Peter Unger und Christoph Wiederkehr im Sommergespräch-Interview im Arkadenhof des Rathauses
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Politik

Wiederkehr für Diskussion über „1-G-Regel“

Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) steht einer Diskussion über eine „1-G-Regel“ in einigen Bereichen – also Zutritt nur für Geimpfte – offen gegenüber. Er halte die Diskussion für „gut“, sagte er im „Wien heute“-Sommergespräch am Samstagabend.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatte zuletzt eine Diskussion losgetreten, ob nur mehr Geimpfte bei Veranstaltungen und in der Gastronomie zugelassen sein sollen. Auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) halten die Einführung der „1-G-Regel“ im Herbst in Bereichen mit besonders hohem Ansteckungsrisiko wie der Nachtgastronomie für vorstellbar und möglicherweise notwendig, sollten die Infektionszahlen weiter steigen. Das teilten sie am Samstagnachmittag gemeinsam mit.

„Ich halte die Diskussion für wichtig, dass sich mehr impfen lassen, weil wir wissen, es haben sich noch zu wenige impfen lassen.“ Daher sei die „Diskussion gut und ich bin ihr offen gegenüber“, sagte Wiederkehr im „Wien heute“-Sommergespräch mit Peter Unger. Allerdings glaube er, dass es schwierig sein werde, genesene Personen, die auch Antikörper haben, nicht gleich zu behandeln. „Das kann ich mir rechtlich schwer vorstellen. Aber wir werden uns jetzt in den nächsten Tagen intensiv damit beschäftigen.“

Sommergespräch: Christoph Wiederkehr (NEOS)

Maskenpflicht für ungeimpftes Lehrpersonal

Es sei jedenfalls sehr wichtig, dass sich möglichst viele Menschen – „und vor allem auch Pädagoginnen und Pädagogen in den Schulen und Kindergärten“ – impfen lassen. Alles andere sei aus seiner Sicht unverantwortlich, so der Wiener Bildungsstadtrat. In seinem Bereich, für den er direkt zuständig ist, den Kindergärten, gelte bei Neuanstellungen ein Impfnachweis. „Das ist das, was rechtlich möglich ist.“

Eine Impfpflicht für alle Lehrerinnen und Lehrer kann sich Wiederkehr aber nicht vorstellen. Rechtlich sei eine Impfpflicht, „so wie es mir auch berichtet wurde, wohl nur für Neuangestellte möglich. Alles andere ist sehr, sehr schwierig“. Er sei aber „sehr offen für eine Regelung. Ich halte es aber für wichtig, das bundesweit einheitlich und gemeinsam zu machen“. Sinnvoll sei, dass Lehrerinnen und Lehrer, die nicht geimpft sind, eine Maske tragen müssen – aus Sicherheitsgründen und damit es auch einen Anreiz gebe, sich impfen zu lassen, so Wiederkehr.

Christoph Wiederkehr im Sommergespräch-Interview im Arkadenhof des Rathauses
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Ungeimpftes Lehrpersonal soll laut dem Bildungsstadtrat Masken tragen müssen

Stadt „im Großen und Ganzen gut verwaltet“

Auf die Frage nach den bekannt gewordenenen mutmaßlichen Missständen in der für Einwanderung und Staatsbürgerschaft zuständige Wiener Magistratsabteilung 35 sagte Wiederkehr, dass die Stadt Wien „im Großen und Ganzen gut verwaltet" sei, dass vieles sehr, sehr gut funktioniere“. „Ich weiß, dass es über 50.000 Anrufe gibt im Monat, die auch bearbeitet werden. Es wird Großartiges geleistet. Aber ich habe auch die interne Revision beauftragt, sich das ganz genau anzuschauen“, so der zuständige Integrationsstadtrat.

Verbesserungen sollen kommen: „Wir stocken das Personal der Behörde um zehn Prozent auf und wir arbeiten unter Hochdruck an einem telefonischen Servicecenter, dass man auch immer telefonisch gute Auskunft bekommt: mit zwei Zielen, nämlich die Verfahrensdauer zu beschleunigen und auch, die Erreichbarkeit zu verbessern und damit die Kundenfreundlichkeit zu verbessern.“ Es werde auch einen extern begleiteten Organisationsprozess geben, „wo man schaut, wo können wir besser werden, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung“.

„Deutliche Akzente gesetzt“

Der Anspruch seiner Partei sei immer gewesen, mitzugestalten und mitzuregieren. In drei Bereichen habe es seine Partei in den letzten neun Monaten auch geschafft, „deutliche Akzente“ zu setzen, meinte der Vizebürgermeister: „Wir haben mehr Kontrolle, wir haben mehr Einblicke in eine Regierungspolitik, zum Beispiel über eine Whistleblowing-Plattform. Wir bringen in der Bildung etwas voran. Jetzt im Herbst beginnen zum Beispiel 50 neue Sprachförderkräfte im Kindergarten.“

Selbstverständlich könne man als kleinerer Koalitionspartner nicht alles umsetzen, „aber wir schaffen es immer, einen guten Kompromiss zu finden. Zum Beispiel hatten wir natürlich darauf gedrängt, auch die Gebühren auszusetzen in Wien.“ Das sei in den Verhandlungen nicht möglich gewesen. Man setze sich aber dafür ein, dass es in diesem Bereich Verbesserungen gebe.

Lobautunnel „nicht die sinnvollste Variante“

Bei der umstrittenen Frage des Lobautunnels gibt es eine andere Position als die des Koalitionspartners SPÖ. „Unsere Position war von Anfang an klar (…), dass wir den Lobautunnel nicht als die ökologisch und ökonomisch sinnvollste Variante halten, um auch die Donaustadt vor allem verkehrstechnisch zu entlasten“, so Wiederkehr. Es sei aber keine Wiener Angelegenheit mehr, sondern mittlerweile eine des Bundes.

Wiederkehr hält es für „sinnvoll und auch durchaus legitim“, das Projekt zu überprüfen, wie es die Grüne Umweltministerin Leonore Gewessler veranlasst hatte. „Wichtig ist, dass es jetzt keine Verzögerungstaktik gibt, weil es braucht endlich Klarheit. Kommt er oder kommt er nicht?“ Und abschließend: „Wir brauchen Anreize, dass Menschen umsteigen vom Auto hin zu öffentlichen Verkehrsmittel oder Fahrradwege. Das ist unser Weg und das ist das, was wir in die Verhandlungen eingebracht haben.“