Rote Ampel vor Schulgebäude
APA/Helmut Fohringer
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Schule

Pilotprojekt zu Brennpunktschulen startet

Mit dem Schulbeginn in einer Woche startet auch das im Regierungsprogramm angekündigte Pilotprojekt zur Unterstützung sogenannter Brennpunktschulen. Österreichweit sind es 100 Schulen, 32 davon in Wien, die im Wintersemester zur Mitarbeit aufgefordert sind.

Kern des Pilotprojekts ist es, dass die Schulen im Wintersemester beobachten, welche zusätzlichen Ressourcen sie brauchen. Das kann etwa mehr Personal sein, aber auch bauliche Veränderungen, zusätzliche Computer, Sozial- oder Elternarbeit oder organisatorische Maßnahmen. Unterstützt werden sie dabei von Wissenschaftern, die das Projekt begleiten, und den Schulqualitätsmanagern, den früheren Schulinspektoren. Am Ende wird gemeldet, was benötigt wird. Ab dem Sommersemster 2022 sollen dann drei Semester lang insgesamt 15 Millionen Euro vom Bund an die Schulen zur Umsetzung fließen.

Forschungsprojekt zu Brennpunktschulen

Mit dem Schulbeginn geht auch das im Regierungsprogramm angekündigte Forschungsprojekt zu Brennpunktschulen in die nächste Phase. Österreichweit sind dafür 100 Volks- und Mittelschulen ausgewählt worden. Es geht um ein Pilotprojekt des Bildungsministeriums zur Unterstützung von Schulen mit erhöhter sozialer Belastung.

Erfolg oder Misserfolg bei gleichen Voraussetzungen

Die Universität Wien begleitet das Pilotprojekt wissenschaftlich. Sie versucht mit dem Forschungsprojekt „100 Schulen – 1.000 Chancen“ die Fragen zu klären, was die Rezepte des Erfolgs sind bzw. was die Faktoren des Misserfolgs bei gleichen strukturellen Voraussetzungen sind. „Wenn wir das wissen, tappen wir nicht im Diffusen, sondern können gezielt investieren“, so Bildungsminister Heinz Fassmann (ÖVP). Es ergibt sich also eine zielgerichtete Unterstützung, die sich an den individuellen Bedürfnissen der Brennpunktschulen orientiert. Angedacht ist, die Projekterkenntnisse künftig auf weitere Schulen anzuwenden.

Für das Pilotprojekt wurden zunächst 200 Schulen anhand Kriterien wie Alltagssprache der Schüler sowie Bildungshintergrund und sozioökonomische Faktoren des Elternhauses ausgewählt. Forscher der Uni Wien um die Bildungspsychologin Barbara Schober wählten dann 100 Volks- bzw. Mittelschulen aus, die bei Bildungsstandardtests entweder über oder unter den Erwartungen abgeschnitten haben. Das heißt, die Schule hatte bei den Tests in Deutsch und Mathe entweder die aufgrund der Rahmenbedingungen zu erwartende Leistung übertroffen, diese unterboten oder eine wechselhafte Leistung gezeigt (Deutsch gut, Mathematik schlecht oder umgekehrt).

Begriff Brennpunktschule „unglücklich“

Bildungsministerium und Uni Wien sind nebenbei über den Begriff Brennpunktschulen nicht glücklich. Die Uni Wien spricht lieber von Schulen, die „aufgrund ihres Einzugsgebiets und ihrer sozialen Zusammensetzung (…) vor besonderen Herausforderungen stehen“. Fassmann spricht von einem „unglücklichen“ Begriff, der einen „selbstverstärkenden und stigmatisierenden Effekt“ habe: „Wer will sein Kind schon in eine Brennpunktschule schicken?“

Für Kritiker zu wenig und zu langsam

Schober verwies auf die Notwendigkeit einer genauen Analyse der jeweils eingesetzten Maßnahmen: „Die gleiche Ressource kann an unterschiedlichen Stellen ganz unterschiedlich genutzt werden.“ Daraus könne man dann lernen, warum etwas funktioniere oder auch nicht und wie man dies auf andere Schulen umlegen könne. Die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann kündigte eine kontinuierliche und eng begleitete Schulentwicklung an. „An diesen 100 Standorten wird man jetzt genau hinschauen.“ So könne man lernen, was besser und was schlechter funktioniere: „Diese Erfahrungen werden wir dann für Hunderte andere Schulen verwenden können.“

Viel zu wenig ist das Projekt für SPÖ, NEOS und die Armutskonferenz. „Wer Chancengerechtigkeit ernst meint, muss dieses Budget mindestens verzwanzigfachen und auf mindestens 500 Schulen ausweiten“, kritisierte SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. Martina Künsberg Sarre (NEOS) sprach von einem „Micky Mouse Projekt“ und einem „Tropfen auf den heißen Stein“. Auch die Armutskonferenz verlangte die Einführung flächendeckend und sofort. 100 teilnehmende Schulen würden bedeuten, dass nur jede elfte Pflichtschule mit großen Herausforderungen berücksichtigt werde.