Häuser in Wien
ORF.at/Simon Hadler
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Haus & garten

Wiens Neubauten sollen kleiner werden

Ausladende Mehrfamilienhäuser werden in Wien immer mehr. Sie stechen besonders aus Siedlungen mit Einfamilienhäusern hervor. Jetzt will die Stadt die Bauordnung novellieren, um neue Mehrfamilienhäuser in ihrer Größe zu beschränken.

In den letzten Jahren entdeckten gewerbliche Bauträger zunehmend Einfamilienhaus- und Gartensiedlungsgebiete als Geschäftsfeld. Ihre dort neu errichteten, wuchtigen mehrgeschossigen Bauten verärgerten Anrainer und vergraulten Privatpersonen auf Grundstückssuche. Beschwerden de facto aus dem gesamten Stadtgebiet trudelten im Rathaus ein. Doch rechtlich gab es keine Handhabe gegen die kompromisslos bis zum letzten Zentimeter ausgereizten Vorgaben der Bauordnung. So konnten Mehrfamilienhäuser mit sechs bis sieben Wohnungen entstehen, die etwa kleineren Häusern das Licht nehmen.

Rechtlich gesehen sind das Gebäude der Bauklasse 1, also Gebäude bis zu einer Höhe von neun Metern plus Dach. Hier will die Stadt mit ihrer Novelle der Bauordnung ansetzen und mächtige Kubaturen einschränken, kündigte Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) an: „Und da geht es darum, dass wir über die bebaubaren Fläche reden, da geht es um die Höhe und um das Volumen des Daches, aber auch um die Abstandsregeln zum Nachbarn hin. Das Ziel dieser kleinen Baurechtsnovelle ist es, eben diesen Charakter dieser Siedlungsgebiete zu erhalten und zu schützen.“

Wiener Bauordnung wird verschärft

Weniger hoch, weniger breit und mit mehr Abstand zum Nachbarn. Das schreibt die Wiener Bauordnung künftig in Gebieten mit Einfamilienhäusern vor. Wohnbaugesellschaften haben immer wieder freie Grundstücke gekauft und jeden Fleck für mehrgeschossige Bauten genutzt.

Zierlicher, kleiner und weiter weg

Wer ein Grundstück hat, darf ein Drittel davon verbauen, maximal aber 470 Quadratmeter. Für ein Einfamilienhaus ist das sehr groß, deswegen passiert das kaum, erklärte Bernhard Gutternigh von der Baupolizei. Aber Mehrfamilienhäuser mit dieser Quadratur kommen häufiger vor. Deswegen werde diese Möglichkeit gerne genutzt, auch wenn das neue Haus dann deutlich größer ist als die Nachbarschaft. Deshalb soll man in Zukunft nur noch maximal 350 Quadratmeter verbauen dürfen, also 120 Quadratmeter weniger.

Erklärgrafik zu den Begriffen Gebäudehöhe, Firsthöhe und Giebelfläche
ORF
Gebäudehöhe, Firsthöhe und Giebelfläche

Gebäude der Bauklasse 1 dürfen maximal eine Gebäudehöhe von neun Metern haben. Die Gebäudehöhe wird gemessen vom Boden bis zu dem Punkt, wo das Dach ansetzt. Die Dachhöhe wird nochmal extra gemessen. Allerdings gibt es eine Art „Freibetrag“, der weder zur Gebäude-, noch zur Dachhöhe zählt: die Giebelfläche. Bis zu einer Fläche von 50 Quadratmetern wird die Giebelfäche nicht einberechnet. Dadurch kann das Haus noch höher werden. Deshalb soll dieser „Freibetrag“ bald auf 25 Quadratmeter reduziert werden.

Aber auch die Dach- bzw. Firsthöhe wird eingeschränkt. Aktuell liegt sie bei maximal 7,5 Metern. Daraus sollen 4,5 Meter werden. Das entspricht etwa einem Stockwerk, das nicht gebaut werden kann. Hier soll es aber Ausnahmen für „begründete Einzelfälle“ geben.

Härtere Strafen für Bausünder

Die Novelle soll auch höhere Strafen für Bausünden bringen. Wer etwa Gründerzeithäuser für Neubauten abreißt, soll künftig doppelt so viel Strafe zahlen wie bisher, nämlich 200.000 Euro. Solche Häuser aus der Gründerzeit und der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stehen in Wien an zahlreichen Orten. Sie dürfen wegen ihrer oft kunstvollen Fassaden nicht abgerissen werden. Viele Eigentümer tun es trotzdem und akzeptieren die Strafe. Altbauten haben Raumhöhen von bis zu 3,5 Metern. Im Vergleich zum heutigen Standard von 2,5 Metern gehen laut Gutternigh so pro Altbau drei bis vier Stockwerke „verloren“.

Altbau in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Kunstvolle Fassaden sollen erhalten bleiben

Die bisher 100.000 Euro Höchststrafe für einen Abriss würden durch die größere Zahl an Mietern in einem Neubau rasch wettgemacht. Darum soll die Höchststrafe für den nicht bewilligten Abriss von Altbauten bald auf 200.000 Euro verdoppelt werden. Außerdem wird eine Mindeststrafe von 20.000 Euro eingeführt. Dadurch sollen Gebäude erhalten werden, die das Stadtbild prägen und „von besonderem öffentlichen Interesse“ sind. Die Novelle der Bauordnung wird in den nächsten Woche einer öffentlichen Begutachtung unterzogen. Am 25. November soll sie beschlossen und damit in Kraft gesetzt werden.