Wien heute-Sommergespräch mit Peter Unger und Finanzminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel
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Politik

Blümel: Wien ohne Lobautunnel undenkbar

Die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler lässt prüfen, wie klimaverträglich der Lobautunnel ist. ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel kann sich jedoch nicht vorstellen, dass der Tunnel nicht gebaut wird, sagt er im „Wien heute“-Sommergespräch.

Der Lobautunnel sei „wahrscheinlich eines der am besten geprüften Verkehrsprojekte der letzten Jahrzehnte“. Da sei wirklich alles an Verfahren und Kontrollen gemacht worden, die man so machen könne, „der muss jetzt endlich gebaut werden“, sagte Blümel. Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Tunnel nicht gebaut werde. Jede mittelgroße Stadt habe eine Umfahrung, in Wien fehle das noch, Wien sei eine Weltstadt, „allein daher gehört das schon her“. Für viele Menschen bringe das Projekt zudem eine bessere Lebensqualität und für Betriebe mehr Möglichkeiten, sich hier anzusiedeln.

In Bezug auf Nachhaltigkeit verwies Blümel auf eine andere Initiative: Die Regierung arbeite „derzeit am wahrscheinlich größten Projekt in der Geschichte Österreichs, was die Nachhaltigkeit betrifft, nämlich an einer ökosozialen Steuerreform“. Blümel sei dabei sehr froh, jetzt endlich einen Koalitionspartner zu haben, mit dem das Projekt einer ökosozialen Marktwirtschaft auch umgesetzt werden könne.

Sommergespräch: Gernot Blümel (ÖVP)

Zu wenig Zeit für Kommunalpolitik?

Finanzminister Blümel ist gleichzeitig auch Landesparteiobmann der ÖVP Wien. Daher sei er auch regelmäßig zu Besprechungen im Wiener Rathaus, seinen eigentlichen Arbeitsplatz sehe er aber im Finanzministerium. Angesprochen darauf, ob eine zuletzt für Aufsehen sorgende Kampagne zum Thema Parkpickerl von ihm abgesegnet worden sei, blieb Blümel allgemein: Was die ÖVP Wien als stärkste Oppositionspartei versuche, sei, durch pointierte Formulierungen Mängel aufzuzeigen. Das geplante Parkpickerl habe keine Lenkungseffekte „aus der Stadt hinaus“, daher wolle die ÖVP ein anderes Modell.

Dass ihm die Finanzpolitik keine Zeit für Kommunalpolitik lasse, wollte Blümel so nicht stehen lassen: „In Wirklichkeit haben wir in der Coronakrise von Seiten der Bundesregierung sehr viel für Wien getan, allein wenn ich sehe, dass rund 8,2 Mrd. Euro Coronahilfe für Wien geflossen sind“, so Blümel. Er verwies zudem auf fast 300.000 Arbeitsplätze, die durch Kurzarbeit gesichert worden seien. Wien sei ein besonderer Fokus gewesen: „Ich habe weniger kritisiert, dafür mehr gearbeitet“, meinte Blümel.

CoV: „Jeder hat sein Bestes getan“

Was die Coronavirus-Politik von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in seiner Heimatstadt betreffe, meinte Blümel, Bund und Stadt hätten es gemeinsam gut geschafft, die Krise im Sinne der Menschen zu bewältigen. Er arbeite gerne an Problemen, um sie zu lösen. Bei der Bekämpfung der Coronaviruskrise sei es wichtig über alle Parteigrenzen hinweg zu sehen, dass es einen gemeinsamen Feind gebe: nämlich das Virus.

Finanzminister und ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel
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Blümel spricht sich dafür aus, zuerst Wiener Migrationsprobleme zu lösen, bevor neue Flüchtlinge geholt werden können

„Da gibt es verschiedene Ansatzpunkte, wie das geht, manche ein bisschen mehr dort, manche ein bisschen mehr da, aber da sollte man sich nicht gegenseitig im Weg stehen“, so Blümel, „es gibt da andere Punkte, die ich sehr kritisch sehe. (…) Was die Coronapolitik betrifft, glaube ich, dass jeder sein Bestes getan hat, da hätte die Bevölkerung auch kein Verständnis daran, wenn man sich gegenseitig Steine in den Weg legt.“

Aktuell gehe es nun darum, die Durchimpfungsquote zu erhöhen. Es gebe nur einen Weg aus der Krise, nämlich dass sich möglichst viele impfen lassen. Es sei freilich keine einfache Aufgabe. Er sei gegen eine generelle Impfpflicht, aber man müsse sich genau ansehen, welche Maßnahmen es brauche, z.B. die 1-G-Regel, die vielleicht bewirken, dass in bisher wenig geimpften Gruppen mehr Anreize dafür entstehen. Hier seien aber die Experten im Gesundheitsbereich gefordert, zu sagen, wo das am sinnvollsten ist. Er könne nur appellieren, sich impfen zu lassen, weil das am sichersten für sich selbst und die Liebsten sei.

Afghanistan: Hilfe vor Ort statt falsche Willkommenspolitik

Blümel sprach sich im Sommergespräch gegen den Vorschlag des Wiener Bürgermeisters aus, Flüchtlinge aus Afghanistan, insbesondere Frauen, aufzunehmen. Er sei dagegen, „weil Hilfe direkt vor Ort am sinnvollsten ist“. Es mache aus seiner Sicht keinen Sinn, zu versuchen, die Probleme zu lösen, indem man jetzt Menschen nach Wien hole: „Das ist eine Art von falsch verstandener Willkommenspolitik.“ Und: „Wir stehen als ÖVP für eine Migrationspolitik mit Hausverstand“, stellte Blümel erneut fest.

Das bedeute, zuerst jene zu integrieren, die schon da seien. Hier gebe es sehr große Herausforderungen. In manchen NMS, etwa in Wien-Margareten, hätten mehr als 90 Prozent der Schüler Deutsch nicht als Umgangssprache. Das seien Probleme, „die wir in Wien lösen müssen“. Österreich und Wien hätten in den letzten Jahren viel geleistet, hätten eine der größten afghanischen Gemeinschaften, die Hälfte davon in Wien.

Hilfe vor Ort bedeute, die Länder rund um Afghanistan, die ja unmittelbar die ersten seien, wo Flüchtlingsströme aufträten, finanziell zu unterstützen und politisch zu motivieren, Menschenrechte einzuhalten und entsprechend Flüchtlinge aufzunehmen, meinte der Finanzminister. Die unterschiedlichen Standpunkte in diesem Punkt innerhalb der Diskussion sieht Blümel nicht als Gefahr für die türkis-grüne Koalition: Es sei ja von Anfang an klar gewesen, „dass ÖVP und Grüne gänzlich unterschiedliche Zugänge zum Thema Integration und Migration haben.“