und der geplanten Stadtstraße Aspern zu Wort. „Die vorliegenden Bewertungsgrundlagen sind mangelhaft und gehen von unendlich freien Ressourcen aus“, meinte Michael Getzner, Ökonom am Institut für Raumplanung der TU Wien. Bei der Projektierung habe man mehrere Punkte nicht berücksichtigt: die Generierung von neuem Verkehr durch neue Straßen, den Wegfall von Bodenfunktionen, „wenn direkt ein paar 100 Hektar versiegelt werden“, die Folgen auf den Wasserverbrauch und das Absinken der Kühlwirkung infolge großflächiger Rodungen.

Lobautunnel: Projektgegner verschärfen Kritik an „Stahlbeton-Orgie“

Biologe Bernd Lötsch befürchtet bei Umsetzung „hydrogeologisches Umweltproblem“.

Wie Werner Schandl, Bauingenieur und Initiator der Bürgerinitiative „Hirschstetten Retten“ ausführte, würde das Bauprojekt die „grob fahrlässige“ Versiegelung von 320.000 Quadratmeter bedeuten, die derzeit als Ackerland genutzt werden. Im Gegenzug wäre mit 322.400 zusätzlichen Auto-Kilometern zu rechnen – und das täglich. Das gehe aus Unterlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) hervor, betonte Schandl. Er verlangte stattdessen ein nachhaltiges Verkehrskonzept mit dem Ausbau von Öffis und der Schaffung eines funktionierenden Radweg-Netzes.

Kromp-Kolb: „Müssen Ressourcen schonen“

„Wir fördern mit Milliardenbeträgen die Klimaerwärmung und klagen zugleich über die Folgeschäden. Das sind Widersprüche, die man bedenken sollte“, hielt FWU-Präsident Christian Reinhold in Bezug auf das Großbau-Projekt fest. Um „Zukunftsfähigkeit“ zu erreichen, brauche es eine andere Politik, klimaverträgliche Projekte wären „unumgänglich“.

In dieselbe Kerbe schlug die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb: „Wir müssen Ressourcen schonen. Das bedeutet zum Beispiel, dass Straßen, die nicht mehr gebraucht werden, nicht gebaut werden.“ Die Ausgangsvoraussetzungen, die seinerzeit zur Idee einer Untertunnelung der Lobau geführt hatten, hätten sich geändert. Es sei „keine Schande“, im Lichte neuer Entwicklungen ein derartig treibhausgasförderndes Projekt heute anders zu bewerten.

„Der Lobautunnel und die Stadtstraße sind mit den Pariser Klimazielen und mit den Klimazielen des Bundes und der Stadt Wien nicht vereinbar“, stellte Markus Palzer-Khomenko von den Scientists4Future (S4F) fest. Es handle sich dabei um „Projekte aus dem letzten Jahrhundert“. Die damit einhergehende Bedrohung für den Grundwasserhaushalt und landwirtschaftliche Flächen sei evident, das Ökosystem des Nationalparks Donau-Auen gefährdet.